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„Es gibt lebendige Kirche Jesu Christi ohne all diese Strukturen“

Superintendent Mirko Peisert besucht Südafrika und stellt fest: Kirche funktioniert ohne Kirchensteuer, Leitungsstrukturen und Berufsbeamtentum – und auch digital.

Was war der Grund für Ihre Reise nach Afrika?

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Mirko Peisert: Kirche steht vor enormen Herausforderungen, muss sich verändern, sich öffnen. Das ist auch das Alltagsgeschäft für mich als Superintendent. Ich hatte die Hoffnung, dass ich in einem ganz anderen Kontext auch einen anderen Blick auf die Kirche hier kriege und lernen kann.

Wofür oder wem gegenüber muss Kirche sich öffnen?

Ha, Sie fragen nach dem Öffnen und nicht nach dem Verändern. Der Veränderungsdruck ist allein schon aus finanziellen Gründen wichtig. Kirchengemeinden erreichen nur einen sehr kleinen Ausschnitt, nicht nur der Gesellschaft, sondern auch ihrer eigenen Mitglieder. Da müssen wir neu über Öffnung nachdenken.

Was war ein besonders eindrückliches Erlebnis auf Ihrer Reise?

Ich war zu Gast in der Kap-Kirche, das ist eine der vier lutherischen Kirchen im südlichen Afrika – weiß geprägt. Nach 1995 sind die Gemeinden unterschiedliche Wege gegangen: Die einen haben sich geöffnet, die anderen haben weiter ihre eigene Tradition und weiße Kultur geprägt. Jetzt, 25 Jahre später, ist zu beobachten, dass die, die sich geöffnet haben, lebendig sind und wachsen. Die, die sich der Öffnung verschlossen haben, die nur auf den Kern geguckt haben, das sind heute sterbende Gemeinden oder welche, die es schon gar nicht mehr gibt. Letztlich geht es also ums Öffnen oder Sterben. Für Deutschland habe ich die spannende Frage mitgenommen: Welche Öffnung haben wir schon verpasst? Und welche Öffnungen sind jetzt notwendig?

Was würde Sie in Bezug auf Kirche sagen, in welchem Konzept bewegen wir uns: Interkulturalität, Multikulturalität, Transkulturalität, …?

Ich würde sagen, in Deutschland müssen wir insgesamt noch diversitätsfähig werden. In Südafrika gibt es eine große Vielfalt an Sprachen, Kulturen, Weltanschauungen. Und gerade weil es diese Vielfalt gibt, ist den einzelnen die eigene Identität sehr wichtig; das ist mein Eindruck. Es gibt eine große Toleranz einerseits, andererseits legt man auch viel Wert auf eigene Traditionen und die eigene Geschichte.

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Was können wir von der Kirche in Südafrika – jenseits von Diversität – lernen?

Da kann ich eine ganze Menge sagen. (lacht) Ein schönes Beispiel ist Digitalität. Die Kirchen sind viel digitaler. Ich war in einer Gemeinde zu Gast, die 500 Gemeindemitglieder hat. Und alle diese Gemeindemitglieder sind in einer WhatsApp-Gruppe. Das wäre in Deutschland völlig undenkbar (lacht). Es gibt jeden Morgen eine Andacht über WhatsApp und die Veranstaltungen werden auch darüber geteilt. Diese Gruppe funktioniert einseitig; es gibt aber auch eine zweite Gruppe, in der alle diskutieren können. Das fand ich total beeindruckend, wirksam und effektiv. Und das ist bei der Gemeinde kein Sonderfall, sondern eher Standard. Ebenso wie, dass die Gottesdienste live gestreamt werden. Das ist bei uns ja nach wie vor eher die Ausnahme.

Ein anderes Thema, das ich auch für den Vergleich zu Deutschland spannend finde: Essen spielt eine große Rolle. Es gibt im Gemeindealltag keine Veranstaltung, bei der nicht gegessen wird. Wenigstens ein kleiner Imbiss oder ein Kirchencafé ist immer dabei. Dadurch wird Gemeinschaft ganz anders gelebt.

Gibt es etwas, dass Sie nach Ihrer Reise neu wertschätzen können?

Es gibt in Südafrika keinen Religionsunterricht, keine kirchlichen Kindergärten und auch keine Diakonie in dem Sinn, wie wir sie haben. Das ganze System der freien Wohlfahrtspflege fehlt. Es gibt zwar diakonische Projekte, aber das sind kleine Projekte einzelner Kirchengemeinden. Flächendeckende Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten fehlen. Gerade in so einem Land ist das ein echter Mangel.

