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„Kirche im Hof“: Flüchtlingen eine Heimat vermitteln

In den vergangenen Jahren kamen viele Menschen nach Kassel, die aus dem Nahen Osten oder Afrika vor Krieg, Verfolgung und Elend geflohen sind. In der „Kirche im Hof“ werden einige von ihnen begleitet und unterstützt – wie Pastor Frank Fornaçon berichtet.

Edelgard (87 Jahre alt) steht 2015 an der Haltestelle und wartet auf die Straßenbahn, um den Gottesdienst zu besuchen. Neben ihr steht eine junge Familie, vom Aussehen her aus dem Nahen Osten: Vater, Mutter und eine Zweijährige. Das zweite Kind ist offensichtlich schon unterwegs. Die Bahn kommt, alle steigen ein. Edelgard erinnert sich an ihre Englischkenntnisse und beginnt ein Gespräch. Am Ziel steigt sie aus. Die Familie tut das gleiche. Die „Kirche im Hof“ liegt gegenüber der Haltestelle. Edelgard betritt die Kirche – die Familie ebenso. Und nun ist eine Übersetzerin zur Stelle, die Arabisch spricht. Die syrische Familie hatte in der Erstunterkunft gehört, dass man in der „Kirche im Hof“ willkommen sei. Und da sie schon mit dem Wunsch, Christen zu werden, geflüchtet waren, suchen sie einen solchen Ort.

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Die Freude ist groß: bei Edelgard wie auch bei Sherin und Achmad, als sie entdecken, dass sie nicht nur die gleiche Straßenbahn benutzen, sondern auch geistlich ihren Weg teilen. In der kommenden Woche sitzen sie auf Edelgards Sofa und erleben deutsche Gastfreundschaft bei Kaffee und Kuchen. Die Freundschaft besteht seitdem. Die Syrer sind inzwischen in der „Kirche im Hof“ zu Hause und in der Gemeinde gut vernetzt.

Erfahrene Brückenbauer

Diese kleine Geschichte steht für viele, die sich in den letzten zehn Jahren in der „Kirche im Hof“ in Kassel abgespielt haben. Vor allem Menschen der älteren Generation in der Gemeinde haben ihre Herzen und Häuser geöffnet, um Fremden eine Heimat zu bieten: Edelgard hatte selbst als Jugendliche aus ihrer Heimat in Ostpreußen flüchten müssen, Inge (80 Jahre alt) war als Studentin ein Jahr in den USA und war seitdem für Studierende in Kassel „Ersatzoma“. Sie gab Kurse, in denen sie Chinesen „Deutsch lernen mit der Bibel“ vermittelte, und fuhr mit Studierenden durch Hessen, um ihnen etwas von ihrer Heimat zu zeigen.

Die 65-jährige Claudia hat ihre besondere Kompetenz im Umgang mit Geflüchteten durch das erste Kirchenasyl der Gemeinde erworben. Sie gab einem jungen Mann aus Eritrea Einzelunterricht in Deutsch. Dieses Kirchenasyl war für etwa acht Lebenserfahrene eine besondere Schulung. Denn als 2015 viele Syrer und Iraker nach Kassel kamen, meldeten sich 25 Freiwillige nach dem Gottesdienst, um zu helfen – darunter 20 im Seniorenalter. Es entstanden zahlreiche Angebote – von der Internationalen Wandergruppe über die Deutschkurse und Einladungen in die Wohnungen, bis zu Nähgruppen und natürlich Freizeiten, an denen immer auch Geflüchtete teilnahmen.

Offene Herzen

Die Seniorinnen und Senioren der Gemeinde haben entscheidend dazu beigetragen, dass die Gemeinde nicht nur gewachsen ist, sondern auch, dass inzwischen 40 Prozent der Menschen, die am Gemeindeleben teilnehmen, einen Migrationshintergrund haben. Das Geheimnis: Offene Herzen und die Bereitschaft, jeden Menschen anzunehmen, wie er ist. Als der Gemeindepastor Anfang 2019 für die Opfer der Schlacht um Afrin in Syrien betete, in der Angehörige der Gemeinde leben, waren syrische Muslime zu Gast, die sehr beeindruckt waren. Auf die Frage, welcher Teil des Gebets sie denn am meisten angerührt hätte, meinten sie: „Keiner. Wir haben ja kaum etwas verstanden. Aber die Deutschen neben und hinter uns haben bei der Fürbitte geweint.“ Das Mitgefühl war der Schlüssel, nicht die wohlgesetzten Worte des Gebets.

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Diesen Artikel schrieb Frank Fornaçon für die Zeitschrift Lebenslauf. Lebenslauf erscheint regelmäßig im SCM Bundes-Verlag, zu dem auch Jesus.de gehört.

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