Ist da jemand? Zweifel an Gott

Unsere normalen Sinne reichen für die Erkenntnis Gottes nicht aus. Dazu braucht es den Glauben. Doch wie gehe ich mit Zweifeln um?

Von Wolfgang Kraska

Kennen Sie Steckwürfel für kleine Kinder? Solch ein Würfel hat verschiedene Ausschnitte wie Kreis, Dreieck und Quadrat. Dazu gibt es entsprechende Figuren, die immer nur genau durch einen der Ausschnitte gesteckt werden können. Die Kinder lernen auf diese Weise die verschiedenen Formen kennen. Was sie auch lernen, ist, dass man nicht alles Beliebige durch die Ausschnitte stecken kann. Der kleine Teddy passt einfach nirgends hindurch.

Gehen wir Menschen mit der Frage nach Gott nicht ähnlich um? Wir haben verschiedene Möglichkeiten, etwas zu erkennen und in uns aufzunehmen. Das sind vor allem unser Verstand, die Sinnesorgane und unsere Emotionen. Diese Zugänge sind wie die Ausschnitte beim Steckwürfel. Was nicht durch eine dieser Schablonen passt, lassen wir nicht in uns hinein. Aber bei Gott will das einfach nicht gelingen. Er ist zu groß, zu andersartig. Er passt nicht hindurch. Dabei wäre es für viele durchaus attraktiv, an Gott glauben zu können. Aber nein, das ist zu schön, um wahr zu sein. Als denkender Mensch kann man sich doch nicht auf etwas einlassen, das man nicht zweifelsfrei beweisen.

Das passende Werkzeug finden

Wenn es darum geht, Zusammenhänge zu erkennen und Klarheit über sie zu gewinnen, können wir auf sehr unterschiedliche Werkzeuge zurückgreifen, mit denen uns unser Schöpfer ausgestattet hat. Die drei wichtigsten sind sicher unser Verstand, unsere Sinnesorgane und unser Gefühl. Jedes Werkzeug ist für bestimmte Sachverhalte und Inhalte geeignet und für andere gleichzeitig unbrauchbar. Für das Erkennen Gottes sind sie aber nur sehr begrenzt tauglich. Um Gott und seine Welt zu erkennen, brauchen wir ein ganz eigenes, besonderes Werkzeug.

Das Geheimnis heißt „Glauben“

Der Zweifel lässt sich nicht einfach verbieten oder wegtherapieren. Die meisten Menschen leiden daran und würden viel lieber kindlich und fröhlich glauben können. Aus Sicht der Bibel ist Zweifel immer eine Last. Er ist eine Not, aus der sich der Mensch nicht durch eigenes Forschen herauswinden und durch Logik herausargumentieren kann. Das Werkzeug, das wir benötigen, heißt „Glauben“. Glauben meint in der Bibel kein blindes Für-wahr-halten, sondern bezeichnet die Verbundenheit mit Gott. Dieser Glaube ist der Weg, die „Methode“, um Klarheit über Gottes Existenz und sein Wesen zu bekommen. Glaube leistet das, was meinen Sinnesorganen, meinem Verstand und den Gefühlen niemals möglich ist. Und je länger und authentischer ich ihn lebe, desto deutlicher wird mir Gott.

WIR EMPFINDEN GLAUBE UND ZWEIFEL HÄUFIG ALS GEGENSÄTZE. DOCH OBWOHL SIE IN GEWISSER HINSICHT FEINDE SIND, SIND SIE SICH DOCH AUCH ERSTAUNLICH ÄHNLICH: BEI BEIDEN GEHT ES UM DIE LETZTEN DINGE; BEIDE TAUCHEN UNGEFRAGT ZU UNERWARTETER STUNDE AUF; BEIDE SIND NOTWENDIG.

