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Blick in den Abgrund (Teil 2): „Jesus hat nicht wirklich über die Hölle geredet“

In Teil zwei unseres Interviews mit Carsten "Storch" Schmelzer erklärt der "Jesus Freak"-Pastor, was Jesus zum Thema Hölle gesagt hat, die Schwierigkeiten der Evangelikalen mit dem Gleichnis vom Völkergericht (Matthäus 25) und wer seiner Meinung nach gerettet wird.

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Kannst du dir erklären, warum Jesus soviel von der Hölle redet – zumindest im Vergleich? Ansonsten kommt es in der Bibel ja sehr gemäßigt vor, was die Anzahl angeht. In den Evangelien ist ganz viel von der Hölle die Rede und in den anderen Büchern kaum.

 Storch: Das ist erstmal eine Definitionsfrage. Klar, wenn du bloß das Vorkommen des Begriffs "Hölle" zählst, dann gibt es außerhalb der Evangelien bloß noch im Jakobusbrief eine einzige Stelle. Aber wenn man jetzt noch andere Bilder dazu nimmt, dann ist schon auch noch einiges in den Briefen.

 Und ich meine auch, dass Jesus nicht wirklich über die Hölle geredet hat. Es gibt nicht ein einzige Predigt, wo er sagt, wie es in der Hölle sein wird, oder was die Hölle überhaupt ist. Er hat sie immer in anderen Zusammenhängen genannt und unterstreicht dann eigentlich immer nur Aussagen, die er gemacht hat. Beispielsweise die berühmte Sündenstelle: "Es ist besser, einäugig ins Reich der Himmel einzugehen als mit zwei Augen in die Hölle einzugehen." Aber bei all diesen Stellen ist es sehr offensichtlich, dass Jesus sie im übertragenen Sinne meint. Dass er schon davon ausgeht, dass es irgendwie eine Hölle gibt, aber dass er nicht sagt, was damit ist, wie man reinkommt und was dann in der Hölle ist.

 Keiner, der die Bibel liest, wird jetzt ernsthaft meinen, dass man dem hohen Gericht verfällt, wenn man "Idiot" zu seinem Bruder sagt oder dass, wenn man schlecht über jemanden redet, in die Hölle kommt. Das kann Jesus auch nicht gemeint haben. Das juristische System hat ja auch nicht vorgesehen, dass ich zum Richter meines Ortes gehe und sage: "Mein Bruder hat mich beleidigt. Sperr den mal ein." Das hätte keiner gemacht. Und entsprechend ist es dann ja eigentlich logisch, dass diese dritte Steigerung mit der Hölle auch in irgendeinem übertragenen Sinn gemeint ist. Von daher würde es keine Predigtkassette von Jesus geben, wo drauf steht: "Alles über die Hölle".

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 Es ist also klar, dass eigentlich nicht so viel klar ist?

 Ja.

 Francis Chan zum Beispiel präsentiert dagegen in seinem Buch ["Hölle – und was wir daraus gemacht haben"] einen Anhang mit sehr konkreten Fragen – und Antworten. Zum Beispiel: Was passiert mit Leuten, die nie von Jesus gehört haben? Kommen die auch in die Hölle oder nicht? Chan schreibt:  "Ja, alle die nicht explizit sich zu Jesus bekehren – egal ob verschuldet oder unverschuldet – werden ewig gequält."

 Das ist starker Tobak, ja. Im Gleichnis vom Völkergericht ist es ja eigentlich ziemlich klar, dass es Leute gibt, die irgendwie moralisches Bewusstsein haben, entsprechend handeln und dann im Gericht anders beurteilt werden. 

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 Du meinst Matthäus, Kapitel 25…

 Ja, genau. Das ist ja eine der herausforderndsten Stellen überhaupt für den Evangelikalismus. Da kommt einer und sagt "Wann habe ich dich jemals im Gefängnis gesehen?" und Jesus dann sagt: "Was du dem Kleinsten meiner Brüder getan hast, das hast du mir getan." Diese Stelle ist in der orthodoxen Kirche wesentlich wichtiger als bei uns. Da musst du soviel theologische Winkelakrobatik verwenden, um zu sagen, dass auch da die Rettung immer nur durch das bewusste Annehmen des Heils in Jesus geschieht. Die Stelle passt einfach nicht ins evangelikale Konzept.

 Unter Christen kann man ja nicht mal die Frage klären, wer denn jetzt gerettet ist. Nach meiner Bekehrung ist mir öfter gesagt worden, dass ich in die Hölle komme als vorher. Einmal vorher und danach ich weiß nicht wie oft…

 Na ja, du bist ja auch Jesus-Freak. Die kommen automatisch in die Hölle…

 Selbstverständlich. Erst neulich hatte ich eine textkritische Diskussion in einem Internetforum und als ich dann sagte, ich könne mir vorstellen, dass die Bibel Fehler enthalte, hat einer tatsächlich gesagt, man sollte mich doch aus dieser Liste entfernen, bevor ich noch weiter mit meinem ungöttlichen Geschwätz alles verunreinige und Leute zum Abfall verführe. Das fand ich total abgefahren. Es ging bloß um eine Kleinigkeit, eine grammatische Frage oder so…

 Wer ist errettet – wie würdest du die Frage heute beantworten, wenn sie dir kein Extremer stellt, sondern einfach ein ganz normaler Mensch wie dein Nachbar?

 Das würde ich als evangelistisches Gespräch sehen. Und da geht es um Jesus. Und um Johannes 14, 6: "Niemand kommt zum Vater denn durch mich". Jesus ist die zentrale Gestalt und jeder, der an Jesus glaubt, der wird gerettet. Dieser Punkt ist eigentlich am klarsten offenbart. Da würde ich schon mal sagen: Das ist der richtige Weg. All die andern Sachen drum herum sind ein bisschen spekulativ.

 Danke für das Gespräch!

— Teil 1 des Interviews mit Carsten "Storch" Schmelzer finden Sie hier —

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Das Buch "Hölle: Der Blick in den Abgrund" von Carsten "Storch" Schmelzer ist im Verlag SCM R. Brockhaus erschienen, der wie Jesus.de zur Stiftung Christliche Medien gehört.

(Quelle: jesus.de)

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