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Braune Soße – und andere Bilder

Ich spreche gerne in Bildern. Eines davon nutze ich in der Verlagsarbeit, wenn ich unsere Kreativ-Teams (und mich selbst …) herausfordere, nicht einfach nur „braune Soße“ abzufüllen in unsere Bücher oder Zeitschriften.

Bei „braune Soße“ denke ich nicht an Nazi-Kram, sondern an eine fromme Fertig-Soße aus der Tüte, die man „quick und easy“ anrichten kann: ein paar Bibelverse, ein paar vertraute Stichworte – egal was, Hauptsache fromm. Und schon kann man ein Buch (oder eine Predigt, eine Andacht, ein Gebet, eine Moderation …) gekonnt füllen: Sieht nach echtem Bratensaft aus, macht oft aber nicht so richtig satt, verändert nicht. Fromme braune Soße kann man lernen, einüben, nachmachen. Sie sieht gut aus – ist aber zu dünn, um unseren Glauben wachsen und reifen zu lassen.

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Stattdessen, Bild Nummer zwei, fordere ich uns dann auf, dass wir „tiefer in den Wald hinein müssen, um wirklich Qualität zu bringen.“ Tiefer in den Wald? Naja, anderes Bild: Das schnell erreichbare Holz um die Hütte ist oft schon geschlagen – wenn wir gutes Holz holen wollen, dann müssen wir tiefer in den Wald hinein, damit es Wärme gibt und lange brennt. Will sagen: keine Instant-Lösungen, keine fromme braune Soße, die nicht zum Brennen bringt, nicht verändert.

Braune Soße abfüllen – oder tiefer in den Wald hinein wagen: schräge Bilder vielleicht, aber für mich sehr sprechend. Sie kennzeichnen ein Problem der Verlags- oder Gemeinde-Arbeit: die Versuchung, handwerklich gekonnt fromme Erwartungen zu bedienen – aber nicht wirklich in die Tiefe zu gehen, nichts mit Mühe und Schmerzen Errungenes preiszugeben. Sieht braun und echt aus, ist aber nicht wirklich Not-Wendend. Wichtige Mahnung, oder?

Naja – die Erkenntnis und Mahnung ist leicht. Viel schwerer ist es, wirklich tiefer in den Wald zu gehen. Denn der Weg dorthin ist mühsam und dauert. Und das muss man erstmal schaffen im Verlags- oder Gemeindealltag, wo die Termine drücken und die Kollegen oder Gottesdienstbesucher warten. Braune Soße ist nun mal griffig und schnell – und reicht doch oft schon, oder? Und auch auf braune Soße kann Gott Segen legen – wer bin ich, dass ich das ausschließen wollte? Und überhaupt: Ist das alles nicht ziemlich gemein, potenziell beleidigend und arrogant?

Egal, wie ich braune Soße sehe: Beim weiteren Nachdenken merke ich, dass es noch komplexer wird, wenn ich mich in die Empfänger-Schuhe stelle: Womit bin ich selbst denn eigentlich zufrieden? Wovon ernähre ich mich? Wie halte ich mein eigenes geistliches Feuer am Brennen? Bin ich zufrieden mit brauner Soße – oder wage ich mich in Gottes tiefen Wald, in den Dschungel?

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Auf einmal merke ich, wie auch bei mir die Gegenargumente kommen: Tief in den Wald? Oh je, das würde ja richtig Zeit kosten! Und das wäre ein Risiko (was, wenn ich Gott dort nicht entdecke?). Und wie soll ich das überhaupt machen mit dem Wald? Was heißt das denn für mich? Wie begegne ich Gott denn dort, wie genau hole ich mir denn gutes Brennholz, wo finde ich sprudelnde Quellen? Und lauert im Wald nicht auch der Schmerz? Was ist denn, wenn ich mich meinen tiefen Fragen stelle, die ich im Alltag so mühsam (mit brauner Soße?) verdränge? Wie umarme ich denn meinen Zorn, meine Bitterkeit, meine Trauer? Und was begegnet meiner Seele dort im Wald? Muss ich mich dem wirklich stellen?

Wald Herbst
Foto: Pixabay

Braune Soße – oder tiefer Wald? In Wirklichkeit ist das auch eine Frage an mich selbst. Und da hilft mir noch ein Bild: Gott ist da – oder nicht. Eine Wirklichkeit kann nur stimmen – sie ist schwarz oder weiß. Gott ist real, wie die Bibel ihn beschreibt. Oder Einbildung. In diesem Sinne ist Gott „digital“ – ja oder nein, schwarz oder weiß. Er ist Wahrheit – oder Lüge. Er ist – oder ist nicht. Richtig?

Glaubende glauben an das Ja, an das Schwarz. Aber in der Realität kämpfen wir alle mit einer Neigung zum Grau – irgendwas zwischen schwarz und weiß, Vertrauen und Zweifel. Das raubt uns die Freude und das ist nicht logisch – es stimmt ja nur schwarz oder weiß. Aber das Grau des Glaubens – passt gut zu brauner Soße. Grau-braune Soße. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.

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Und deswegen merke ich – und fordere auch mich selbst: Ich muss tiefer in den Wald! Nicht zuerst für gute Texte oder Predigten, sondern für mich selbst! Muss mich auf die Suche machen nach dem, was mein Feuer am Brennen hält. Muss mir die Zeit nehmen – herausschneiden, mich überlisten, mich durchkämpfen dazu. Muss das Risiko wagen. Muss „meine“ Methode finden, mich von brauner Soße zu befreien. Muss den Schmerz umarmen, die Fragen, den Zweifel. Und das geht nicht mit heißem Wasser und ein bisschen Pulver. Das geht nur, wenn ich mich immer wieder auf meine je ganz eigene Weise tief hinein in Gottes Dschungel begebe. Dorthin, wo Fragen und Erkenntnis, Leere und Begegnung, Risiko und Erfüllung liegen. Wo ein Wort der Bibel am Wegrand auf mich wartet – wenn ich den Pfad gehe. Wo mich Erfahrungen anderer ansprechen – wenn ich mich ihnen aussetze. Wo Gott meine Hände füllt – wenn ich sie ihm hinhalte.

Ulrich Eggers (Foto: SCM)

Gottesbegegnung kann man nicht erzwingen. Aber man kann sie verhindern. Wenn man (sich) oberflächlich satt macht – fast food, braune Soße. Ich bin überzeugt: Wir müssen tiefer in den Wald. Müssen unseren ganz persönlichen Weg suchen. Nicht zu schnell zufrieden sein. Nicht faken, nicht fliehen oder vermeiden. Gott lässt sich finden. Wenn wir ihn suchen. Tiefer im Wald.

Ihr Ulrich Eggers


Ulrich Eggers ist Redaktionsleiter der Zeitschrift AUFATMEN, Geschäftsführer der SCM Verlagsgruppe und Erster Vorsitzender von Willow Creek Deutschland.

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