In einer Online-Erhebung wurden Menschen aus dem freikirchlichen Umfeld nach ihren persönlichen Missbrauchserfahrungen befragt. Rund 16 Prozent gaben an, „sexualisierte Gewalt“ erfahren zu haben.
„UNERHÖRT. Sexualisierte Gewalt im freikirchlichen Umfeld“. So lautet der Titel einer Online-Erhebung, deren Ergebnisse die Journalisten Daniel und Debora Höly jetzt vorgestellt haben. Laut ihren Angaben nahmen zwischen November 2022 und Februar 2023 insgesamt 6.744 Personen an der Umfrage teil (71 Prozent Frauen, 29 Prozent Männer). 5.294 davon seien dem freikirchlichen Umfeld zuzuordnen. Von diesen hätten 873 (16 Prozent) angegeben, mindestens einmal Opfer von sexuellem Missbrauch geworden zu sein. In neun Prozent der Fälle stammte der Täter selbst aus einer Freikirche – 11 Prozent bei Frauen, zwei Prozent bei Männern. Mädchen und Frauen sind demzufolge deutlich häufiger betroffen.
Zwei Ziele hätten sie mit ihrer Studie verfolgt, erklären Debora und Daniel Höly. Erstens, das Ausmaß von sexualisierter Gewalt im freikirchlichen Umfeld festzustellen. Zweitens, den Anteil der Täter zu ermitteln, die dem freikirchlichen Spektrum zuzuordnen seien. Obwohl es sich nicht um eine repräsentative wissenschaftliche Studie handele, ließen die Ergebnisse das Ausmaß erkennen – und den Schluss zu, dass es sich dabei nicht um Einzelfälle handele. „Die hohe Teilnehmerzahl sowie die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass das Thema von Relevanz für den freikirchlichen Raum ist“, bilanzieren die Initiatoren in ihrer Auswertung der Ergebnisse.
Täter kommen mehrheitlich aus der Familie
Bei den Betroffenen, deren Täter aus einem freikirchlichen Umfeld stammten, waren es laut Umfrage mehrheitlich (52 Prozent) Täter aus dem nahen sozialen Umfeld (Vater, Mutter, Bruder, Ehepartner oder andere Verwandte). Fand der Missbrauch regelmäßig statt, wurden vor allem der Bruder (20 Prozent) und/oder Vater (18 Prozent) als Täter genannt. Zum Zeitpunkt des ersten sexuellen Missbrauchs waren 75 Prozent der Betroffenen unter 15 Jahre alt.
Hinsichtlich der Prävention bzw. Aufarbeitung erklärten drei Viertel der Umfrageteilnehmer, dass es in ihren Gemeinden keine Anlaufstelle für Betroffene sexuellen Missbrauchs gebe oder ihnen das nicht bekannt sei. 43 Prozent der Teilnehmer gaben zudem an, das Thema sexualisierte Gewalt werde in ihrer Gemeinde nicht angesprochen. Lediglich fünf Prozent der Betroffenen erstatteten sofort oder später Anzeige. 13 Prozent gaben an, bis heute niemandem von ihren Erfahrungen berichtet zu haben. 75 Prozent begegneten ihrem Täter nach dem Missbrauch weiterhin regelmäßig.
„64 Prozent der Betroffenen durch Täter aus dem freikirchlichen Umfeld erlebten, dass ihnen entweder nicht geglaubt wurde, oder dass ihnen geglaubt wurde, aber niemand etwas unternahm“, schreibt Debora Höly (Hinweis: Die Inhalte des Textes können belastend oder retraumatisierend wirken.“). Etwas mehr als ein Drittel der Umfrageteilnehmer, die heute in deutsche Freikirchen gehen, würden ihrem Pastor oder Gemeindeleiter nicht von einem sexuellen Missbrauch erzählen.
