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Nicht genug geglaubt? – Wenn Gebet nicht „funktioniert“

„Wenn ich nur richtig glaube und bete, werde ich empfangen, worum ich bitte.“ Klar, oder? Doch dann bleibt ein Kinderwunsch unerfüllt und junge Menschen sterben. Wo ist Gott?

Von Anna Koppri

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Ich war jung und gehörte einer leicht durchgeknallten, von Jesus begeisterten Bewegung an. Eine Woche lang haben wir „Jesus Freaks“ Anfang des Jahrtausends in Berlin von unserem Gott erzählt. Wir haben Menschen die Füße gewaschen, Sprechchöre in der U-Bahn und Flashmobs mit Sensenmann auf dem Alexanderplatz veranstaltet. Gemeinsam waren wir stark und überzeugt davon, dass uns mit Gott alles möglich ist. Schließlich kam der Abend, an dem wir durch die Stadt laufen und Kranke fragen wollten, ob wir für Heilung beten dürften.

Als kleine Übung im Vorfeld haben wir für eine junge Frau in unseren Reihen gebetet, die schlimme Rückenschmerzen hatte. Wir haben uns im Kreis um sie gestellt, ihr die Hände aufgelegt und alle gleichzeitig gebetet. Ganz im Vertrauen, dass Gott sie heilen wird. Danach sollte sie eine Bewegung machen, die ihr normalerweise große Schmerzen bereitet. Alle Augen waren erwartungsvoll auf sie gerichtet. Als sie die Bewegung machte, schrie sie schmerzerfüllt auf. Wie begossene Pudel zogen wir uns daraufhin in unsere Räume zurück, sangen Lieder und übten uns in Demut.

Es war für uns damals schwer zu verstehen, weshalb wir diesen Dämpfer bekommen hatten, weil wir doch nur Gutes tun wollten und voll Glauben waren. Was war denn nun mit den Verheißungen der Bibel: „Wer glaubt, der versetzt Berge …“ oder „Alles, worum ihr in meinem Namen bittet, werdet ihr empfangen“? An anderen Tagen hatten wir solche Heilungswunder im Kleinen schon erlebt. Kopfschmerzen, die nach dem Gebet verschwunden waren oder Waschmaschinen, die auf einmal wieder funktionierten.

Nicht genug geglaubt?

Im Kindergottesdienst und auch sonst wurde mir in meiner Kindheit und Jugend immer wieder erzählt, ich müsse nur richtig glauben, damit Gott meine Gebete erhört. Jedes Mal, wenn mein Gebet nicht „funktionierte“, fühlte ich mich deshalb schlecht. Der einzig plausible Grund war schließlich, dass ich (noch) nicht genug oder richtig glaubte. Selbst wenn ich Regelbeschwerden hatte und eine Tablette dagegen schluckte, statt auf Heilung zu vertrauen, fühlte ich mich irgendwie schlecht.

Ich las Bücher von Glaubensheldinnen und -helden, die Kranke heilten, nach einem Gebet auf einmal Geld in ihrem Kleiderschrank fanden oder tausende Menschen für Jesus gewannen. Warum konnte ich nicht auch so eine Glaubensheldin sein? Was machte ich falsch?

Später, während der Jahre meines unerfüllten Kinderwunsches, warf ich schließlich die Flinte ins Korn. Ich hörte auf, daran zu glauben, dass Gebet „funktioniert“ – zumindest bei mir. Freunden, die schon lange für eine Schwangerschaft beteten, sagte ich, sie könnten damit aufhören.

Mehrere junge Christinnen aus meinem Umfeld starben an schlimmen Krankheiten, obwohl sie selbst und ihr Umfeld den Himmel bestürmten. Wieder hatten die Gebete hunderter Gläubiger nicht „funktioniert“. Dabei hätte doch, laut Bibel, nur ein einziger senfkorngroßer Glaube gereicht, um sie zu heilen.

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An Schwerem wachsen

In den letzten Jahren hat sich meine Haltung zu Gebet verändert. Ich vertraue darauf, dass Beten eine Auswirkung hat. In mir und auch in einer Welt, die für mich nicht greifbar oder sichtbar ist. Gebet erdet mich, macht mir meine Visionen bewusst und schürt mein Mitgefühl. Wenn ich mit anderen gemeinsam bete, verbinden wir unsere Herzen miteinander. Ich glaube nicht mehr, dass jedes meiner Anliegen genauso erfüllt werden sollte, wie ich es mir vorstelle, wenn ich nur die richtige Haltung einnehme.

