- Werbung -

Harre meine Seele, harre des Herrn

Ungewöhnlich: Kein Pfarrer, wie sonst üblich, dichtet dieses Kirchenlied – sondern ein Kaufmann. Das handelt dem Lied viel Kritik ein.

  1. Harre, meine Seele, harre des Herrn!
    Alles ihm befehle, hilft er doch so gern.
    Sei unverzagt, bald der Morgen tagt,
    und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach.
    In allen Stürmen, in aller Not
    wird er dich beschirmen, der treue Gott.
  2. Harre, meine Seele, harre des Herrn!
    Alles ihm befehle, hilft er doch so gern.
    Wenn alles bricht, Gott verlässt uns nicht;
    größer als der Helfer ist die Not ja nicht.
    Ewige Treue, Retter in Not,
    rett auch unsre Seele, du treuer Gott!
  3. Harre, meine Seele, harre des Herrn!
    Alles ihm befehle, hilft er doch so gern.
    Bald höret auf unser Pilgerlauf,
    und die Klagen schweigen; Jesus nimmt uns auf.
    Nach allen Leiden, nach aller Not folgen
    ewge Freuden. Gelobt sei Gott!

Johann Friedrich Räder

- Werbung -

Kein Pfarrer dichtet dieses Lied

Am Ende vieler Gesangbücher findet man ein Verzeichnis der Liederdichter und Komponisten. Wer eine solche Liste einmal durchgeht, wird unter den Dichtern vor allem Pfarrern und unter den Komponisten Kirchenmusikern begegnen.

Um so mehr wird es überraschen, wenn zwischen all den Pastoren ein kaufmännischer Angestellter, wie zum Beispiel Johann Friedrich Räder einer war, auftaucht. Er hat das Lied „Harre meine Seele, harre des Herrn“ geschaffen.

Heftig kritisiert

Als er das Lied dichtete, war Räder in großer persönlicher Finanznot – eine Not, die einem Kaufmann wohl leichter widerfahren kann als einem Pastor. „Harre meine Seele, harre des Herrn“ ist ein wunderbares Trostlied. Es hat freilich auch viel Kritik erfahren. Manchen schien es zu einfältig, dichterisch zu schwach.

- Weiterlesen nach der Werbung -

Vor allem das Wort „befehle“ in der dritten Zeile der ersten Strophe erregte Anstoß. In der deutschen Grammatik muss es ja „befiehl“ heißen und nicht „befehle“. Aber Grammatik hin, Grammatik her – das Lied hat eine wunderbare Segensgeschichte, die bis heute währt, auch wenn es heute wohl seltener gesungen wird als in früheren Jahren.

Not ist nicht größer als der Helfer

Jede der Strophen beginnt mit der Aufforderung „Harre meine Seele, harre des Herrn“, die dem 27. Psalm (Vers 14) entnommen ist. Sie ist das Leitwort für das ganze Lied. Besonders eindrücklich ist eine Aussage in der zweiten Strophe: Die Not ist nicht größer als der Helfer! Unglaublich viele Menschen hat dieses Wort, oftmals in schwerster Not, getröstet und gestärkt.

Im Original hat das Lied „Harre meine Seele, harre des Herrn“ nur zwei Strophen, was manche Menschen bedauert haben. Bedauert wurde dies auch von einer recht kleingewachsenen alten Dame, die lange in unserem Hause wohnte und das Lied sehr mochte. Sie hatte seine Trostkraft oft erfahren.

Dritte Strophe gefunden

Eines Tages sprach sie meine Mutter auf der Straße an und teilte ihr glückstrahlend mit, sie habe eine dritte Strophe zu dem Trostlied entdeckt! Ja, es gibt eine dritte Strophe, die dem Lied später hinzugefügt worden ist. Sie beginnt mit demselben Psalmwort wie die ersten beiden Strophen und richtet den Blick auf das baldige Ende unseres irdischen Pilgerlaufs.

- Werbung -

Wer diese dritte Strophe sucht, findet sie zum Beispiel in dem Liederbuch „Jesus unsere Freude“. Die Herkunft der Melodie ist nicht mit Sicherheit festzustellen. Wahrscheinlich ist sie aus Frankreich zu uns gekommen.

Text: Reinhard Deichgräber


Hier findest du gute Gedanken zu weiteren altbekannten Chorälen und christlichen Liedern.

Und falls du die alten Liederschätze auch anhören möchtest, dann kannst du im SCM-Shop vorbeischauen. Der SCM-Shop gehört wie Jesus.de zur SCM Verlagsgruppe.

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

Zuletzt veröffentlicht