Die komplette Beschreibung, Systematik sowie die Auswertung der Umfrage mit allen Zahlen und Definitionen („sexuelle Gewalt“, „Freikirche“ etc.). steht auf der Webseite dunkhellziffer.de zur Verfügung. Die Umfrage wurde von den Journalisten Debora und Daniel Höly nach eigenen Angaben ehrenamtlich konzipiert, durchgeführt und ausgewertet. Beide unterstünden keiner Ortsgemeinde und keinem Gemeindeverband und arbeiteten unabhängig.
Nunja, Sünden müssen aufgedeckt werden.
Zur Not sogar von Gott selbst.
Es geht nicht nur um religiöse Sünden, es geht um schwerste Straftaten. Und da sind die staatlichen Institutionen gefordert.
Wie wäre es mal mit einem Blick auf die Opfer?
Ach ne, geht ja wie bei EKD und RKK nur um das Erscheinungsbild nach außen und dass man den armen Tätern vergeben muss.
war eine Antwort auf Rainer Scheffler
Auch im freikirchlichen Lager befinden sich Sünder. Es wäre sicher im Sinne Gottes , sie nicht zu verdammen , sondern sie zur Busse und Veränderung durch Jesus Christus zu begleiten. Dies es Gerede über Freikirchen und sexuelle Täter aus ihren Reihen , wirft keine gutes Licht über Freikirchen als solche ,sondern prangert an,siehst mal wo die alle herkommen… Das man sich selber damit vor den Menschen blamiert , und vor Gott sowieso selber schuldig sind , wird schnell unter dem bekannten Teppich gekehrt.
Weil auch in frei-kirchlichen „Gemeinden“ und Familien oft der Schein wichtiger ist als das Sein.
Gott ernst zu nehmen, sieht anders aus …
Wir können die Welt verbessern, aber nicht retten
Lieber Ulrich Wößner, gerade weil ich Gott sehr ernst nehme, glaube ich nicht, dass wir das Problem von Sexualität als Gewalt jemals vollkommen aumerzen können. So lange wir auf Erden leben, werden wir immer wieder, bei uns selbst und bei anderen, allerlei Sünde erkennen. Die Sünde ist ja nicht dasTun im eigentlichen Sinne, sondern keine Beziehung zu Gott zu pflegen. Natürlich muss man in den Kirchen, in allen nahen sozialen Milieus und in der Familie alles tun, um bereits schon übergriffiges Verhalten unmöglich zu machen. Dies lässt sich gut durch heute zumeist auch praktizierte Regelanwendungen erreichen. Und unterstellt, man gehe überall beherzt zu Werke, um keine Praxis des Vertuschens und Schweigens zu betreiben – so wird es auf Erden doch immer wieder Gewalt in jeder Form geben, auch jene der sexuellen Art, was aber auch niemals etwas mit guter gelebter Sexualität zu tun hat. Ich mag auch nicht durch die Bank nur generalisieren, auch in freikirchlichen Gemeinden sei der Schein oft wichtiger als das Sein. Das mag vielleicht hier und da zutreffen, aber es gibt Faule Äpfen und solche, die die vielen die eben gar nicht faul sind. Vorurteile, etwa wenn andere Menschen nicht die richtige Frömmigkeit nach unserem Gustu hätten., würde dies zu Missbrauch führen, ist eben auch nur als Vorurteil eine Abkürzung beim Denken im Gehirn. Und man kann besser damit leben, wenn man eigentlich in den Tendenz vielen unterstellt, sie seien auf einer schiefen Ebene. Die Welt ist nicht heil und deshalb sind Denkverbote nicht dafür zu gebrauchen, sich hiermit wirklich auch Problemlösungen anzunähern. Als Christ kann man immer noch jeden Tag einen Apfelbäumchen der Hoffnung pflanzen, auch angesichts der schlimmen Zustände. Und man darf sich bemühen ein guter Mensch zu sein, denn dies geht nur, wenn man auch das Böse mit dem Guten überwindet. Auch die Pornografie als ein gutlohnendes hochkarätiges Geschäft trägt zur Verrohung und Verelendungen mancher Gedanken bei.
staatlich aufklären, alle Schuldigen vom Staat hart bestrafen, bei institutioneller Schuld hohe Entschädigungszahlungen an die Opfer verhängen und anschließend Organisationen,die sich massiv an Kindern Frauen und auch Männern schuldig gemacht haben, als kriminelle Organisationen verbieten.
