Die Trauerkultur befindet sich im Umbruch: Nach einer Umfrage brauchen immer weniger Menschen einen festen Ort für ihre Trauer. Lockerungen der Sargpflicht werden von vielen begrüßt.
Das traditionelle Grab auf dem Friedhof verliert für viele Menschen an Bedeutung. 64 Prozent benötigen keinen festen Trauerort, wie eine am Mittwoch in Königswinter präsentierte Forsa-Umfrage im Auftrag der Verbraucherinitiative Bestattungskultur Aeternitas ergab. Zugleich hätten sich fast drei Viertel der Befragten für Ausnahmen von der Sargpflicht ausgesprochen. Für die Studie wurden den Angaben zufolge im Rahmen einer repräsentativen Zufallsauswahl 1.002 Menschen ab 18 Jahren befragt.
21 Prozent benötigen demnach einen festen Ort für ihre Trauer um Verstorbene und das Gedenken an diese. Dieser müsse aber nicht auf dem Friedhof sein. Nur elf Prozent gaben den Angaben zufolge an, dass sie dazu ein Grab auf dem Friedhof bräuchten. Bei der Sargpflicht sind 76 Prozent für Ausnahmen. 14 Prozent gaben an, dass die Verwendung eines Sarges bei der Bestattung immer vorgeschrieben sein sollte.
Sargpflicht nur noch in Sachsen und Sachsen-Anhalt
Derzeit sind Sachsen und Sachsen-Anhalt laut Aeternitas die letzten Bundesländer, die eine ausnahmslose Sargpflicht bei der Bestattung vorschreiben. Alle anderen Bundesländer sehen Ausnahmen insbesondere aus religiösen Gründen vor, manche haben die Sargpflicht ganz abgeschafft. Auch verlangen Krematorien aus technischen Gründen die Verwendung eines Sarges.
Vielen Menschen sei unter Umständen nicht mehr bewusst, wie hilfreich ein Grab auf dem Friedhof für die Trauer sein kann, gab der Aeternitas-Vorsitzende Christoph Keldenich zu bedenken: «Das mag auch daran liegen, dass ihnen die häufig guten Angebote der Friedhöfe nicht bekannt sind.» Keldenich zufolge geht der tiefgreifende Wandel der Bestattungskultur mit der Auflösung traditioneller Rituale und Familienstrukturen einher.

Ist der Einsame im Tod nur Müll?
Natürlich kann man Einsamkeit mit Kaffee und Kuchen auch auf jedem Friedhof bekämpfen. Allerdings haben unsere Politiker/innen hier bei den Lockerungen der Bestattungen, deutlich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Das eigentliche Problem sind die sehr durch die Decke gehenden Preise vor allem der Bestattungsbranche. Nun gibt es überall Mythen, die so oft nicht der Wahrheit entsprechen. Dies gilt auch für die reine Lehre, der Markt würde alles immer regeln. Meist eben auch nicht. Sonst müssten nicht die Großbetriebe, seien es Autohersteller oder jene von Stahl, mit Bundeskanzler und Minister zusammen kommen. Würde der Markt nur Gutes bewirken, wäre nie reguliert worden, würde heute vermutlich noch die Sklaverei herrschen, weil der Markt ein Versprechen auf Gegenwert ist für alles, was wir (un)gerne bezahlen. Man hätte also der Trauerbranche in ihre Hände fallen müssen, wenn Menschen nicht mehr die Beerdigung bezahlen können und nicht aus Naturverbundenheit öfters nur noch die Billigarten letzter Reisen unter dicken Bäumen oder anonym im Wald auswählen. Sterbeversicherungen werden bald anderes lieber versichern.
So handeln wir doch mit Gesetzen auch, damit niemand einfach aus seiner Wohnung vertrieben wird, wenn Gesetze Mietwucher bestrafen, oder den Verkauf von Drogen, auch bei Alkohol an Kinder. Wenn die Trauer zu teuer wird, man sich zuhause unter dem Apfelbaum beerdigen lässt und für den Transport der Urne nicht bezahlen muss, dann wird irgendwie die Würde auch von Verstorbenen zur reinen (Neben-)Sache. Es fehlen Orte und Gelegenheiten, sich religiös oder unreligiös von Toten zu verabschieden, gemeinsam mit anderen Menschen und dort in Trauer und Leid oder Verzweiflung aufgefangen zu werden. Es ist schon zynisch, dass ich mich auch im Rhein versenken darf, nur um Geld sparen zu müssen. Leider hat dieses Thema viel mit Kultur zu tun und hier wird Kultur mit ihren vielen möglichen Gefühlen und auch sinnvollen Ritualen sehr beschädigt. Was am Ende womöglich bleibt, ist eine schmale Standartvoraussetzung, wie man sich vom lieben Menschen endgültig auf Erden verabschiedet und da wir unheilbare Individualisten sind, eben doch im kleinen Rahmen und ganz privat. Nur dass der Arme, der wenig oder keine Freunde hat, dann am schlechtesten wegkommt. Der braucht keinen Pfarrer, kein Beerdigungsunternehmen und niemand der noch erscheint und ich frage mich, wer ihn dann in der billigsten Variante unter die Erde oder in die Urne bringt? Ich hoffe, wir sehen unbegleitete Erwachsene nicht als Müll an. Oder?