Im Gebet kann ich meine Ohnmacht ein Stück weit abgeben, und ich fühle mich in etwas Größeres eingebettet, das ich niemals ganz verstehen werde. Das sehr viel weiser und weitsichtiger ist als ich. Dadurch sehe ich nicht selten meine Anliegen in einem anderen Licht und werde mir bewusst, dass ich kein Anrecht auf ein glückerfülltes Leben ohne Rückschläge, Schmerz und Krankheit habe.

Immer wieder erlebe ich, dass ich auf wundersame Weise geführt werde, wenn ich Gott meine Anliegen bringe. Genau zur richtigen Zeit treffe ich auf Menschen oder Dinge, die mich berühren, inspirieren oder mir helfen. Oft habe ich mich zuerst krampfhaft allein abgerackert, um irgendetwas zu erreichen, und mich im Kreis gedreht.

Wenn ich endlich auf die Idee kam, loszulassen und Gott mit einzubeziehen, kamen die Dinge (zum Beispiel mein neuer Job) zu mir. Wenn Schlimmes geschieht, mache ich weniger Gott oder gar einen Teufel dafür verantwortlich als vielmehr uns Menschen selbst.

Mein ganzes Leben, jeder Atemzug ist ein Gebet.

Tief in mir spüre ich einen Kern (vielleicht senfkorngroß), der darauf vertraut, dass Gott mich hält, mich leitet und begleitet und dass ich an Schwerem wachsen darf. Ich glaube, dass Tod und Leid ein Teil des Lebens sind und ich in Verbindung mit Gott eine gewisse Akzeptanz dessen lernen kann. Gott ist mir ganz nah, er ist in mir, ein Teil von mir. Ich muss gar keine bestimmte Haltung einnehmen, um zu beten. Mein ganzes Leben, jeder Atemzug ist ein Gebet.

Anna Koppri ist Mitarbeiterin der Berliner Stadtmission und Autorin. Zuletzt erschien ihr Buch: „Marlene wohnt im Himmel“.


Dieser Artikel ist in der Zeitschrift Family NEXT erschienen. Family NEXT ist Teil des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört.

6 Kommentare

  1. „Ich denke, weil ER wirklich besser weiß, was gut für uns ist“ Da waren die Millionen in den KZ sicher anderer Meingug. Aber wenn der Liebe Gott Völkermorde für richtig hält, wer bin ich da ihm zu widersprechen. Wir kann man sich nur erdreisten zu Beten und meinen man wüsste es besser als der göttliche Plan?

  2. oh ja, da stößt man in Regionen vor die schmerzhaft werden können. Gerade in der charismatischen Ecke wachsen doch die Erwartungen in den Himmel und manch einer wird bitter enttäuscht! „Enttäuscht“ könnte man auch als Ende der Täuschung übersetzen.
    Aber das Spannungsfeld zwischen, im Glauben alles von Gott erwarten und demütig die Grenzen akzeptieren bleibt uns erhalten.
    Ähnlich wie die Frage nach dem Leid werden wir die erschöpfende Antwort erst bei der Begegnung mit unserem Schöpfer bekommen.
    Was machen wir bis dahin? Beten, so als ob es keinen Plan gibt und planen als ob es kein Gebet gibt, Apfelbäume pflanzen(frei nach Luther)
    und an Jesus festbeißen, so kommen wir durch den „Winter“ !
    Ja und dann noch so manche Hauruck-Theologie hinterfragen man könnte auch sagen, glauben wir nicht alles was uns die Leute erzählen.

