Die WELT

Die Kirche nimmt Abschied vom Sonntag

Sonntag ist Gottesdiensttag. Doch diese Tradition bröckelt. Ein Blick in die Rheinische Kirche zeigt: „Alles ist möglich“.

Die Evangelische Kirche im Rheinland hat (EKiR) auf ihrer Synode kürzlich beschlossen, dass der Gottesdienst am Sonntag nicht mehr überall die Regel sein muss. Auch andere Rhythmen, Wochentage und Uhrzeiten seien denkbar, sagte Präses Thorsten Latzel. Diese könnten auch von Laien geleitet werden. Zudem lockerte die Landeskirche auch die Voraussetzungen für die Teilnahme am Abendmahl und den Empfang der Taufe.

„Alles ist möglich in der Kirche“, schreibt Till-Reimer Stoldt dazu in einem Beitrag der WELT und greift den Vorwurf von Kritikern auf, die Reform sei ein Produkt „geschickter Verpackungskünstler“. Hier werde lediglich ein Problem verschleiert. Nämlich, dass die Kirche aufgrund der niedrigen Besucherzahlen und rückläufigen Zahl von Pfarrerinnen und Pfarrern nicht mehr imstande sei, in jeder Kirche Gottesdienste anzubieten. Letztlich seien „die rheinischen Protestanten im Begriff, den zentralen Tag christlichen Lebens, den Sonntag als Gottesdiensttag, aufzugeben“, zitiert Stoldt den konservativen Prediger und Theologen Ulrich Parzany. Und diese Not verkauften sie als Tugend.

Hochzeiten wie in Las Vegas?

Die Kirche setze jetzt unter anderem auf Massen-Ereignisse wie eine Großtaufe im Sommer 2023 am Rheinufer mit 300 Täuflingen. Laut Latzel knüpfe dies an „urchristliche Formen“ an. Der Charme solcher Veranstaltungen sei „unbestritten“, so Stoldt. Umstritten sei allerdings, ob auch die „Pop-up-Hochzeiten“ urchristlich seien, die durch den jüngsten Synodenbeschluss ermöglicht wurden. Dabei können Paare spontan heiraten, ohne Traugespräch und Glaubensunterweisung – „Was an die Blitz-Hochzeitskirchen in Las Vegas erinnert“, schreibt Stoldt.

Alarmierend aus Sicht der Kirche sei das nachlassende Engagement von Kindern und Jugendlichen, schreibt Stoldt weiter. Auch vor diesem Hintergrund sei zu verstehen, dass die EKiR nun Kindern die Teilnahme am Abendmahl erlaubt. Dagegen hat auch Ulrich Parzany nichts, kritisiert jedoch deutlich eine weitere Neuerung: Ab sofort dürfen nämlich Kinder in der Rheinischen Kirche auch dann getauft werden, wenn beide Eltern keine Kirchenmitglieder sind. Dies laufe auf eine „Verramschung der Taufe hinaus“, so Parzany gegenüber der WELT. „Was soll das bloße Ritual der Taufe bewirken, wenn die Familie des Täuflings ihr Kind gar nicht christlich erziehen will?“

Präses Latzel hält dagegen: Auch künftig müsse gewährleistet sein, dass das Kind den christlichen Glauben kennenlerne. Es wünschten sich immer wieder nichtkirchliche Eltern eine Taufe für ihr Kind. Warum sollte deren Wunsch pauschal abgelehnt werden, „wenn es doch zum Beispiel eine Großmutter oder einen Paten gibt, der die christliche Erziehung übernimmt?“

Weiterlesen auf WELT.de

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

NEWSLETTER

BLICKPUNKT - unser Tagesrückblick
täglich von Mo. bis Fr.

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

10 Kommentare

  1. „Was soll das bloße Ritual der Taufe bewirken, wenn die Familie des Täuflings ihr Kind gar nicht christlich erziehen will?“

    Ja. Das frage ich mich schon seit Jahren.
    Wo sind die Vorbilder?

    • Lieber Gast, genau diese Frage habe ich mir bei beiden Kindern gestellt und ließ sie nicht taufen. Meine Taufe brachte mich zum Glauben an Jesus, doch ist dieser Glaube einmal geboren, so sollte er eigentlich nur noch ansteckend wirken, da sich in ihm alles offenbart, was ein Mensch zum Leben braucht. Hoffnung und Liebe zum Leben zu erwecken, das ist einer Sehnsucht geschuldet, die sich aus Gott ergibt.