Wie bei allen anderen derartigen Straftaten auch, also keine kirchlichen Sonderrechte auf Missbrauch von Menschen.
Und Verjährung aufheben.
Emotionale Umweltverschmutzung
Liebe Chey: Dies alles kann man tun und sollte es dann auch. Aber auch hier werden wir leider keine heile Welt erreichen. Das Böse, welches aus der Fordertür energisch vertrieben wird, kommt öfters durch die Hintertür zurück. Aber doch: Man sollte trotzdem konsequent sein auch im rechtlichen Brereich, dies ist dann wenigstens gerecht. Aber keine Kirche kann ernsthaft nicht über sich selbst zu Gericht sitzen, wenn Menschen dort staatliches Recht brechen. Das obliegt hier nur dem Staat juristisch. Die Kirchenstrafen, die dort ja auch möglich sind, sind dem also nachgeordnet. Und niemand sollte dabei etwas vertuschen. Nur bitte auch bedenken, ein staatliches (oder kirchliches) Gericht kann nur jemand verurteilen, dem man dies ohne Zweifel auch nachweist. Ich meine dabei auch nirgendswo gehört zu haben, die Kirche/n forderten kirchliche Sonderrechte. Sie haben nur das Recht nach Kirchenrecht Mitarbeitende sowie eigene Religionsdiener auch zu verurteilen und müssten es dann auch. Das geht im übrigen sogar im Einzelfall bis zum Rauswurf und dem Entzug der Altersversorgung. Im übrigen ist es überlegenswert, aber juristisch 100%ig extrem schwierig (aus sehr unterschiedlichen Gründen), Pornografie grundsätzlich rigeros zu verbieten. Denn sie suggeriert durch häufig extreme und abstoßende Gewalt, die mit Sexualität im gesunden Sinn keinerlei Gemeinsamkeiten hat: Dass alles irgendwie erlaubt sei, wenn man sich dabei nicht erwischen läßt. Aber mit der weltweit mächtigen Untergrund-Mafia der Pornografie, die damit weltweit Milliarden verdient, wird man vermutlich weiter leben müssen .Aber theoretisch fängt dies schon dort an, wo Menschen im Internet versteigert, oder sich jeder in einer Show eine/n Partner/in erkämpfen kann: Der Mensch als Trophäe. Man darf ja auch Menschen mieten oder Frauen im Ausland kaufen mit Anlieferungsgarantie. Dann meinen leider auch einige, es sei erlaubt sich Kinder einmal auszuleihen. Mit solchen visuellen Einflüsterungen wird das noch gefördert was wir verhindern wollen: Dass Kinder und andere Menschen missbraucht werden. Aber dies geschieht dann zuerst meist in sozialen nahen Beziehungen.
> Ich meine dabei auch nirgendswo gehört zu haben, die Kirche/n forderten kirchliche Sonderrechte.
Sie muss diese nicht fordern, da sie diese hat.
Oder welche andere Institution in unserem Land kann ihre institutionellen Verbrechen selbst untersuchen? Welcher anderen Institution überlässt man es, dass sich die Opfer an diese selbst zu richten haben? usw.
Hier wurde mit dem Mittel der Verjährung doch gezielt dafür gesorgt, dass man mit dem Unrecht durch kam.
Ach, was schreibe ich … steht doch alles in den eigenen Untersuchungsberichten mehr als deutlich drin. Nur willst Du das immer noch nicht wahr haben und relativierst.
