Wie glaubt ...?

Andreas Malessa: „Ähnlichkeiten mit evangelikalen Ultras wären rein zufällig“

Der Theologe und Journalist Andreas Malessa liest gerne im Buch Jona. Dabei entdeckt er Parallelen zu heute.

1. Was ist Ihr Lieblingsbuch aus der Bibel? Warum?

Andreas Malessa: Im Alten Testament das Buch Jona. Ein frommer Mensch hört Gottes Beauftragung, kann aber nicht glauben, wie umkehrwillig, wie veränderungsbereit die „Heiden“ sind. Als Gott barmherzig mit ihnen ist, ärgert sich der Fromme über Gottes Gnade und wünscht sich den strafenden Rächergott. Ähnlichkeiten mit evangelikalen Ultras des 21. Jahrhunderts wären rein zufällig … (lacht)

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Im Neuen Testament der Doppelroman des Lukas: Evangelium und Apostelgeschichte. Jesus ist die stellvertretende Erfüllung aller Moralgesetze, lehrt und lebt die konkrete Utopie einer gerechten Welt. Und wie orientalische Juden und griechische Europäer das dann weiterentwickelt und verbreitet haben – super interessant!

2. Wenn Jesus bei Ihnen zum Essen vorbeikäme, was würden Sie kochen?

Malessa: Fisch natürlich. Lachs, Dorade, Wolfsbarsch. Aber nicht „kochen“, sondern grillen oder backen. Mach‘ ich ja auch, wenn Jesus in Gestalt heutiger, „irdischer“ Gäste vorbeikommt.

Und worüber würden Sie sich mit ihm unterhalten?

Malessa: Erst über alles, worüber er aus dem Jenseits schallend lachen muss und den Kopf schüttelt. Dann über das Leid. Unser tatsächlich „himmelschreiendes“ Elend auf der Welt.

3. Was ist Ihr Zugang zu Gott?

Malessa: Jesus.

4. Welches Glaubensthema beschäftigt Sie in letzter Zeit? Warum?

Malessa: Mich beschäftigt, warum so viele Christinnen und Christen so wenig in der Bibel lesen. Warum sie sich keine intellektuell ehrliche Rechenschaft darüber geben, was sie glauben und was nicht; welche Ge- und Verbote sie verbindlich befolgen und welche nicht, welche Texte sie als Gottes Wort authentisch ernst nehmen und von welchen sie nur Community-Bubble-konform beteuern, man müsse sie ernst nehmen.

5. Wofür leben Sie?

Malessa: Huch Schreck. Sinn, Zweck, Ziel, Hoffnung, Motivation fürs Leben – alles mal kurz definieren, in „zwei, drei Sätzen“??? Haha. Geht nicht. Dann lieber: „Für gesunden Schlaf, etwas Bargeld und die Liebe meiner Familie“.

Andreas Malessa ist Hörfunkjournalist bei ARD-Sendern sowie Buchautor von Sachbüchern, Biografien und satirischen Kurzgeschichten. Seine Talkformate und Dokumentarfilme machten ihn als kompetenten und humorvollen Gesprächspartner bekannt. Er schrieb die Musicals „Amazing Grace“ und „Martin Luther King“. Der evangelische Theologe ist ein viel gefragter Fachreferent für kulturelle, sozialethische und kirchliche Themen. Er ist seit über 40 Jahren verheiratet, hat zwei erwachsene Töchter und lebt in der Nähe von Stuttgart. In seinem Buch „Am Anfang war die Floskel“ nimmt er den „Kirchensprech“ wortgewandt auseinander.


Dieses Interview ist Teil unserer Serie „Wie glaubt … ? 5 Fragen, 5 Antworten“. Wir haben bekannten Christinnen und Christen Fragen zum Glauben gestellt.

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2 Kommentare

  1. Ja, sehr lustig, gleich im ersten Absatz Ultra-Evangelikalinnen und -Evangelikale (wer auch immer das ist, die irrgläubigen schwarzen Schafinnen und Schafe halt) mit Jonas
    zu vergleichen. Ich überlege jetzt schon seit gefühlt zehn Minuten, welche gut evangelikalischen Evangelikalenden ich kenne, die anderen Menschen den Tod oder das Gericht Gottes wünschen, auch nachdem sie von grausigen Taten umgekehrt sind, wegen derer Gott (auch einer von den Ultras?) sie zu vernichten drohte, wenn sie nicht umkehren.