      Ich bin getrauft und sicher nicht katholisch erzogen, wie sich das der Mensch vorstellen würde. Keine sonntäglichen Mußkirchengänge, keine Bibel im Haus und eine evangelische Mutter mit einem katholischen Vater verheiratet. Allerdings kann ich mich über Eltern freuen, die mich in ihre Familien aufgenommen haben, so verschieden die auch sein mochten. Ich war immer und bin immernoch bei allen willkommen. Das gab mir etwas, von dem ich noch heute zehren kann und das sich um Menschen ergänzt hat, die mein Leben veränderten, zum Guten, auch wenn das manchmal mit schlechten Erfahrungen verbunden war. Ich musste durch diese Menschen Entscheidungen treffen, die in ein Leben mündeten, dem ich noch heute gewachsen bin. Gerade stehe ich wieder vor einer Herausforderung an der ich nichts ändern kann, ich lege sie in Gottes Hand, bis er mir die Möglichkeit gibt, durch sein geistiges Gut mit dem umzugehen, was auf mich zukommt.

      Eine derartige Lebensform im Umgang mit ihren Voraussetzungen braucht unbedingt Halt, denn sie ist in ihrer geistigen Verfassung dem entnommen, was nur durch sie eintreten kann, jedoch noch nie eingetreten ist.

      Wie gehe ich mit dieser Herausforderung um, die sich im Leben an mich richtet und dennoch nicht von mir stammt?

      Ich liebe Gott und durfte Menschen kennenlernen, die mit ihrem Glauben an Jesus diese Liebe zu Gott umsetzen, indem sie sich auf jede geistige Herausforderung einlassen, die durch das Leben besteht, aber vom Menschen beantwortet sein will. bevor der seinen Weg mit Jesus fortsetzen kann. Dabei landete ich an Scheidepunkten, die sich mir einprägten und dennoch mit meinem Tod verloren gehen. Der einzige Scheideweg, dessen Leben sich fortsetzen wird ist der, an dem ich durch meine Liebe zu Gott mit der Taufe verbunden wurde, die durch Jesus auch in seinem Leben den Ort gefunden hat, dem sie vererbunden bleibt.

      Solange es eine Kirche gibt, die Jesus verkündet, empfinde ich das Leben als die Herausforderung, der ich als Mensch zum einen immer gewachsen bin und die dank Jesus bereits ihre Meister gefunden hat.

      Es ist also einer Erziehung geschuldet, die sich nicht auf den Menschen beruft, sodern von Gott ausgeht, der sie dem Menschen ermöglicht, damit er seinen Teil von der Einheit erhält, die sich durch das ganze Leben zieht.

    • Lieber Gast: Sicherlich ist es wichtig, ein Kind christlich zu erziehen. Aber dies schließt die Sinnhaftigkeit der Kleinkindertaufe durchaus mit ein, deren Sinn ja gerade darin besteht, dass wir auch wenn wir erst wenige Wochen und Monate alt sind, doch – wie jede/r andere Mensch auf Erden – nur um unserer Selbst willen von Gott geliebt wird. Daher haben die beiden Großkirchen auch Konfirmation und Firmung, dann tritt man durch Glaubensentscheidung in seine Babytaufe ein. Die Erwachsenentaufe ist immer eine Entscheidungstaufe.

  2. Bitte keine missverständliche Überschriften

    Ich habe den zugrunde liegenden Artikel nochmals KRITISCH gelesen. Dabei habe ich l e i d e r festgestellt, dass nicht der Inhalt, aber die Überschriften der Angewohnheit einer Zeitung mit den großen Buchstaben entspricht – was auch polarisiert. Etwa „DIE KRICHE NIMMT ABSCHIED VOM SONNTAG“ (damit war sicherlich nicht gemeint, es gibt am Sonntag keinen Gottesdienst mehr). Oder mit HOCHZEITEN WIE IN VEGAS (da habe ich vor Augen dass man dorthin fährt, um gewissermaßen als Massenabfertigung von als Pfarrer maskierten Menschen verheiratet zu werden). Dabei geht es doch um Großtaufen, die man nach alter christlicher Tradition auch durch Untertauchen im See vollziehen kann – und als wunderschönes Fest für alle. Da muss man sich nicht wundern, dass der arme Herr Wößner dann sofort meint, die Taufe werde verrammscht. Bitte also möglichst keine missverständlichen Überschriften, obwohl es jeder der gerne schreibt mehr Spaß macht, solche Überschriften als Lockmittel zum Lesen zu benutzen.

  3. Ich denke, im Gottesdienst an Jesus können wir nicht nur den Sonntag gewinnen, vielmehr lädt Gott uns ein, Jesus auf alle Tage des Lebens zu übertragen, das sich in seiner Einheit aus ihrer Zeit ergibt, die verdeutlicht, welche Fülle durch Jesus zum Leben erweckt, nun in einer Existenzkrise steckt.

