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Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen

Ein englisches Abendlied, dessen schwingende Melodie so attraktiv ist, dass Königin Viktoria es sich im Jahr 1897 zur Feier ihres Diamantenen Thronjubiläums wünschte.

  1. Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen
    und wird vom Dunkel überweht.
    Am Morgen hast du Lob empfangen,
    zu dir steigt unser Nachtgebet.
  2. Die Erde rollt dem Tag entgegen,
    wir ruhen aus in dieser Nacht
    und danken dir, wenn wir uns legen,
    dass deine Kirche immer wacht.
  3. Denn unermüdlich, wie der Schimmer
    des Morgens um die Erde geht,
    ist immer ein Gebet und immer
    ein Loblied wach, das vor dir steht.
  4. Die Sonne, die uns sinkt, bringt drüben
    den Menschen überm Meer das Licht:
    Und immer wird ein Mund sich üben,
    der Dank für deine Taten spricht.
  5. So sei es, Herr: die Reiche fallen,
    dein Thron allein wird nicht zerstört;
    dein Reich besteht und wächst, bis allen
    dein großer, neuer Tag gehört.

Gerhard Valentin

Gottes Lob rund um die Welt

„Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen“ ist ein geistliches Abendlied aus England. Der originale Text stammt von John F. Ellerton, einem anglikanischen Geistlichen (1823-1893). Im Jahr 1870 erschienen die Strophen – noch ohne Melodie, gedruckt in einer Sammlung mit dem Titel „A Liturgy for Missionary Meetings“. Der naheliegende Gedanke, wir hätten es mit einem Bittgebet für die Ausbreitung des Evangeliums zu tun, trifft es aber nicht. Vielmehr wird hier am Abend ein Danklied an Gott angestimmt für das beständige „Weiterlaufen“ des Evangeliums. Denn wie die Erde sich immer weiterdreht, wie der Erdball immer weiter „rollt“, so „läuft“ auch das Evangelium unaufhörlich weiter. Wenn die einen schlafen gehen, wachen auf der anderen Seite der Erdkugel Menschen auf, die das Gotteslob anstimmen. Das Lob Gottes – rund um die Welt, rund um die Uhr!

Dieser Gedanke, dieses Bild ist auch darum interessant und naheliegend, weil im 19. Jahrhundert das Britische Weltreich und die Anglikanische Kirche diesen globalen Horizont verkörpern. Aber zu diesem Bild gehört auch: Angesichts des überzeitlichen Königreiches Gottes sind alle Reiche dieser Welt – und seien sie noch so stolz und mächtig – doch nur vergängliche Gebilde. Auch davon handelt das Lied.

Die Melodie zu „Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen“ ist im englischen Sprachraum ausgesprochen populär. Erstmals wurde sie im Jahr 1874 von Arthur Sullivan in einer Kirchenliedersammlung herausgegeben; von Anfang an war sie mit dem Text dieses Liedes verknüpft. Eine schwungvolle Melodie im Sechs-Viertel-Takt mit einem beschwingenden Sext-Auftakt. Offenbar war und ist das englische Abendlied mit dieser schwingenden Melodie so attraktiv, dass Königin Viktoria es sich im Jahr 1897 zur Feier ihres Diamantenen Thronjubiläums gewünscht hat.

Nicht nur ein Abendlied

Wie ist nun dieses Lied in deutschsprachige Gesangbücher gekommen? Die älteste Übertragung stammt von 1958: Ein lutherischer Pfarrer aus Bayern hat sie für die deutsche Version der Liturgie zum „Weltgebetstag der Frauen“ geschrieben. Diese Fassung hat allerdings ihre Besonderheiten. Einmal besteht sie aus nur vier anstatt der fünf ursprünglichen Strophen; es fehlt diejenige, in der von der immer-lobenden Kirche die Rede ist. Gesungen wird sie auf eine alte Melodie von 1543 und im Evangelischen Gesangbuch (EG) ist sie bei den Abendliedern einsortiert.

Die nächste Übertragung des Textes ist die oben stehende von Gerhard Valentin (1919- 1975) und wurde 1964 verfasst. Valentin war Lehrer und Referent für musisch-kulturelle Bildungsarbeit. Seine Fassung enthält alle fünf Strophen des englischen Originals und war von Anfang an mit dessen Melodie verbunden. Auch wenn der Text abendlich beginnt, damit, dass „der Tag nun vergangen ist“, so ist doch durch das Lied hindurch der Gedanke bestimmend: Das Lob Gottes „rollt“ immerwährend um die Welt, die Kirche ist immer wach. Aus diesem Grund ist das Lied in dieser Form im EG in der Rubrik „Gottesdienst – Ökumene“ einsortiert; zusammen mit dem englischen Original.

Schlägt man das Liederbuch „Feiern & Loben“ bei den Abendliedern auf, begegnet man in Verbindung mit „unserem“ Lied noch weiteren Übersetzern des englischen Textes. Die jüngste Version stammt von 1989 beziehungsweise 2009, und findet sich im katholischen Gesangbuch „Gotteslob“. Da sind zu den fünf Strophen noch zwei eigene hinzugekommen, die unabhängig vom englischen Original das Thema „Abend“ in persönlicher Weise vertiefen.

Text: Dr. Ute Zintarra


Hier findest du gute Gedanken zu weiteren altbekannten Chorälen und christlichen Liedern.

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