„Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne.“ Viele Kinder ziehen gemeinsam mit ihren Eltern am 11. November singend beim Laternenumzug um die Häuser. Doch warum ist das so und was hat es mit der Martinsgans auf sich?
Jung. Stark. Mutig. Hilfsbereit. Der heilige Martin war Soldat. Kämpfte für Gerechtigkeit. Für die Menschen. Und er half den Menschen, die ihm begegneten. Gab ihnen zu essen. Versorgte ihre Wunden. Teilte seine Kleidung. Eines Nachts begegnete ihm Jesus im Traum und er hing daraufhin seinen Soldatenberuf an den Nagel, um noch näher an den Menschen dran zu sein, um ihnen noch besser helfen zu können, um noch stärker seine Berufung zu leben. Und die Menschen vertrauten ihm. So sehr, dass sie ihn eines Tages baten, einen wichtigen Posten zu übernehmen. Doch demütig wie der inzwischen nicht mehr ganz so junge Mann war, war ihm das zu viel. Und so versteckte er sich. In einem Gänsestall.
Die Leute suchten ihn, wollten ihn überreden, doch diese wichtige Aufgabe zu übernehmen, weil sie sich keinen besseren dafür vorstellen konnten. Doch sie fanden ihn nicht. Er war spurlos verschwunden. Mit einem Mal hörten die Menschen ein Geräusch. Ein Geschnatter. Aufgeregtes Schnabelgeklapper. Es kam aus dem Gänsestall. Sie gingen hinein und fanden den Gesuchten. Und sie überredeten ihn, mit ihnen zu kommen. So wurde aus dem einfachen Mann, aus dem hilfsbereiten Soldaten ein Bischof. Bischof Martin von Tours. Der heilige Martin. Sankt Martin. Der Tag der Grablegung Martin von Tours‘, der 11. November 397, wurde zum Gedenktag. Ein Tag, an dem man sich an Nächstenliebe, Demut und Barmherzigkeit erinnern soll.
So besagt es die Legende. So erzählen es die Geschichten rund um den Martinstag, Martinistag oder Sankt-Martins-Tag. Doch die Geschichte, die auch in dem bekannten Martinslied besungen wird, trat erst im 19. Jahrhundert als inhaltlicher Bezug zu dem bereits vorherrschenden Brauchtum.
St. Martin: Viele Bräuche, eine Legende
Der 11. November war bereits im Mittelalter der Tag, an dem die Bauern ihr Erntejahr beendeten. Neuer Wein konnte probiert werden und weil man die meisten Tiere eh nicht durch den Winter bringen konnte, wurde noch mal geschlachtet. Pacht-, Zins- und Besoldungsfristen begannen und endeten an dem Tag. Außerdem startete man in die Fastenzeit vor Weihnachten und schlemmte vorher noch mal so richtig. Kinder zogen am Abend des 10. November von Haus zu Haus, sangen Lieder und erbaten Süßigkeiten. Dieser sogenannte Heischebrauch erinnert stark an das amerikanische Halloween. Überall entbrannten am Abend des 10. Und 11. November Feuer auf, die Menschen wärmten sich und tanzten um die Feuer herum.
Damit der Gedenktag Sankt Martins nicht nur aus Bräuchen bestand, sondern auch inhaltlich untermauert war, trat später die Legende des Bischofs von Tours hinzu, ebenso die Erzählung von der Mantelteilung, die stark an die Geschichte vom barmherzigen Samariter erinnert. Zudem sollten die Heischeläufe der Kinder und die vielen Feuerstellen geordneter und kontrollierter stattfinden. So entstanden der Laternenumzug, der das Martinssingen umfasste, und das Sankt Martinsfeuer.
Kein Glaube vom hohen Pferd
Ehrlicherweise habe ich die alte Geschichte des Martin auf dem h o h e n Pferd in letzter Zeit eher kritisch gesehen. Es ist da hohe Pferd, das von Oben herab des Helfens, was wir vielleicht allzu oft unreflektiert übernehmen könnten. Allerdings bin ich mit dem St. Martin wieder versöhnt, wenn ich den Ende der (oft nicht so bekannten) Geschichte lese: „Eines Nachts begegnete ihm Jesus im Traum und er hing daraufhin seinen Soldatenberuf an den Nagel, um noch näher an den Menschen dran zu sein, um ihnen noch besser helfen zu können, um noch stärker seine Berufung zu leben“! Gott hilft eben auch nicht von oben herab. Er wurde ein Mensch wie wir und ging dann wie manche/r auf dieser Erde durch tiefste Tiefen, am Ende sogar beim grausamen Tod am Kreuz. Da sitzt Gott nicht auf einem riesigen Pferd, auf dem Thron des Universums, wo ihm alle Macht gegeben ist zu tun was er will: Aber er wird ein kleiner Mensch, er erlebt furchtbare Todesangst und dann unsägliche Schmerzen. Die Solidarisierung des Himmels mit dem Menschen ist allumfassend. Im Grunde ändert dies jedes Gottesbild, denn der sich Gott nennt wird einst mit uns zelten (wohnen).
Nicht jeder Laternenumzug in diesen Tagen geht auf St. Martin zurück, der schließlich aus dem katholischen kommt.
Im protestantischen gibt es z.B. auch das Martinisingen. Sowohl vom Datum (10.11) als auch vom Namen her zum Verwechseln ähnlich geht das aber auf Martin Luther zurück (der hatte am 10.11. Geburtstag)
Daneben gibt es weitere lokale abweichende Hintergründe.
*bin-heute-in-klugscheiß-stimmung* 😉
Die Geschichte von Martins Mantelteilung hat mich tatsächlich noch nie an die Geschichte vom barmherzigen Samariter erinnert …