    Im Glauben an Gott erfahre ich Einheit als eine gewisse Verbundenheit mit Gott und ich danke dafür dem Glauben an Jesus, der mir durch seine Gegenwart ihre Inhalte näher brachte. Im Entwicklungsstand der Menschheit liegt wohl letztendlich verborgen, was noch nicht von ihr erarbeitet werden konnte. Doch ich glaube ebenfalls, dass die Menschheit auf einem guten Weg in der Gegenwart ist, deren Zukunft auf das Herz baut, das sich zu ihrem Gedächtnis erschließt.

    Mit diesem Gedächtnis und seinem Herz verbunden zu sein, das lädt zum Gottesdienst ein, der sich in der Einheit vollzieht, die Jesus liebt.

  4. Sonntag muss Sonntag bleiben

    Ganz klar: Der Sonntag muss der Sonntag bleiben. Allerdings ist es gut protestantisch, dass Nichttheologen schon immer Gottesdienste leiten dürfen, selbstverständlich im Benehmen mit der Gemeinde und zuständigem Pfarrer/Pfarrerin. Sonst gäbe es auch keine Freikirchen, wo ja auch nichtstudierte Christinnen und Christen predigen, ohne dass dort das Evangelium verrrammscht wird. Und wieso wird die Taufe verrammscht, lieber Herr Wößner? Taufen darf im Prinzip bei uns Evangelischen jede/r, ohne dass dadurch die Taufe ungültig würde. Die Taufe ist beileibe keine Schluckimpfung gegen die Erbsünde, sondern man muss bzw. sollte in sie auch eintreten. Wenn also die Kleinkindertaufe stattfindet, dann also auch anlässlich Konfirmation und Firmung. Es wird kein Evangelium verrammscht, wenn wir unser Möglichkeiten den Gegebenenheiten anpassen. Wichtig ist, dass der Heilige Geist wehen darf wo er will, weil er nicht gegen unseren Willen weht. Es müssen sich also unsere zwei Beine in irgendeiner Form immer in Bewegung setzen und wir sollten auch unsere Gottesdienste nicht völlig virtuell ins Netz verlegen. Denn die Liebe Christi und damit auch das Abendmahl sollte man nur persönlich in den Begegnung mit dem Mitmenschen und Mitchristen ausleben. Es stellt ja auch niemand ein Bild eines geliebten Menschen auf den Nachtschrank, sondern der Leib Christi bedeutet schon Unmittelbarkeit. Das richtige Bodenpersonal müssen keine Berufschrist sein, zumindest nicht immer. Und Brot und Wein sollten es auch im evangelischen Abendmahl sein und schön wäre dabei, wenn es richtiges Brot ist. Natürlich darf man auch Traubensaft zum Abendmahl nehmen, schon aus Liebe zum Mitchristen. Aber daraus sollten wir kein Dogma machen, denn auch die Oblade ist ja deshalb sinnvoll, weil man in manchmal immer noch vollen Domen und Kathedralen nicht so viel Brot schneiden will. Allerdings bin ich sehr dafür, nicht gezwunenermaßen, sondern dass die Gemeinden auch wieder zu urchristlichen Möglichkeiten zurückfinden. Aus Taufen ein schönes Tauffest für alle zu machen ist nicht nur sinnvoll, sondern würde auch zeigen dass da etwas lebendiges und schönes geschieht. Wir müssen nicht in Erzkonservatitivität versauern, um damit angeblich notfalls das Christentum zu retten. Gar nicht kann ich verstehen, warum Kinder nicht getauft werden dürften, wenn Eltern entweder keinen Glauben praktizieren bzw. nicht der Kirche angehören. Im Gegenteil: Damit würden auch Eltern vielleicht dem Glauben näher gebracht. Denn nach meinem Verständnis der Taufe wird damit symbolisch ausgedrückt, dass Gott jeden Menschen unendlich liebt. Sogar denjenigen der nicht getauft ist und von uns noch nie etwas gehört hat.

  5. Einer Kirche, die seit Jahrhunderten die Taufe verramscht, wird jetzt auf einmal vorgeworfen, die Taufe zu verramschen?
    Die kirchlichen Konservativen sind einfach keine glaubwürdigen Zeugen gegen das Preudochristentum ihrer Kirchen, von denen sie bezahlt werden.
    Aber es stimmt schon, das billige Christentum wird immer noch billiger – und immer noch unglaubwürdiger …

  6. Hallo!
    Ob es wirklich so sinnvoll ist, Kindern schon Alkohol (in der Regel Rotwein) zu trinken zu geben? Denn zum Abendmahl gehören Brot und Wein – so hab ich es im Konfi-Unterricht gelernt und auch aus der Bibel.

    • Alkohol wird den Kindern dort ganz sicher NICHT gereicht, sondern Traubensaft. VG, das JDE-Team

Die Kommentarspalte wurde geschlossen.

Die neusten Artikel