Dabei ist das tatsächliche Unrecht an Kindern, Frauen und auch Männern wohl sehr viel größer als bisher bekannt. Wie gesagt ‚Spitze der Spitze des Eisbergs‘ so die Formulierung dieser Untersuchung.
Kann man solchen Institutionen überhaupt noch Kinder anvertrauen? Ich denke nicht.
Kann man solchen Institutionen noch einen in moralischen gesellschaftlichen Dingen Einfluss geben? Ich finde nicht
Kann man solche Institutionen auch noch weiter staatlich fördern? Ich finde nicht.
Bei anderen Institutionen würde man so handeln, aber bei Kirchen gilt halt das Sonderrecht.
„Kann man solchen Institutionen überhaupt noch Kinder anvertrauen? Ich denke nicht.“
Die Kinder werden nicht in erster Linie einer „Institution“ anvertraut, sondern Menschen. Konkret: Ich habe meine Kinder bestimmten Menschen für die Kindergartenzeit und später kirchliche Freizeiten anvertraut und bin nie enttäuscht worden. Diesen Menschen vertraute und vertraue ich immer noch.
Das relativiert keine einzige Schandtat. Darum geht es nicht. Aber ich werde diesen tollen Menschen auch künftig meine Kinder anvertrauen.
Doch, Kinder werden Institutionen anvertraut. Institutionen, die dafür gesorgt haben, dass Missbrauch unter dem Teppich gekehrt wird und Täter über viele Jahre, ja Jahrzehnte ihr Unwesen treiben konnten.
Es gibt viele sehr gute Betreuer, keine Frage. Aber die Institution muss hier reagieren, wenn es Anzeichen gibt, dass dem nicht do ist.
Wie würdest du denn reagieren, wenn du später mal erfahren würdest, dass da doch nicht alles in Ordnung war, die Kirche das über viele Jahre gewusst hat und nur die Täter schützte und nicht die Opfer?
Unfair
Deine Beantwortung meines Kommentares hat kaum etwas mit dem zu tun was ich geschrieben und auch gemeint habe. Was allerdings unsachlich und polemisch ist, ist die Aussage bzw. Frage, ob man einer Institution wie den Kirchen überhaupt noch Kinder anvertrauen dürfe. Da ich noch logisch denken kann, müsste man diese Frage dann praktisch an alle Menschen jeder Institution richten, an alle Vereine und überall wo sich Menschen nah versammeln und dann auch an die Familien. Ich kann trotzdem gut verstehen, dass man an alle Kirchen und Christen extrem höhere Erwartungen hat als an jede andere menschliche Gemeinschaft. Aber die ganze Form wie du momentan mit dem Thema umgehst ist schlicht unfair. Ich schließe mich dem an, was Mark schrieb und relativiere auch nicht. Zitat: >>Die Kinder werden nicht in erster Linie einer „Institution“ anvertraut, sondern Menschen. Konkret :Ich habe meine Kinder bestimmten Menschen für die Kindergartenzeit und später kirchliche Freizeiten anvertraut und bin nie enttäuscht worden. Diesen Menschen vertraute und vertraue ich immer noch<<
Im übrigen müssen Kirchen, wenn sie nach ihren eigenen Regeln über eigene Mitarbeitende und Religionsdiener nach Kirchenrecht ermitteln oder bestrafen wollen, auch im Nachgang zu staatlich-juristischen Verfahren – eben auch ihre Regeln des Kirchenrechtes anwenden. Die Kirchen, auch nicht die katholiche Kirche, haben keine Oberhäuptlinge, die irgend etwas machen können. Das hat aber mit Sonderrechten nichts zu tun. Sonderrechte wären, wenn man höhere Rechte hat als der Staat. Aber das wäre absurd. Es geht ja eben darum, gegebenenfalls zu bestrafen und zu entlassen.
Lies dir einfach die Untersuchungen deiner eigenen Kirche und die dortigen Bewertungen der Umstände in dieser Kirche durch.
Dann sollte dir klar werden, wie falsch du liegst.
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