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Kein Gegensatz: Glaube und Nachhaltigkeit

Was Christinnen und Christen über Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit denken, zeigt die Ge-Na Studie. Das Ergebnis: Konservatives Bibelverständnis und soziale Gerechtigkeit sind vereinbar.

Wie sehr spiegeln sich Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit in der Spiritualität von Christen und Christinnen wider? Motiviert oder hindert der Glaube einen nachhaltigen Lebensstil? Besteht eine Konkurrenz in der Frage von Gerechtigkeit und Evangelisation? Zu diesen und weiteren Fragen hat ein Forschungsteam der CVJM-Hochschule über 2.500 Christinnen und Christen in Deutschland und der Schweiz über ein Online-Formular befragt.

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Hohes Wissen

„Grüner als gedacht“ könnte man die Ergebnisse der Studie zusammenfassen. 92 Prozent der Befragten aus Deutschland geben beispielsweise an, dass sie ihr christlicher Glaube dazu ermutigt, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Und fast genauso viele, nämlich 90 Prozent, stimmen zu, dass die Natur schützenswert ist, weil sie von Gott geschaffen ist. Diese hohen Zahlen zeigen, dass die Themen für nahezu alle Befragten eine wichtige Rolle spielen und im Zentrum der christlichen Lebenswelt angekommen sind. Das gängige Vorurteil, nach dem ein konservatives Bibelverständnis Gläubige weniger zu sozialer Gerechtigkeit ermutigt, wurde durch die Studie widerlegt.

Erstaunlich hoch ist das Wissen über die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. 28 Prozent der teilnehmenden Christinnen und Christen gaben an, sie hätten von ihnen gehört, könnten sie aber nicht erklären. Sogar 30 Prozent meinten, sie auch anderen erklären zu können. Im Gegensatz dazu sagten bei einer repräsentativen Studie aus der Schweiz (Swiss Panel Global Cooperation 2022) nur 14 Prozent der Schweizer Querschnittsbevölkerung, die Nachhaltigkeitsziele erklären zu können.

Dabei hat die Studie nicht nur diejenigen erreicht, die sich sowieso typischerweise mit sozial-ökologischen Themen beschäftigten. Wertet man die Ge-Na Studie anhand der Sinus-Milieus aus, die Menschen nach ihren Lebensstilen, Einstellungen und Werten in zehn verschiedene Gruppen unterteilt, stellt man fest, dass vor allem die klassisch traditionell-konservativen Milieus befragt wurden. Die ganze kirchliche Breite wurde angesprochen – weniger aber die Milieus, die stark mit ökologischen Themen in Verbindung stehen. Umso ermutigender ist deshalb, dass hier die Themen an Wichtigkeit und Wissen gewonnen haben.

Unterschiede

Bei einer grundsätzlich großen Einigkeit lassen sich unter den Befragten auch Unterschiede erkennen. Auffallend sind etwa die Antworten auf die Frage, was wichtiger sei: Anderen von Jesus zu erzählen oder sozial-gerecht und nachhaltig zu leben?

Wenn sie sich entscheiden mussten, zog knapp die Hälfte der Befragten evangelistisch-verkündende Elemente der sozial-diakonischen Tat vor (insbesondere Befragte aus Freikirchen und hochreligiöse Christinnen und Christen). Allerdings: Nächstenliebe, der Einsatz gegen Ungerechtigkeiten und die Bewahrung der Schöpfung wurde insgesamt als wichtiger bewertet als die Verkündigung des Evangeliums und Nachfolge. Das heißt: Die Befragten sind sich nicht uneins darüber, wie zentral soziale Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung für den christlichen Glauben sind, sondern sie sind uneins darüber, welche Rolle Evangelisation und Nachfolge spielen sollten.

Interessant sind dazu auch die unterschiedlichen Zahlen von Mitgliedern von Freikirchen und aus der evangelischen Kirche: 32,5 Prozent der evangelischen Kirchenmitglieder stimmen dieser sozial-diakonischen Priorisierung zu. Freikirchliche Befragte tun dies sogar zu 55,2 Prozent (beide Zahlen aus der Schweiz).

Eine weitere Differenz zeigt sich in der Vorstellung davon, welchen Plan Gott am Ende der Zeiten für die irdische Welt hat: Christinnen und Christen, die daran glauben, dass Gott eine neue Welt schaffen wird, verhalten sich weniger ökologisch nachhaltig als Befragte mit anderen Überzeugungen. Auch in der Frage nach Sünde und Schuld waren die Antworten heterogen: Knapp die Hälfte der Befragten (45,4 Prozent) hält nicht nachhaltiges Verhalten für Sünde.