Sind die einzelnen Gemeinden sehr stark auf sich gestellt oder gibt es Kooperationen unter den Gemeinden oder enge Netzwerke?

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Natürlich gibt es eine Leitungsstruktur, es gibt Bischöfe und Bischöfinnen, aber das ist im Vergleich zu uns sehr dünn. Trotzdem gibt es ökumenisch sehr weitreichende Zusammenarbeit. Einzelne kleinere Kirchengemeinden organisieren sich gemeinsam und schaffen gemeinsame konfessionsübergreifende Pfarrstellen. Reformierte, Lutheraner, Presbyterianer, Methodisten und Anglikaner kooperieren eng miteinander. Gerade auf dem Land ist es erprobt, dass die sich eine Pfarrstelle teilen. Da gibt es viele Beispiele und richtige Abkommen zwischen den Konfessionen. Und auch an der Uni in Stellenbosch kooperieren viele verschiedene Konfessionen miteinander.

Wie könnte eine deutsche Kirche ohne Leitungsstruktur, Kirchensteuer und Beamtentum aussehen?

Für mich war es eine gute Erfahrung, eine lebendige Kirche ohne all das kennenzulernen. Es gibt in Deutschland die Angst, dass wenn die Kirchensteuer fällt oder es kein Berufsbeamtentum mehr gibt, dass das dann das Ende der Kirche bedeutet. Da habe ich in den Wochen eine Gelassenheit bekommen. Es gibt lebendige Kirche Jesu Christi ohne all diese Strukturen. Die politischen Verhältnisse ändern sich, die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern sich, all das, was wir an Privilegien haben als Kirchen ist schon jetzt in der Debatte und wird noch viel mehr in der Debatte stehen. Wir müssen uns dem stellen und darüber nachdenken. Was man in Südafrika auch gut sehen konnte: Es wird zum Beispiel nicht mehr lange möglich sein, die historischen Kirchen zu finanzieren. Neubau-Kirchen sind eher finanzierbar für die Gemeinden, aber denkmalgeschützte Riesenbauten nicht.

Was nehmen Sie als Superintendent aus Südafrika mit?

Ich würde Kolleginnen, Kollegen und Kirchenvorstände noch mehr ermutigen, im Sinne dieser Öffnung zu agieren. Und ich würde auch vertreten, dass die reine Konzentration auf einen vermeintlichen Kern uns nicht weiterführt. Theologisch habe ich noch einmal bewusst die Kontextualität von Theologie kennengelernt. Das verändert mich in meinem Denken und ich habe auch etwas zum postkolonialen Blick gelernt. Das macht mich kritischer gegenüber Strukturen, die wir hier haben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Hella Thorn

Mirko Peisert ist Superintendent im Kirchenkreis Hildesheim-Sarstedt.


Dieser Artikel ist in im Kirchenmagazin 3E erschienen, das wie Jesus.de zum SCM Bundes-Verlag gehört

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18 Kommentare

  1. Es freut mich, dass Superintendent Mirko Peisert aus Afrika solche Inspirationen und Erkenntnisse mitbringen konnte.
    Doch die allermeisten davon hätte er auch in diversen Freikirchen und bei der Bewegung „Einfache Gemeinde / simple Church“ in Erfahrung bringen können. Ok, da hätte der evangelisch-landeskirchliche Anstrich gefehlt. Aber sonst …
    Ich finde es sehr traurig, dass es aus den großen Kirchen immer noch eine deutliche Aversion gegenüber den Freikirchen gibt und die Haltung so sehr häufig zu finden ist, dass man von solchen nichts lernen könne. Evtl. sollte auch mal darüber nachgedacht werden, ob die zur Schau getragene Arroganz den eigenen Glaubensgeschwistern gegenüber, ebenso dazu beiträgt, dass die großen Kirchen nach und nach aussterben?
    Ich sehe die Zukunft der Kirche letztlich auch in freikirchlichen Strukturen. Der ganze Beamtenkopf in der Kirche sollte eh schon lange der Geschichte angehören. Das würde die Verantwortlichen evtl. endlich mal wieder erden.

    • In welcher dieser Freikirchen hätte er denn diese Diversivität und Toleranz kennen gelernt?