    Jetzt frage ich mich nur, ob das heute auch noch vorkommt, dass mit den schlimmen Sünden, den von Gott beauftragten Warnern, und der daraus folgenden Umkehr. Also, mal ganz ohne Evangelikale gedacht.

  2. Malessa`s Gott ist barmherzig

    Andreas Malessa hat wichtiges in kurzen Sätzen geschrieben. Etwa: „Als Gott barmherzig mit ihnen ist, ärgert sich der Fromme über Gottes Gnade und wünscht sich den strafenden Rächergott“! Gemeint ist die Geschichte des Jona. Gerne hätte er Gott in dieser Rolle, der uns vergilt nach allen unseren Taten. Aber offensichtlich ist der Schöpfer aller Dinge ein sehr großer Gott. Immerhin erschuf er ein unendliches Universum. So wie er eben nicht auf einem Thron der Unendlichkeit sitzt und uns willenlos als Marionetten lenkt. Im Gegenteil: Er wird ein Mensch, als Menschensohn, und er zeigt uns das freundliche und barmherzige Gesicht unseres Gottes. Wenn wir denjenigen Schöpfer aller Dinge betrachten, der sich uns in der Person Jesu zeigt, dann ist er die Liebe in Person. Dies passt zu der Geschichte vom Barmherzigen Samariter, wobei der Samariter doch in den Augen der Frommen damals ein Ungläubiger war. Doch offensichtlich zählt auch dessen Liebe und Fürsorge für den unter die Räuber gefallenen. Oder das bekannte Gleichnis vom Verlorenen Sohn. Über diesen Sohn gibt es kein Gericht, sondern er wird von seinem Vater mit offenen Armen und sehr liebevoll wieder aufgenommen. Das Verlorene Schaf findet Jesus unter den Dornen. Er legt es auf seine Schultern und trägt es wortlos sofort nachhause. Dabei hat das Schaf weder eine Aktion zu seiner eigenen Rettung unternommen, nicht um Hilfe gerufen, oder gar Buße getan. Vielleicht ist jenes Schaf, welches auf Abwege kommt, ein Bild vielfacher menschlicher Situationen. Wir rufen nicht nach Gott, wir gehen nicht in Sack und Asche und bekennen auch nicht zu unserer Schuld. Etwa wie Saulus, vormals Christenverfolger und deren Mörder. Er begegnet einfach einem großen Licht, wird blind und es ist Jesus der Auferstandene, den er verfolgte. Niemals suchte Saulus Jesus, aber Jesus hat ihn gefunden. Daraus wird Paulus, der große Apostel der Christenheit. So stelle ich mir Gott vor: Als eine Macht einer unendlicher Liebe, an der niemand am Ende seines Leben und/oder beim Weltuntergang sich vorbeimogeln könnte. Eben dieser Ursprung allen Seins wird all jenes wieder in Ordnung bringen, was wir mit unseren Mitmenschen und der Welt ungeordnet ließen. Hier wird in diesem Letzten Gericht Wiedergutmachung betrieben. Ich glaube fest daran, dass jeder Mensch am Ende seines Lebens sich im Himmel erst einmal mit jenen Mitmenschen versöhnen muss, wo er dies auf Erden unterließ. Jesus ist nicht als Richter gekommen, sondern als Erlöser. Wie Malesse so schön schreibt: „Als Gott barmherzig mit ihnen ist, ärgert sich der Fromme über Gottes Gnade und wünscht sich einen strafenden Rächergott“. Aber so ist er nicht, sondern wie der beste Vater und die beste Mutter im Universum. Er hat sich am Kreuz längst mit uns versöhnt. Es gilt möglichst bereits auf Erden diese Versöhnung dankbar anzunehmen. Deshalb mahnt Paulus so ernsthaft und bestimmt: „Lasst euch versöhnen mit Gott“- Heute noch. Jeden Tag aus der Vergebung zu leben tut gut.
    Schließlich schließt sich hier der Kreis und es wird deutlich was Martin Luther erlebte: Wir können nicht gerecht werden. Christus ist unsere Gerechtigkeit. Sie lässt sich nicht erarbeiten. Nur unsere Dankbarkeit ist die Währung, die auch im Himmel gilt.

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