Blick in die Gemeinden

Die Studie hat nicht nur die persönlichen Einstellungen von Christinnen und Christen in den Blick genommen, sondern auch danach gefragt, wie soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit in christlichen Gemeinden verstanden und gelebt werden. Die Antworten zeigen: Auch in den Gemeinden haben diese Themen ihren Platz gefunden. Sie kommen vor allem in Predigten, Gottesdiensten und persönlichen Gesprächen vor. Eine kleinere Rolle spielen sie in Kleingruppenangeboten, der Kinder- und Jugendarbeit oder zum Beispiel im Lobpreis. Gerade in den interaktiveren Formaten sowie in spirituellen und geistlichen Angeboten kann noch mehr passieren. Einer anderen Studie zufolge ist gerade Lobpreis für junge Menschen im Glaubensleben äußerst zentral. Um Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit zu stärken, bietet es sich daher an, vor allem hier einen stärkeren Fokus auf sozial-ökologische Themen zu legen. Außerdem zeigt sich in der Gemeindeanalyse: Das Thema Nachhaltigkeit spielt überall eine kleinere Rolle als soziale Gerechtigkeit. 16 Prozent geben sogar an, dass Nachhaltigkeit in ihrer Gemeinde gar nicht vorkomme.


Insgesamt zeigen die Studienergebnisse vor allem, dass Christinnen und Christen, die ihren Glauben, ihre Spiritualität mit den Themen Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit verknüpfen, sich auch nachhaltiger verhalten und sich gesellschaftlich stärker für diese Themen einsetzen. Christinnen und Christen eine theologische Fundierung und eine geistliche Tiefe durch eine gelebte Schöpfungsspiritualität zu ermöglichen, ist eine große Chance, um sie langfristig für den sozial-ökologischen Wandel zu begeistern und zu befähigen.

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Tobias Faix ist Leiter der Ge-Na Studie und des Forschungsinstituts empirica sowie Rektor der CVJM-Hochschule. Anna-Lena Moselewski ist Co-Leiterin der Ge-Na Studie und wissenschaftliche Mitarbeiterin.


Dieser Artikel ist in der Zeitschrift andersLEBEN erschienen. andersLEBEN erscheint im SCM Bundes-Verlag, zu dem auch Jesus.de gehört.


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9 Kommentare

  1. „der Einsatz gegen Ungerechtigkeiten und die Bewahrung der Schöpfung wurde insgesamt als wichtiger bewertet als die Verkündigung des Evangeliums und Nachfolge.“ Wer das so sieht, hat sich vom Evangelium verabschiedet. Jesus hat von der Wichtigkeit der Nachfolge gesprochen, wer das nicht wichtig findet, lehnt auch Jesus ab.

    „Christinnen und Christen eine theologische Fundierung und eine geistliche Tiefe durch eine gelebte Schöpfungsspiritualität zu ermöglichen, …“
    In der Bibel gibt es keine Schöpfungsspiritualität und Jesus hat diese Thema nicht erwähnt.
    Was soll das für eine geistliche Tiefe sein?? Der Heilige Geist kann hier nicht gemeint sein, sondern nur der Zeitgeist, den zuallererst Menschen bejubeln und sich hingegeben, die unseren Gott strikt ablehnen und meinen hier auf der Erde ein Paradies erschaffen zu können, allerdings ohne Gott. Mit diesen Menschen und dieser Politik möchte ich nichts zu tun haben.

    • @AndreasJ
      Ich verstehe deine Reaktion, aber sie ist nicht zielfuehrend. Wir wollen doch Reich Gottes fuer alle Menschen bauen, auch fuer die aengstlichen, verwirrten, irrgeleiteten, ungefestigten, noch-nicht-nachfolgenden, wir alle brauchen Erloesung durch die lebendige Beziehung mit Jesus Christus.

      Gott hat uns verschieden geschaffen, wir sind verschieden aufgewachsen, gebildet, sozialisiert worden.

      Stell dir einfach vor: Es liegt nicht nur am „nicht wollen“ (Evangelium ablehnend) sondern auch am „nicht koennen“ (zB cognitiv, selbst festgelegt, noch-nicht-vom-Heiligen-Geist beruehrt, etc).
      Menschen, die keinen Zugang zu entsprechender Bildung haben (Physik, Mathematik, Wirtschaft, etc), koennen nicht verstehen, welche Umweltschutzmassnahmen etwas bringen (CCS, Kernkraft, CO2-Abgabe, Baeume-Pflanzen, etc) und welche nicht (Klein-Klein mit Plastikvermeidung, Auto/Flug-Verzicht, etc).

      Sie machen dann etwas, was wir alle mehr oder weniger machen (weil man sich unmoeglich ueberall sehr gut auskennen kann): anderen glauben, die man fuer „kompetent“ haelt (die Idole/Peers). Nur kann man ohne ein gewisses Mass an Kompetenz nicht wahre Kompetenz von Inkompetenz unterscheiden 🤷‍♂️. Das fuehrte zu dem Schlamassel in dem wir in D mit unserer falschen Energiewende gelandet sind.

