- Werbung -

Konfirmation mit 42: Journalistin bekehrt sich nach Recherche

Früher war sie stolz darauf, Heidin zu sein, doch als ihre Arbeit als Journalistin sie in Kirchen führte, öffneten sich für Carolin George neue Türen – unter anderem zu Gott. Über ihren Weg hat sie nun ein Buch veröffentlicht.

Frau George, in Ihrer Geschichte gibt es einen Schlüsselmoment: Sie vergießen Tränen in einer kleinen Backsteinkapelle. Schon früher haben Kirchen Sie bewegt, schildern Sie. Was berührt Sie so stark? 

- Werbung -

Mir gefallen kleine, alte Kirchen. Mich berührt es, wenn sie aus verschiedenen Steinen gebaut sind, die Menschen damals vielleicht vom Feld geholt und aufgeschichtet haben. Jeder Stein sieht anders aus. Das berührt mich schon optisch.

Und wenn ich in so einer Kirche sitze, stelle ich mir vor, wie viele Menschen in diesem Raum schon gesessen haben, auf dieser Bank. Was haben sie empfunden? Waren sie traurig? Oder waren sie dankbar, wie ich es gerade bin? Das berührt mich total.

Die Kirchenräume mit den vielen Lebensgeschichten bewegen Sie. Trotzdem dachten Sie lange: Gott und die Kirche brauche ich nicht

Ich war da früher einigermaßen radikal: Das, was in der Kirche erzählt wurde, die traditionelle Gottesvorstellung, das war in meinen Augen doof und hat gereicht, um zu sagen: Das ist nichts für mich! Erst als erwachsene Frau, als ich während einer Recherchearbeit die Kirchen aufgesucht habe, habe ich gespürt, dass etwas passiert, was ich nicht kannte. Das hat mein Interesse geweckt.

Die große Institution Kirche ist mir immer noch ein bisschen fremd. Aber persönlich kriege ich da so viel: Musik, Gespräche, ich kann gehen und kommen, wann ich will, mich fragt keiner nach meinem Mitgliedsausweis. In Kirchen erlebe ich Konzerte, eine Art Wochenend-Workshop, kriege gedankliche Impulse, für die ich sonst ein Seminar besuchen würde …

Und es sind Ihnen in verschiedenen Menschen „Engel“ auf ihrem Weg begegnet

Ich hatte früher den Satz gehört „Du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand“ – und habe mich lange gefragt: Was soll das bedeuten? Die Begegnung mit mehreren Menschen war dann für mich wie eine Begegnung mit Gott.

Ganz krass erlebt habe ich das bei einer Frau, die damals nur eine Bekannte war: Sie hat mir ihre Tür aufgemacht, mich eingeladen, mir Unterstützung angeboten – und mich in keiner Weise verpflichtet, das anzunehmen. Sie hat einfach gefragt: „Möchtest du morgen zu mir kommen und Suppe mitessen, ich koch die eh? Und wenn du nicht kommst, ist es auch nicht schlimm.“ Sie hat mir danach in unserer Freundschaft alle Freiheit gegeben; und wenn’s mir nicht so gut ging, konnte ich ihr das sagen.

Und in solchen Begegnungen haben Sie die Hand Gottes gespürt, die Ihnen entgegengekommen ist? 

Ja. Oft habe ich das damals erst gar nicht gesehen. Aber bei vielen Begegnungen habe ich, auch im Nachhinein, begriffen: Guck mal, da war schon immer jemand, der dich mit allem akzeptiert, was du bist – ich hab’s bloß nicht gemerkt oder richtig wahrgenommen.

Später haben Sie ein Interview mit einer Superintendentin geführt, bei dem Sie gespürt haben: Das gibt mir Raum für meine Seele. 

Ja, das war auch neu für mich. Der Begriff „Seele“ hatte in meinem Leben vorher keine Rolle gespielt. Ich habe alles mit meinem Verstand ausgemacht. Da war ich mir sicher, dass ich die richtige Entscheidung treffen würde. Die Superintendentin hat mir dann wirklich den Raum für ein ganz neues Erleben aufgemacht.