      Freikirchen haben das gleiche Problem wie die Landeskirchen. Sie schrumpfen. Vielleicht aber aus anderen Gründen

      • Hallo Jörg, da sind Sie aber falsch informiert! Unsere Gemeinde in Memmingen ist seit 1996 ein Zusammenschluss einer Baptistengemeinde und einer pfingstlichen Freikirche: Friedenskirche Memmingen. Wir hatten 25 Jahre einen Baptistenpastor und einen Pastor des Bundes Freier Pfingstgemeinden und sind seit 1996 ständig am Wachsen! Wir haben Kirchenkaffee, 200 Royal Ranger, eine starke Jugendarbeit, moderne Bühnentechnik und 2 Gottesdienste am Sonntagmorgen. Sonntagnachmittag ist philippinischer englischsprachiger Gottesdienst und demnächst wahrscheinlich auch nigerianischer Gottesdienst am Samstag. 4-5 Lobpreisbands, Predigten werden aufgezeichnet und online gestellt uvm. Dasselbe sieht man bei vielen anderen Freikirchen in Deutschland, insbesondere im Pfingstbund.

          • Moin anderer Joerg,

            es genuegt nicht auf EINEN Freikirchen-Verband zu schauen.

            Die hier muessten wissen, ob es vorwaerts oder rueckwaerts geht und bei wem: vef.de/

            Aus dem Wikipedia-Artikel zB de.wikipedia.org/wiki/Vereinigung_Evangelischer_Freikirchen
            kann man ableiten, dass zB beim BfP bei Wiki 53.500 Mitglieder in 603 Gemeinden (unklar von wann die Daten, evtl 2007?) betragen haben,
            das bis 2019 auf 62.872 Mitglieder in 836 Gemeinden mit Zweiggemeinden (Stand 2019, vef.de/mitgliedskirchen/bfp) angewachsen war und
            inzwischen bei 64.800 in >900 Gemeinden liegt bfp.de/de/#count

            LG Joerg

            • Die Pfingstler steigen leicht. Wobei das bei unter 65.000 Mitgliedern insgesamt ja eher alles auf niedrigen Niveau ist (zum Vergleich, die EKD hat derzeit noch ca. 19 Millionen). Die BEFG sinken im gleichen Umfang.

              Also bestenfalls eine Stagnation. Und das in einer Situation, wo viele Christen die beiden großen Kirchen verlassen.

              Wie man hier so liest, meinen ja einige, das liegt daran, dass des dort so liberal zugeht. Offensichtlich zieht es aber unter dem Strich kaum jemand zu den Freikirchen. Kann also auch nicht ganz so sein mit dieser Theorie.

              Und ich habe noch so im Hinterkopf, dass statistische Mitgliedszahlen von Freikirchen oft mit Vorsicht zu genießen sind.

            • Was haelst du von dieser Ueberschlagsrechnung fuer Protestanten und Evangelikale:

              Alterskohorten: 11% sind Menschen unter 14 J. Die werden als Getaufte in den Grosskirchen mitgezaehlt.
              Also EKD (ekd.de/statistik-kirchenmitglieder-17279.htm) ~19,15 Mio x 0,89 = 17,0 Mio im Alter von 15 – 115 J.
              3% sind angeblich (Hehner u.an.) in der Kirche „aktiv“ macht 511.000 Protestanten.

              Evangelikale: In den Freikirchen sind es ca. 300.000 Mitglieder. Die sind aber ueberwiegend „Aktive“ (gezaehlt wird ab Glaubenstaufe und/oder ab erklaerter Mitgliedschaft).
              Es gibt stets 5-10% Aktive, die (noch?) nicht Mitglieder sind (da Freiwilligkeit, kein Zwang).
              Es gibt 10-20% autarke Freikirchen/weitere Kleinverbaende, die ausserhalb vom VEF liegen.

              Also so verschieden gross ist die „Menge der Zeugen“ vielleicht gar nicht (mehr)?

              LG Joerg

              Bei den Katholiken herrscht vermutlich (noch) ein groesseres Commitment als in der EKD. Vielleicht 10% Aktive? Andere Meinungen?
              Aktive: Besucher von Gemeindeveranstaltungen, die mitarbeiten, helfen, spenden, etc.

            • Ich würde zunächst einige der Annahmen hinterfragen:
              – stimmen die 3 % bei der EKD?
              – stimmt es, das bei den Freikirchen fast 100 % aktiv sind
              – ist Deine Definition von ‚Aktiv‘ stimmig? Es würden dann auch die zu den überzeugten Christen zählen, die sich dort z.B. einfach nur wohl fühlen. ‚mitarbeiten, helfen, spenden‘ sind keine Glaubensaussagen. Genauso wenig, wie Nichtgottesdienstbesucher eine Aussage ist, dass jemand kein Christ mehr ist.