  3. Der Text schildert die Erfahrungen, die man – ohne Beschönigungen – als Christ macht. Auch ich hatte solche Erwartungen, die schließlich (s. https://www.academia.edu/88153640/Gottes_verpasste_Chancen_ ) nicht nur bei diesem Beispiel enttäuscht wurden. So einfach, wie es uns Schriftgelehrte und Pharisäer sagen, ist es nämlich nicht. Und doch dürfte es eine Wahrheit sein, dass wir das empfangen, worum wir bitten. Aber in neutestamentlicher Zeit geht es ja um das Heil nicht mehr um Kinderwünsche – denn das sind ja erst einmal Wünsche, doch sehr persönliche, um nicht zu sagen, egoistische Wünsche sind. Es geht auch nicht um vordergründige Heilungen einer Krankheit, wenn doch in Wahrheit unsere Seele krank ist. Das zeigt ja auch mein obiges Beispiel.
    Glaube = Vertrauen. Das ist nicht plötzlich da, auch nicht wenn wir denken Gott kann alles und tut es JETZT. Bei Gottvertrauen ist es wie mit dem Selbstvertrauen. Wenn ich mir selbst vertraue, weil ich mich in gewisser Hinsicht kenne, springe ich vom 10m – Turm. Das ist da nicht eine Sache des Kopfes, sondern kommt aus der „Tiefe“. Habe ich dieses Vertrauen nicht, werde ich auch nicht springen. Aber in in den Fällen, die auch die Autorin nannte, meint man Wirkungen erzielen zu können, obwohl der tiefere Glaube doch fehlt. Es ist nur Kopfsache.

  4. Das ganze Leben als Gebet

    „Mein ganzes Leben, jeder Atemzug ist ein Gebet“! Diese Aussage des Autors halte ich für sehr zentral, auch wenn dies – um alle Missverständnisse auszuschließen – immer eine Perfektion im Glauben ausschließt. Um es in ganz einfacher Sprache auszudrücken: Gott hat mir viele Wünsche erfüllt, aber viele andere Wünsche auch nicht. Allerdings gibt es, wie es auch unsere Christen schon in der Urgemeinde erlebten, von Gott nie einen Stein statt ein Stück Brot. Bekannt ist aus persönlichen Erfahrungen von vielen Gläubigen, und wird es auch die Bibel berichtet: Es kann Zeiten geben, in denen Gott einfach schweigt. Oder wie das Buch Hiob in seiner lehrreichen Literatur uns damit konfrontiert, dass über einem Menschen großes und fortlaufendes Unglück herein bricht. Es muss nicht so schlimm sein wie bei Hiob: Aber es gibt Personen und Familien mit mehreren Todesfällen in zeitlich großer Nähe. Dann entsteht das Gefühl, dass Gott uns vergisst, oder es ihn gar nicht gibt. Andere sind wahre Glückskinder, vor denen sich Katastrophen oder auch nur kleineres Ungemacht, wie unter einem Schutzschirm, nicht zeigt. All dies ist nicht erklärbar, schon gar nicht systematisch. Eher erinnert uns dies daran, dass Gott nicht funktioniert, schon gar nicht wie wir dies manchmal wollen. Gott sollte uns auch nicht zur Festigung unserer eigenen Vorurteile dienen, dann wäre der Schöpfer aller Dinge eher eine gedankliche Projektion. Wir leben nicht mehr in der Nähe Gottes, im Paradies, aber im Neuen Himmel und der Neuen Erde wird es kein Leid mehr geben. Und warum durften wir nicht einfach dort im Paradies bleiben ? Niemand weis dies ganz präzise. Aber eines ist sicher: Gott selbst wurde Mensch, er kam in unsere tiefsten Tiefen, in das wirkliche Elend, welches manche Menschen sogar mit ihrem Leben bezahlen. Als kleines Kind und als Liebesangebot des Himmels, sowie als der Menschensohn der für uns gestorben ist, hat er uns aber nicht in die tiefsten Geheimnisse des Universums und des Himmels wirklich eingeweiht. Allerdings kann uns keine Macht aus der Gotteskindschaft entfernen. Niemand kann tiefer fallen als in Gottes geöffnete Hände. Was wir wissen ist (auch durch unser Gewissen) die Erkenntnis von Gut und Böse, und dass Gott Liebe ist. Unglücke die uns treffen sind nicht Gottes Strafe. Auch Gott wirft nicht Feuer vom Himmel und schickt anschließend Jesus als Feuerwehrmann. Dies zu glauben wäre mir völlig unmöglich. Man wird als Christ fast immer an den Sündenfall glauben. Aber da der Schöpfer aller Dinge auch ein fast unendliches Universum schuf, betrifft der Sündenfall ebenso das ganze riesige Weltall. Die Erlösung allerdings wird alles Geschaffene neu machen. Dies kann man nur als Überschrift glauben. Die wirklichen Realitäten erfahren wir erst im Himmel.

