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Johannes Hartl im Interview: „Gott zu feiern ist für mich nie Routine!“

Johannes Hartl ist als Leiter des Gebetshaus Augsburg und der MEHR-Konferenz einer der gefragtesten christlichen Sprecher im deutschsprachigen Raum. Wie geht er mit dem Hype um seine Person um? Und welche Impulse erwartet er sich von der kommenden MEHR-Konferenz?

Die Fragen stellte Nathanael Ullmann

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Jesus.de: Wir haben jetzt noch ungefähr einen Monat bis zur MEHR-Konferenz. Sind Sie schon voll im Stress oder läuft alles ruhig?
Johannes Hartl: Es gibt ganz viel zu tun, aber ich fühle mich deswegen nicht gestresst.

Was ist noch zu tun?
Wir erwarten gut über zehntausend Leute, alleine 600 Mitarbeiter. Und wir haben einen Webstream. Es gibt unglaublich viele Sachen intern vorzubereiten, organisatorische Sachen. Da sind wir schon fast das ganze Jahr dran.

Wie bleiben Sie da ruhig?
Ich nehme mir genug Zeit fürs Gebet und für mich selbst.

„Ich verbringe meine ganzen Vormittage fast nur im Gebet und für mich alleine.“

Wie darf ich mir das konkret vorstellen?
Ich verbringe meine ganzen Vormittage fast nur im Gebet und für mich alleine.

Es ist das zwölfte Mal, dass die MEHR stattfindet. Ist das überhaupt noch etwas Besonderes für Sie?
Es ist diesmal ganz besonders was Besonderes, weil wir sie jetzt ein Jahr lang haben ruhen lassen. Deswegen ist bei uns gerade große Vorfreude angesagt. Und darüber hinaus: Mit Menschen Gott zu feiern und ihnen was weiterzugeben, das klingt wie ein Klischee, aber das ist für mich nie Routine. Wenn das Routine würde, fände ich das ganz schlimm.

Auch da die Frage: Wie schaffen Sie, dass es das nicht wird? Kommt das von ganz alleine?
Ich glaube, von alleine bleibt das Frische nicht frisch. Es bedarf einer ständigen neuen, inneren Aneignung. Für mich zum Beispiel ist es unmöglich, den genau gleichen Vortrag, den ich auf einer MEHR schon mal gehalten habe, wieder zu halten. Das müssen neue Sachen sein, die ich selber aus der Schrift, aus dem Gebet und meiner eigenen Erfahrung empfange.

„Die MEHR hat sich in diesen zehn Jahren in der Größe verhundertfacht.“

Sie haben dieses Jahr die MEHR pausiert. Rückblickend betrachtet: War das die richtige Entscheidung?
Das war sogar eine der wichtigsten Entscheidungen meines Lebens.

Inwiefern?
Es war eine Entscheidung gegen ein sich verselbstständigendes Momentum und für ein innerlich im Gespür Bleiben, was dran ist. Die MEHR hat sich in diesen zehn Jahren in der Größe verhundertfacht. Und da wäre es das Naheliegendste der Welt gewesen, dieses Momentum nicht abbrechen zu lassen. Aber es dann doch zu tun – im Vertrauen auf den Heiligen Geist – war, glaube ich, eine ganz wichtige Entscheidung.

Woran machen Sie das fest?
Einerseits an meinem persönlichen, niedrigen Stresslevel und dem bei uns im Haus. An der Freude an der Veranstaltung, die wir spüren. Und an vielen anderen guten Sachen, die nur möglich wurden durch dieses Absagen.

„Ich habe das Gefühl, dass ich als Mensch anders da sein werde als bei früheren Konferenzen.“

Sie haben sich zu Beginn des Jahres vier Sabbatmonate genommen. Hat das eine Konsequenz für die Konferenz?
Vielleicht eine innerlich spürbare. Ich habe das Gefühl, dass ich als Mensch anders da sein werde als bei früheren Konferenzen.

Wie waren Sie da?
Vielleicht ein Stück gestresster, als ich jetzt sein werde.

Gestresst ist ein gutes Stichwort. In einem Artikel in der AufAtmen schreiben Sie, dass wir überschüttet werden mit Eindrücken und uns da vielleicht wieder rausnehmen sollten. Davon ausgehend: Sollte die Konferenz nicht WENIGER heißen?
Ich könnte mir auch mal eine eigene Konferenz vorstellen, wo geschwiegen wird und die wirklich WENIGER heißt. Ich finde grundsätzlich, mehr von Gott zu wollen und mehr vom Leben, bleibt ein gültiger Wunsch. Und deswegen finde ich den Titel nach wie vor passend.

Was wird in diesem Jahr neu sein?
Es wird ein theologisches Forum geben. Das heißt, wir werden uns zum ersten Mal explizit mit Fachtheologie befassen. Und es wird, glaube ich, eine noch herzlichere, noch wärmere Konferenz.

Was darf ich mir unter einem theologischen Forum vorstellen?
Zwischen der frommen Bewegung der letzten 200 Jahre und der akademischen Fachtheologie gibt es eine Entfremdung. Und ich glaube, dass wir frischen Wind in der akademischen Theologie brauchen, um eine Theologie zu haben, die ganz neu sprachfähig wird für die aktuellen Probleme der Welt. Und dieses Aufbruchmomentum, das wir auf der MEHR erleben, zu nutzen, den Menschen Mut zu machen, sich auch in den akademischen Fachdiskurs einzubringen, das wäre ein Anliegen.

Das heißt salopp gesagt: Die Theologen mal zu gelebter Kirche hinschicken?
Ja, und gleichzeitig den Aufbruchbegeisterten Mut zur kritischen Reflexion machen. Das ist genauso wichtig.