              Und sollte man Deiner Aussage folgen und die Zahl der Christen läge insgesamt bei unter 1 Million, dann sollte man sofort viele christliche Privilegien und Beteiligungen beschränken, die sich bisher ja vor allem aus der großen Zahl gerechtfertigt haben.

      • Mal ganz nüchtern und unideologisch gefragt: Ist Diversität und Toleranz denn der ausschlaggebende Punkt für den Zuwachs bei sozialen Gruppen? Also bei solchen Gruppen, die sich mehr oder weniger ohne äußeren Zwang vereinen? Nein! Soziologisch betrachtet, geschehen Gruppenbildungen auf anderen Schwerpunkten. Klar, da kann es auch Gruppen geben, deren Schwerpunkt auf Diversität und oder Toleranz liegt.
        Was sagt uns das nun in Bezug auf religiöse Vereinigungen? Dass z. B. das Zwangskonzept (Kindertaufe, Kirchensteuer, Beamtentum innerhalb der Kirche, etcpp.) der großen Kirchen sich in der modernen Gesellschaft unbedingt in eine Belanglosigkeit verlaufen muss und solche in der Gesellschaft nur dann noch eine gewisse Relevanz besitzen können, wenn sie sich gesellschaftliche Entwicklungen immer wieder zu eigen machen. Auf die Dauer macht aber genau dieses Chamäleonverhalten diese unglaubwürdig.
        Auch wenn Freikirchen schrumpfen sollten – was sich auf die Dauer erst noch erweisen muss – wird die Zukunft der großen Kirchen nicht weiter auf deren bisherigen Konzept beruhen können. Sie werden zwangsläufig sich bei den Freikirchen ansehen müssen, wie man auch als kleine Gruppe erfolgreich und beständig ein Gemeindeangebot aufrechterhalten kann.
        Zum Teil mag das Schrumpfen der Mitgliederzahlen bei freikirchlichen Vereinigungen auch daran liegen, dass diese immer mehr verkirchlichen. Immer mehr freikirchliche Gemeinden machen sich unabhängig – aus gutem Grund!

        Btw.: Wenn du meinst, es gäbe keine diversen und toleranten freikirchlichen Gemeinden, hast du deutlich weniger Ahnung von Freikirchen, als du es vermutest. 😉

        • Ich denke, es geht um 2 Punkte:

          Das erste ist das Schrumpfen der großen Kirchen. Hier sehe ich es ähnlich wie Du: Man wird andere Strukturen brauchen und da wird man wohl schauen müssen, wie sich Freikirchen organisieren und finanzieren. Denn irgendwann wird auch mal die üppige Staatsfinanzierung der großen Kirchen wegfallen.

          Der 2. Punkt ist die inhaltliche Ausrichtung, und da glaube ich nicht, dass da die Freikirchen ein Vorbild für die EKD sind. Und so habe ich auch den Text verstanden. Eben erhalt oder gar Förderung von Diversivität und Toleranz.

          > Wenn du meinst, es gäbe keine diversen und toleranten freikirchlichen Gemeinden, hast du deutlich weniger Ahnung von Freikirchen, als du es vermutest.

          Ich kenne einige der Freikirchen in meiner regionalen Ecke und war früher in Hauskreisen, gemischt mit Freikirchlern und Landeskirchlern. Insofern weiß ich, dass es durchaus tolerante Mitglieder gibt. Aber gemeindlich war das oft weit weniger ausgeprägt.

          Aber lass hören: Welche Freikirchen sind den divers und tolerant (im heutigen landeskirchlichen Verständnis). Ich lerne gern was dazu. Wo werden z.B. quere Menschen, die das auch leben, voll akzeptiert

          • Da hätten wir z.B. die Mosaik-Gemeinden, nicht wenige FeG’s, Baptistengemeinden und diverse charismatische Gemeinden. Tatsächlich nimmt die Anzahl der freikirchlichen Gemeinden, die offen kommunizieren, dass sie divers und tolerant sind, beständig zu.
            Dazu muss man allerdings auch über seinen Tellerrand hinaus sehen. 😉

            • > Mosaik-Gemeinden,

              Danke für den Begriff. Das kannte ich wirklich noch nicht. Ist ja hochinteressant. Ich hoffe, dass das Zukunft hat.

              Ich besuche derzeit eine Gemeinschaft, die dem etwas ähnlich ist.

              Ich denke aber weiterhin, dass so etwas im freikirchlichen eher die Ausnahme als die Regel ist. Bei uns in der Ecke sicherlich.