      Die Umfrage von Faix et al. geht von vielen falschen Narrativen aus (kaum naturwissenschaftl./oekonom. Kompetenz), Definitionen zu Umfrage-Beginn fehlen, was soll da also schon rauskommen?
      Auch wird nicht unterschieden zwischen Bekenntnis zu einer lebendigen Beziehung zu Jesus Christus (=Juenger/Nachfolger?). Es wird nur vage von „Hochreligioesen“ und anderen „Religioesen“ unterschieden, abgeleitet aus weichen Faktoren (Kirchenbesuch, etc).

      Es ist also wie bei allen (schwierigen, wenig spezifischen, unkonkreten, allgemeinen) Umfragen: Was rein geht, kommt auch wieder raus (Sh* in, Sh* out).

      LG Joerg v NRW

  2. Die Bibel auszulegen ist seit Luther richtig

    „Was Christinnen und Christen über Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit denken, zeigt die Ge-Na Studie. Das Ergebnis: ein konservatives Bibelverständnis und soziale Gerechtigkeit sind vereinbar“! (Zitat Ende)

    Jenseits bei jenen in diesem Artikel formulierten Zahlenspielen, würde ich dem Inhalt nur an einem Punkt widersprechen: Mit der Formulierung des „konservativen Bibelverständnisses“ (als Narrativ) darf nicht suggerieren es gebe ein modernes Bibelverständnis, das irgendwie – vielleicht haarscharf – in Gänze grundsätzlich neben der Wahrheit der Bibel liegt. Solche Denkvorlagen/Glaubensschubladen lehne ich für mich ab: Ich bin einfach nur ein Christ, mir geht es um die ganze Bibel, das gesamte Evangelium und damit auch um alle Aspekte unserer Heiligen Schrift. Ist es konservativ (??!!) die Bibel, wie seit Martin Luther immer mehr in den Focus gerückt, nur am Neuen Testament und damit an der Person Jesu zu interpretieren? Ich glaube das keinesfalls. Heute ist dies, auch durch fast jede katholische Brille besehen, durchaus auch selbstverständlich. Jesus Christus eröffnet Christen auch eine völlig neue Perspekte auf Gott. Dies schließt nicht aus, dass unsere jüdischen Mitmenschen einem eigenen Heilsweg folgen. Denn die Verheißungen Gottes werden nie zurückgenommen. Wir teilen mit unseren jüdische Geschwistern das Alte Testament mit ganz viel Evangelium. Auch die schöne Verheißung und Hoffnungsbotschaft, dass die Schwerter zu Pflugscharen und Krieg geächtet wird.

    Dass „Gotteswort auch immer Gotteswort durch Menschenwort“ ist, wurde auch überzeugend einst als theologische Bekenntnis von Menschen unterschrieben, die sich als evangelikal verstehen. Dies bedeutet ja nur, dass die Bibel in jenen Teilen, in denen sie unmittelbar Gottesbegegnung und Glaubenserfahrungen aus Jahrtausenden reflektiert, und zwar von wirklichen Menschen, die vor uns lebten, es weitererzählt, später also dann verschriftlichten, in Büchern eingeordnet, die nach ihrer Maßgabe d in die Heilige Schrift aufgenommen – oder auch nicht übernommen haben. Die Bibel enthält, so wie in Prinzip alle Predigten, leider auch menschliche Meinungen, ein antikes Weltbild, Vorurteile, Widersprüche, oder auch im Neuen Testament Verleumdungen des Judentums. Wir dürfen nicht nur, wir müssen die Bibel auslegen. Allerdings positiv. Es geht um die Botschaft Jesu Christi, sowie aber auch um die Berichte von Begegnungen vorallem der Israeliten mit einem Gott, deren Gedanken und Pläne viel höher sind also unser Denken und unsere Logik: Gott funktioniert nie

    Insofern gebe ich dem Artikel recht: Mein damaliger CVJM, in den 1970er Jahren, noch stärker pfadfinderisch geprägt, konnte man als theologisch konservativ empfinden und zutreffenderweise entgegengesetzt waren ihre aktiven Mitglieder oft eher links von der politischen Mitte angesiedelt. So darf man einordnen, dass wir sehr für Gerechtigkeit, auch für Wehrdienstverweigerung, gegen Vorurteile eintraten und auch eine große Nähe zu der Botschaft der Bergpredigt hatten. Wir waren noch romantisch veranlagt, am Silvesterabend mit Fackeln auf einen Berg zu ziehen, um dort mit Gebet und Gesang das Neue Jahr zu begrüßen. Aber gerne gefeiert haben wir auch. Und Braunhemden gab es so gut wie gar keine. Wenn wir damals eher konservativ waren, dann eher mit einer Haltung eines aufgeklärten Pietisten, der mit seinen Gefühlen und seiner Verehrung einem liebevollen Gottes innerlich auch in seinen Gefühlen begegnen wollte, den man nicht unbedingt in jeden Satz und jedes Satzzeichen einsperren kann. Gott ist absolute Wahrheit in seiner Person. Aber wir alle sehen heute alles noch wie in einem dunklen Spiegel, aber dereinst in der Ewigkeit in der Begegnung mit dem Schöpfer aller Dinge in seiner vollkommenen Klarheit und Wahrheit.

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