Sie schreiben viel über die Sehnsucht tief in Menschen. Ist Glauben eine Antwort auf diese Sehnsucht? 

Das kann ich mir gut vorstellen. Bevor ich meinen Weg gefunden habe, habe ich mich oft gefragt, warum Menschen eigentlich glauben. Ich hatte ja das Gefühl, ich brauche das nicht. Heute würde ich formulieren: Ich spüre Gott und vertraue darauf, das ist für mich Glauben.

Im Zusammenhang mit Ihrer Konfirmation mit 42 Jahren zitieren Sie den Satz des US-amerikanischen Schauspielers John Barrymore: „Oft kommt das Glück durch eine Tür herein, von der man gar nicht wusste, dass man sie offengelassen hatte.“ Ist darin Ihre Geschichte vor der Konfirmation zusammengefasst? 

Total! Den Satz hat mein Vater für mich ausgesucht. Interessanterweise waren mein Vater und ich lange stolz darauf, die „Heiden“ der Familie zu sein, die an nichts glauben (lacht). Und er hat diesen Satz rausgesucht – und das hat mich voll berührt. Ich dachte: Genauso ist es! Ich hatte keine Ahnung, dass diese Tür offenstand und hätte nie damit gerechnet, dass mir das passiert.

Sie beschreiben Ihren Status heute als „neu geboren“. Früher schien das undenkbar. Wenn Sie sagen, Ihr Vater und Sie waren stolz darauf, die „Heiden“ der Familie zu sein – denken Sie heute: Gott hat auch Humor?

(lacht herzlich) … auf jeden Fall! Humor. Und Geduld. Ich habe Gott zu meiner Konfirmation einen Brief geschrieben – und die Antwort war: Du bist mein Rekord, was die Dauer des Wegs zu mir betrifft. Und: Gott hat mit mir gelitten, wenn ich mich unfrei gefühlt habe – er hat sehnsüchtig auf mich gewartet. Ich war vorher sehr klar gegen Gott – das hat er einfach ausgehalten …

Und „neu geboren“? Ich spüre tatsächlich viel Kraft und Freiheit. Früher dachte ich: Wenn ich mich an etwas binde, dann bin ich komplett unfrei. Aber mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich jetzt viel freier bin als vorher. Weil ich immer dachte, alles liegt in meiner Hand. Und jetzt ist es eine unfassbare Befreiung zu wissen, dass eben nicht alles in meiner Hand liegt. Ich kann gar nicht alles beeinflussen. Und ich kann Dinge einfach ziehen lassen.

Interessant ist: Sie haben über jeden Abschnitt Ihrer Lebensetappe einen Bibelvers geschrieben. Offenbar liegt darin auch eine große Kraft. 

Ich habe mich noch nicht richtig getraut, die Bibel zu lesen, weil ich fürchte, das verstehe ich alles nicht. Aber ich bekomme seit Jahren morgens per E-Mail tägliche Bibelworte – und daraus habe ich die Sprüche über meine Lebenskapitel genommen. Denn diese lange im Voraus ausgelosten Bibelverse passen total zu dem, was ich gerade erlebe!

Das find ich faszinierend: Wenn ich überlege, wie alt diese Worte sind – und dass es heute immer noch passt. Manchmal fasziniert es mich, manchmal tröstet es mich, manchmal gibt es mir Kraft und manchmal sagt es mir auch gar nichts. Aber es fasziniert mich zu lesen, was vor tausenden Jahren geschrieben wurde.

Was bedeutet das, was Sie sonntags in der Kirche erleben, für Ihren Alltag? 

Das bedeutet für mich Vertrauen, Mut, Kraft, Gelassenheit, Liebe, Freiheit und inneren Frieden, Ruhe – und das jeden Tag.

Vielen Dank für das Gespräch!


lebenslust 4/21

Dieses Interview erschien zuerst in der Zeitschrift lebenslust (Ausgabe 4/21). lebenslust ist ein Produkt des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört. Die Lebensgeschichte von Carolin George trägt den Titel „Und dann kam Gott“ und ist im Brunnen Verlag erschienen.

Zuletzt veröffentlicht