- Werbung -

Berlin: Reli-Unterricht – eine schwere Geburt

Der Religionsunterricht an Berliner Schulen soll nach dem Willen des schwarz-roten Senats aufgewertet werden. Doch die Koalition tut sich schwer mit der Umsetzung.

Es war eine der Überraschungen im Koalitionsvertrag des schwarz-roten Senats von Berlin: CDU und SPD einigten sich im April vergangenen Jahres auf die Einführung eines Wahlpflichtfachs Weltanschauungen/Religionen. Es wäre das Ende eines jahrzehntelangen Berliner Sonderwegs beim Thema Religionsunterricht. Bislang ist Religion an den Schulen kein ordentliches Unterrichtsfach. Doch auch bald ein Jahr nach seinem Start scheint dem Berliner Senat unter dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) noch unklar, wie das Ziel erreicht werden kann.

- Werbung -

Die Senatsbildungsverwaltung hüllt sich auf Anfrage weitgehend in Schweigen und lässt lediglich verlauten, «dass hierzu noch Gespräche laufen und Abstimmungen getroffen werden». Vertreter des Erzbistums Berlin und der evangelischen Landeskirche sind gespannt, wie der Senat das selbst gesetzte Ziel umsetzen will, wollen sich bislang aber nicht äußern.

Verpflichtung zum Religionsunterricht

In einem kurz vor Weihnachten vorgelegten Referentenentwurf aus der Senatsbildungsverwaltung, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, heißt es nun, dass der Religionsunterricht an Schulen gestärkt werden soll. Die dazu notwendige Änderung des Schulgesetzes soll künftig regeln, dass eine Schule «verpflichtet» ist, «Religionsunterricht anzubieten, wenn die Religionsgemeinschaften dies wünschen». Ansonsten bleibt im Gesetzentwurf zum Thema Religionsunterricht alles wie bisher.

Bis Mitte Januar konnten Verbände, Kirchen und andere von der Gesetzesänderung Betroffene auf den Entwurf reagieren. Sollte es nicht zu größeren Verwerfungen kommen, könnte die Gesetzesnovelle vor der Sommerpause vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden.

Volksentscheid „pro Reli“ ging verloren

Viele Jahrzehnte lang versuchten die Kirchen gemeinsam mit der CDU vergeblich, den Religionsunterricht zu einem ordentlichen Unterrichtsfach an den Schulen zu machen. Sie scheiterten nicht zuletzt am Widerstand der SPD. Ein Volksentscheid «Pro Reli» im Jahr 2009 ging knapp verloren. Auch bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD im Jahr 2011 konnte sich die CDU als damaliger Juniorpartner nicht durchsetzen. Jetzt haben die Rollen gewechselt und die SPD ist der Juniorpartner.

- Werbung -

Ein Wahlpflichtfach müsste allerdings in den Stundenplan anders integriert werden als das bislang freiwillige Angebot der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Ihr Unterricht findet häufig in den unattraktiven Randstunden statt. In den Schulen fehlt es zudem nicht nur an Lehrkräften. Deren Bezahlung müsste ebenso neu geregelt werden wie deren Qualifikation und die Lehrpläne. Auch soll der 2006 eingeführte verpflichtende Ethikunterricht ab Klasse sieben bestehen bleiben.

Humanistenverband befürchtet „Rückschritt“

Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) befürchtet einen «fatalen Rückschritt». Berlin werde seine «bildungspolitische Vorreiterrolle» an diesem Punkt aufgeben, sagte David Griese vom HVD-Landesvorstand auf epd-Anfrage. Ein zusätzliches Wahlpflichtfach sei weder für die Schulen, noch für die Schülerinnen und Schüler förderlich, die «dann hochgradig separiert» wären. Eine praktische Umsetzung sei «nahezu unmöglich». Dem Land fehlten «dafür hinreichend ausgebildete Fachlehrer». Zudem werde befürchtet, «dass durch die Hintertür der staatliche Religionsunterricht eingeführt werden soll».

Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus erinnern an den Volksentscheid «Pro Reli» aus dem Jahr 2009. Dieser sei immer noch bindend, sagt die religionspolitische Sprecherin Susanna Kahlefeld dem epd. Ihre Partei halte «in einer religiös vielfältigen Gesellschaft wie Berlin einen gemeinsamen Ethikunterricht für unverzichtbar».

«Bildung zum Thema Religion» sei «enorm wichtig», sagt die Grünen-Politikerin. Den Rahmen dafür könne der Ethikunterricht bieten: «Ein bekenntnisgebundener Unterricht kann dieses Allgemeinwissen nicht ersetzen.»

- Werbung -

Den fraglichen Referentenentwurf des Senats zur Änderung des Schulgesetzes hält Kahlefeld für «überhaupt nicht nachvollziehbar». Religionsgemeinschaften werde damit gegenüber den Schulen ein neues Recht eingeräumt: «Eltern, Schülerinnen und Schüler sind außen vor.»

Quelleepd

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

NEWSLETTER

BLICKPUNKT - unser Tagesrückblick
täglich von Mo. bis Fr.

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

Zuletzt veröffentlicht

5 Kommentare

  1. Warum nicht a u c h ein freiwilliger Religionsunterricht ?

    Ich würde hier vorschlagen, sich nicht in völligen Populismus zu vergraben. Man kann sowohl für als auch gegen den Religionsunterricht wie ein eingefleischter Populist wirken. Vergessen wird dabei oft, dass der Staat – aus gutem Grund – sich nicht religiös autet. Er ist dabei schlicht „neutral“. Allerdings ist auch ein für alle Schüler:innen angebotener Ethikunterricht kaum von einem Religionsunterricht zu unterscheiden, da ebenso im Rel.Unterricht über den christlichen Glauben und über den Glauben anderer Religionen informiert wird. Außerdem bliebe immer noch die Möglichkeit, neben der Pflicht auch eine K ü r zu erlauben. Es gibt bestimmt genug Schüler:innen, die sich freiwillig, gerne (und vielleicht auch als ein bewusstes Bekenntnis) zu einem freiwilligen Religionsunterricht entscheiden. Wollen wir nun Menschen, die sich ganz freiwillig auch für etwas entscheiden, oder wollen wir das nicht? Wenn 3-5% der Schüler:innen ein solches freiwilliges Angebot aus eigenem Antrieb nutzen möchten, dann entspräche das dem Anteil, den die beiden großen Kirchen auch unter kirchensteuerzahlenden Familien mit dem Glauben erreichen. Da muss man also auch realistisch bleiben.

  2. Wenn man den Religionsunterricht an den Schulen in unserem Land nach seinen Früchten beurteilt, also nach dem, was er im Leben der Unterrichteten geistlich hinterlässt, dann ist er eine völlige Katastrophe.
    Jedes Unternehmen, das solche Ergebnisse produzierte, wäre längst pleite.
    Eine gigantische Verschwendung von Zeit, Geld und Arbeitskräften!

  3. Ich würde mein Kind in eine gemischte Schule geben, an der „Ethik“ unterrichtet wird. Wo von Werten und Normen die Rede ist, die für den humanen Umgang zwischen den Weltbewohnern unerlässlich sind. Ich würde darauf bestehen, dass es zudem etwas über die Geschichte der Religionen erfährt. Damit es begreift, in welche Abgründe von Wahn der Glaube an Gott die Menschheit geführt hat.
    Denn, wer viel weiß muss weniger Glauben.

      • Es geht dir gut, wenn du über dich selbst bestimmst, frei bist, entscheiden und auswählen kannst. Und lausig, wenn ein „Fremder“ über dich bestimmt. Das kann ein anderer Mensch sein oder ein anderer Gedanke, einer, der deinem Innersten widerstrebt, aber dir einst wie ein Gifttrank eingeträufelt wurde. Durch Erziehung, durch Religion, durch jede andere Indoktrination.

Die Kommentarspalte wurde geschlossen.