JOHN ORTBERG

Ein Geschenk, um das wir bitten können

Der Glaube ist immer ein Geschenk Gottes. Allerdings ein Geschenk, das angenommen werden will und auf das der Mensch reagieren muss. Ja, mehr noch, er ist etwas, um das man bitten kann. So wie der verzweifelte Vater des kranken Jungen, der ausrief: „Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ (Markus 9,24) Auch die Jünger waren selbst nach einer geraumen Zeit, die sie mit Jesus gemeinsam verbracht hatten auf Hilfe von außen angewiesen. Deshalb bitten sie Jesus: „Stärke uns den Glauben!“ (Lukas 17,5)

Den Zweifel nicht hätscheln und kultivieren

Man kann sich darin gefallen, ein Zweifler zu sein. Das wirkt gebildet und anspruchsvoll. Der Zweifel kann auch ein willkommenes Mittel sein, sich Gottes Reden und Anspruch vom Leibe zu halten. So lange die Sache mit Gott noch so zweifelhaft ist, muss ich mich ihm nicht stellen. Richtig ist: Der Glaube ist nie unser fester Besitz, und er ist immer wieder auch dem Zweifel und der Verunsicherung ausgesetzt. Gott ist nicht vom Stoff dieser Welt. Gott ist ganz anders, als alles, was wir kennen und uns vorstellen können. Und doch möchte Jesus, dass wir Gott kennen und ihm wie ein Kind vertrauen. Bei allem Verständnis für seine Fragen sagt Jesus dem zweifelnden Thomas doch: „Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“ (Johannes 20,29)

Sich öffnen für das Geheimnis

Gott ist spannend. Und er ist umstritten. Es gibt tausend Gründe, an seiner Existenz zu zweifeln. Die Frage ist: Wie genau muss alles bewiesen sein, damit ich glauben kann? Wie viel Zweifel kann ich tolerieren, um mich auf Gott einzulassen? Lassen Sie mich noch einmal auf den Steckwürfel zurückkommen. Ein kleines Kind hat mir nämlich etwas Wichtiges beigebracht. Es machte den Würfel einfach auf. Und siehe da, auf einmal passte der Teddy doch hinein. – Sich öffnen, das ist der Weg! Die übernatürliche Wirklichkeit Gottes erschließt sich nur auf übernatürliche Weise. Also nicht, indem wir ein logisches Fazit ziehen. Es kann aber passieren, dass Gott selbst sich uns offenbart, den Schleier lüftet, uns eine Begegnung mit sich schenkt. Wenn wir uns danach sehnen, darauf einlassen und dafür öffnen. Dann ist auf einmal klar, dass Gott da ist. Auch wenn der Verstand längst nicht auf alle Fragen eine Antwort hat.

Wolfgang Kraska ist Pastor im Ruhestand und Buchautor.


Gut zu wissen

Descartes und die Aufklärung
In der Zeit vor der Aufklärung galt der Zweifel an Gott als Sünde. Persönlich wurde er vom Einzelnen als Not und Übel empfunden, die man möglichst bald überwinden wollte. Seit der Aufklärung aber hat der Zweifel eine radikale Aufwertung erfahren. Er zählt seitdem als Tugend, und nicht zu zweifeln ist dementsprechend ein Zeichen von Unbildung und Naivität. Descartes (1596-1650) erhob den Zweifel zur philosophischen Methode. Für viele ist er die Grundvoraussetzung für jeden Fortschritt der Erkenntnis. Aber stimmt das auch im Blick auf Gott und den Glauben?

Zwischen objektivem Wissen und subjektiver Gewissheit
Der Verfasser des Hebräerbriefes schreibt: „Was ist nun also der Glaube? Er ist das Vertrauen darauf, dass das, was wir hoffen, sich erfüllen wird, und die Überzeugung, dass das, was man nicht sieht, existiert.“ (Hebräer 11,1) – Auf der einen Seite gibt es kein objektives Wissen, das sich beweisen ließe. Der Glaube bleibt etwas, das man nicht sieht. Auf der anderen Seite gibt es dennoch eine subjektive Gewissheit, die den Glauben so ernst nimmt, dass der Mensch das eigene Leben darauf baut und daran ausrichtet.

Das Wirken des Heiligen Geistes
Gott selbst gibt uns die Gewissheit seiner Existenz und seiner Liebe. Er tut das auf geheimnisvolle und doch sehr wirksame Weise, durch den Heiligen Geist. Paulus schreibt dazu: „Der Geist Gottes selbst bestätigt uns tief im Herzen, dass wir Gottes Kinder sind.“ (Römer 8,16)

Wolfgang Kraska ist Pastor im Ruhestand.


Dieser Artikel ist Teil unserer Serie „Basics des Glaubens“. Alle Artikel zu diesem Thema findest du auf dieser Webseite.

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