Ein Mann hat offenbar aus persönlichem Frust die Stadtkirche im sächsischen Großröhrsdorf angezündet. Er soll nun neun Jahre ins Gefängnis. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Mehr als sechs Monate nach dem verheerenden Kirchenbrand im sächsischen Großröhrsdorf ist der mutmaßliche Täter am Dienstag zu einer neunjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Kammer des Landgerichts Görlitz sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte Maik H. am 4. August 2023 einen Brand in der evangelischen Stadtkirche gelegt hat. Das Gebäude brannte vollkommen aus. Die Kammer geht von schwerer Brandstiftung aus.
Täter widerruft Geständnis und verstrickt sich in Widersprüche
Der Prozess hatte am 5. Februar in Bautzen begonnen. Verhandelt wurde der Fall in der Bautzener Außenstelle des Landgerichtes Görlitz. Der Heizungsinstallateur aus dem Landkreis Bautzen hatte kurz nach der Tat ein Geständnis abgelegt, dieses jedoch wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung widerrufen. Er sei zwar in der Nacht an der Kirche gewesen, erklärte er, habe aber mit dem Brand nichts zu tun. Die Kammer halte sein Geständnis aber für verwertbar, sagte Gerichtssprecher Reinhard Schade. Es sei authentisch und zeige spezielles Täterwissen. Die Aussagen des mutmaßlichen Täters in der späteren Hauptverhandlung hätten die Kammer dagegen nicht überzeugt, weil es darin Widersprüche gab. Zudem bestätigten Spuren die Täterschaft des Angeklagten.
Laut Kammer litt der Mann nach der Trennung von seiner Ehefrau und drei Kindern unter einer nachvollziehbar schwierigen Lebenssituation. Ein psychologisches Gutachten hatte unter anderem ergeben, dass er eine depressive Episode durchlebte. Von einer Schuldunfähigkeit gingen die Experten aber nicht aus. Die Kammer urteilte, dass er sich seiner Taten bewusst war und planvoll vorging – auch wenn er einen so hohen Schaden wie die Zerstörung des Kirchengebäudes nicht beabsichtigt habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine Revision beim Bundesgerichtshof kann laut Gerichtssprecher Schade binnen einer Woche eingelegt werden.
Entstandener Schaden
Die Schadenssumme wird nach ersten Schätzungen auf rund 35 Millionen Euro beziffert. Bei dem Brand waren zahlreiche historische Kunstschätze zerstört worden, darunter eine geschnitzte Madonna aus dem 15. Jahrhundert und eine Nachbildung des Altars der Leipziger Thomaskirche.
Den allgemeinen Schaden für die Stadtgesellschaft und die Kirchgemeinde wertete die Kammer als strafverschärfend. Die Tat habe zu einem «großen Verlust» geführt, hieß es. Das Strafmaß für schwere Brandstiftung beläuft sich laut Gesetz zwischen einem Jahr und 15 Jahren.
In Großröhrsdorf soll wieder eine Stadtkirche gebaut werden – in welcher Form, das ist noch offen. Rund 480.000 Euro an Spenden kamen bereits zusammen. Der Pfarrer der Großröhrsdorfer Kirchgemeinde, Stefan Schwarzenberg, zeigte sich nach dem Urteil erleichtert.
«Wir sind froh, dass es nun einen Abschluss gefunden hat», sagte der Pfarrer dem Onlineportal «sächsische.de» der in Dresden erscheinenden «Sächsischen Zeitung». Der Prozess habe die Kirchgemeinde noch einmal sehr aufgewühlt. Nach dem Urteil könne die Stadt «zur Ruhe kommen, mit der Trauerarbeit fortfahren und dem Tag entgegensehen, an dem auf dem Kirchberg wieder eine neue Kirche steht».