„Ich habe ein paar Themen auf dem Herzen, die mich so tiefgreifend umtreiben, dass ich kaum erwarten kann, drüber zu sprechen.“

Was wird ihr Highlight sein?
(Pause) Das weiß ich nicht, aber ich persönlich freue mich total auf meine Vorträge. Ich liebe das und ich habe ein paar Themen auf dem Herzen, die mich so tiefgreifend umtreiben, dass ich kaum erwarten kann, drüber zu sprechen.

Was sind das für Themen?
Ein Thema trägt die Überschrift „Ökologie des Herzens“. Wir sprechen viel über den Schutz des Klimas oder den Schutz bedrohter Arten. Und ich stelle die Frage: Wie können wir eine Gesellschaft schaffen, in der das menschliche Herz genauso gut geschützt wird?

Klimaschutz ist ein umstrittenes Feld. Wählen Sie das bewusst?
Ich wähle es bewusst, aber ich gehe auf die Streitpunkte der Klimadebatte nicht direkt ein. Sondern ich stelle eine noch profundere Frage. Wenn wir es schaffen, auf diesem Planeten zu überleben, stellt sich immer noch die Frage: Was macht denn menschliches Leben aus? Das ist ja etwas Anderes als nicht zu verhungern und nicht zu verdursten. Und über das wird meines Erachtens weniger nachgedacht als über CO². Über CO² kann man trotzdem mit Gewinn nachdenken – ich enthalte mich da einer genauen Meinung. Ich glaube nur, dass die einseitige Aufmerksamkeit auf den nur materiellen Schutz unseres Zuhauses auf gefährliche Weise zu kurz greift.

„Es gibt die, für die das ein Hype ist, weil sie mich gut finden.“

Ich bemerke immer wieder einen gewissen Hype um Ihre Person.
Wirklich?

Sehen Sie das ähnlich?
Naja, ich nehme beides wahr. Also es gibt die, für die das ein Hype ist, weil sie mich gut finden. Und anderen ist es ganz wichtig, zu beweisen, dass sie mich ganz schlecht finden. Und ich versuche, beides mit einer gewissen Gelassenheit zur Kenntnis zu nehmen.

Wie ist Ihr Umgang damit?
Ich finde beides nicht so interessant. Ich spreche lieber über andere Themen als über mich.

Sie sagten, Sie erwarten in diesem Jahr mindestens 10.000 Besucher. Vor zwei Jahren waren es 11.000, die gekommen sind.
Wir haben noch deutlich mehr Anmeldungen als vor zwei Jahren, als wir 11.000 Besucher hatten. Wir erwarten deswegen, dass wir ausverkauft sein werden und über 11.000 sein werden.

„Wenn wir ausverkauft sind, sind wir ausverkauft.“

Ab wann ist die Messehalle voll?
Das ist noch nicht ganz sicher. Aber irgendwo bei 12.000 ist der Ofen aus.

Haben Sie einen Alternativplan, wenn Sie ausverkauft sind?
Wenn wir ausverkauft sind, sind wir ausverkauft. In einer Halle ist nur Live-Übertragung und die ist ein bisschen weniger attraktiv. Das heißt, dass die komplett ausverkauft wird, würde mich wundern. Aber die sogenannte Haupthalle, das Auditorium, das wird wahrscheinlich in den nächsten zwei Wochen ausverkauft sein.

Perspektivisch gedacht?
Großes Problem. Wahrscheinlich wird die MEHR nicht weiterwachsen können, weil wir gerne in Augsburg bleiben wollen. Es ist nicht so leicht, einen Standort zu finden, wo mehr als 12.000 Leute mehrere Tage unter einem Dach zusammen verbringen können. Das ist gar nicht so verbreitet.

„Das Evangelium ist attraktiv.“

Auch nicht so gewohnt in der christlichen Szene.
Sogar in der nichtchristlichen. Es gibt Rock-Open-Airs, die noch größer sind. Aber Veranstaltungen in einer Halle mit mehr als 12.000 Leuten, da muss man schon ziemlich genau suchen.

Die Landeskirchen beklagen immer wieder einen Mitgliederschwund. Währenddessen platzen Sie aus allen Nähten. Was machen die Landeskirchen denn falsch?
(Pause) Das ist schon eine komplexere Frage. Ich möchte auch nicht sagen, dass wir alles richtiger machen, was die falsch machen. Ich sage es mal anders: Ich glaube, dass da, wo wir Spiritualität und die Mitte der christlichen Botschaft auf eine ansteckende und auch angstfreie Weise klar vermitteln und auch erfahrbar machen, da ist diese Vermittlung in der Regel ansteckend. Denn das Evangelium ist attraktiv. Und da würde ich den Kirchen in erster Linie Mut machen wollen. Ich verstehe mich da nicht als einer, der unbedingt belehren muss, aber ich glaube, dass wir unserer eigenen Botschaft ganz schön viel zutrauen dürfen.

Sie hatten mal geschrieben, dass es Sie am meisten bewegt, wenn muslimische oder säkulare Menschen aus Technik und Sicherheit sagen: „Das war eine tolle Konferenz“.
Ja. Und nicht nur das, sondern dass sich manche auch auf tiefgreifende Weise ansprechen lassen und für Jesus entscheiden. Das freut mich am meisten. Mehr als tausend Fromme, die noch frommer werden.


Dr. Johannes Hartl ist ein deutscher katholischer Theologe. Er leitet das Gebetshaus Augsburg, mit dem zusammen er auch die MEHR veranstaltet. Die MEHR 2020 vom 3. bis zum 6. Januar 2020 stand unter dem Motto „Colors of Hope“.

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