  5. ich finde Gebet hat verschiedene Facetten.
    Ich habe Gebete erlebt , in denen ich für Andere gebetet habe, die Gott recht schnell erhört hat, auf seine Art und Weise.
    Dann habe ich erlebt, dass Gott immer zur rechten Zeit versorgt.
    Nicht immer dann , wenn ich meinte ich brauche das jetzt….sondern Gott wusste und weiß genau, wann und wie und wofür ich etwas brauche und bräuchte.
    Er kommt nie zu spät!
    Und erhört das für mich und uns hier, was gut für uns ist
    Es sind auch konkrete Gebete, die Gott braucht….ganz konkret.
    Ich kannte eine Schwester, die hat ihren Ehemann erbeten.
    Und auch bekommen….genau so, wie sie erbeten hat….allerdings vergaß sie den Charakter zu erwähnen im Gebet….
    das war nicht so gut, denn dieser Mann hat sie mehrfach betrogen.
    Heute sind sie geschieden und Gott hat ihr den Schmerz genommen und sie kann wieder leben!
    Also auch Achtung, worum du betest, vor Allem was…es könnte sich erfüllen😉
    Er bewahrt uns auch in unseren Gebeten….ich habe auch erfahren ,dass Gott weiß was kommt….
    und so erfüllte er 2 Gebete und wir hatten die freie Entscheidung.
    Meine Tochter darf jetzt aufs berufliche Gymnasium gehen…DANKE JESUS🙏
    Manches mal muss ich auch etwas lernen….wenn ich auf eine Gebetserhörung warte….Geduld, Vergebung, Hoffnung…..
    das Gebet trägt mich durch schwerste Zeiten hindurch.
    Ich weiß, Gott hört mich….aber wie gesagt…ich muss auch lernen….
    Gott kann man nicht manipulieren….hab ich auch schon erlebt….und gesehen, wenn Menschen beten….
    Ich bin fest davon überzeugt, Gott sieht uns, hört uns…und prüft uns.
    Auch unsere Gebete!
    Ich habe auch erlebt, dass er Gebet erhört -das- in meinen Gedanken war-….und noch nicht ausgesprochen….zum Beispiel, dass ein Freund Geld für Essen geschenkt hat…und ich mir Sorgen gemacht habe….wie wir den Monat rumkommen.
    Noch bevor ich beten konnte, war das Geld schon geschenkt!
    Gott ist gut…so so gut!!!
    Aber nicht immer erhört er Gebet!
    Ich denke, weil ER wirklich besser weiß, was gut für uns ist…oder was dran ist….
    Ein Kind ist eine große Verantwortung!
    Und es braucht den richtigen Mann dazu….eine Familie die unterstützt.
    Freunde, Gesundheit….und ein gutes Umfeld….
    nicht immer passt ein Kind in ein Leben einer Frau….vielleicht soll es ja auch ein Pflegekind sein….oder…oder?
    Das weiß doch nur Gott, was ER geplant hat!!!
    Ich musste GottVertrauen lernen….auch noch…immer noch….aber ich bete weiter!
    Beten, warten, hoffen, beten🙏
    In Liebe Meike

  6. Gott kann man nicht zwingen, es ist immer ein Geschenk wenn ein Gebet in Erfüllung geht.
    Und oft ist es besser wenn nicht geschieht was man möchte. Ging mir erst vor kurzem so, als Gott mir einen Wunsch nur teilweise erfüllte und mir damit einen größeren Gefallen getan hat. Es ist etwas eingetreten was ich nicht erwartet habe, etwas viel besseres.
    Gottes Wege sind eben unergründlich und ich bin froh das er verantwortungsvoll meine Gebete erhört und mir beisteht.

    Nein, durch verhalten erzwingt man nichts bei Gott. durch gut-gläubiges Verhalten erreicht man das man besser Leben kann und der Lebensweg besser ist. Aber nicht das Gott das macht was man will.

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