              > Tatsächlich nimmt die Anzahl der freikirchlichen Gemeinden, die offen kommunizieren, dass sie divers und tolerant sind, beständig zu.

              Das fände ich klasse, wenn dem so ist. Ausgrenzend sind genug Gemeinden.

  2. Die Verengung eines geistlichen Blickwinkels

    Lieber Ulrich Wößner: Warum diese Generalopposition? Sicherlich gibt es im Neuen Testament keinen Superintendenten. Da wird auch die Orgel nicht erwähnt, die Synode, die heutige innerkirchliche Demokratie falls vorhanden, sodann die Sozialarbeit und Entwicklungshilfe und auch Internetgottesdienste sind unbekannt. Es gab keine Menschen die Quere sind, die aber heute gerne Christen sein wollen und/oder eine gute Partnerschaft führen möchten. Je mehr ich Ihre Kritik lese um so weniger kann ich sie verstehen. Denn Kirche im Sinne Jesu kann man nicht verengen nur auf einige wenige Aussagen Jesu oder im Neuen Testament. Die Bergpredigt ist ein ganz großer Schatz. Er verkörpert so etwas wie eine uralte Weltethik, die aber auch heute noch fast wörtlich aktuell bleibt und so verfasst ist als sei Jesus sogar Psychologe. Jesus sagt insgesamt viel, was für alle Menschen wichtig ist. Etwa nicht zu generalisieren wenn er fordert wir sollten nicht richten, weil jede Maßstab den wir an anderen anlegen auch an uns angelegt werden könnte. Oder etwa vor allem Friedensstifter zu sein. Den Balken zunächst aus dem eigenen Auge zu ziehen. Gleiches nicht mit gleichem zu vergelten. Er erzählt das Gleichnis vom Barmherziger Samariter: Der Samariter hatte nicht den richtigen jüdischen Glauben. Auch von dem Menschen der unter die Räuber gefallen ist wird nicht berichtet, dass er fromm war im Sinne des Judentums. Hier geht es um Nächstenliebe, also eine Liebe die in diesem Kontext ohne Voraussetzungen ist, so wie Gottes Liebe. Dann gibt es noch das Gleichnis vom Verlorenen Sohn, der nicht von Gott abgeschrieben wird und auch jederzeit nachhause kommen darf. Oder vom Verlorenen Schaf, dass noch nicht einmal seine eigene Schuld erkennt, auch nicht um Hilfe ruft, sondern einfach von Jesus auf die Schultern gelegt und heimgetragen wird. Dem Schächer am Kreuz verspricht Jesus das Paradies, der hatte es ja sicherlich überhaupt nicht verdient. Dann sollen wir auch unseren Mitmenschen unendlich und nie endend immer wieder vergeben. Sollte Gott das nicht auch selbst tun ? Aber das redet die Bibel auch von einem Herrn Saulus, ein wirklicher Ober-Antichrist, der die Urgemeinde verfolgte und den Gott als Paulus zu seinem größten Völkerapostel machte. Wir alle haben es keinesfalls verdient, dass Gott sich auf Golgatha mit uns versöhnte. Statt Dankbarkeit dafür kann man nicht ständig die Lust an der Apokalypse haben, die wohlgemerkt nicht von Gott betrieben wird, sondern die wir selbst durch unsere Kriege und auch den Raub an der Natur produzieren. Christen glauben deshalb an einen gnädigen Gott und nicht an einen Scharfrichter in der Sichtweise des Altertums, der den Abtrünnigen mit dem Tode bestraft. Im übrigen ist es umgekehrt: Anstelle der Strafe an allen Abtrünnigen durch Gott, hat Jesu diese Schuld der ganzen Welt freiwillig auf seine Schultern geladen und alle sind freigesprochen, völlig unverdient. Dafür darf man nur dankbar sein und hoffen, dass Gott daher auch alle Menschen rettet, auch wenn dies nicht mit unserem Gerechtigkeitsempfinden zusammenpasst. Und so gar nicht gut schmeckt manchen Christen, dass unter Glaube, Hoffnung und Liebe die Größte die Liebe sein soll. Liebe ist aber eine Grundhaltung des Unverdienbaren. Niemand braucht sich die Liebe Gottes zu verdienen. Die gibt es kostenlos. Billige Gnade nimmt nur in Anspruch, der sein Leben im Wissen um Gottes Wesen nicht dankbar und in Liebe für Gott und die Menschen umgestaltet. Ich glaube dass Gott auf Golgatha über die Menschheit richtete und die Strafe im Weltgericht nur mit den Mitteln der Liebe geschehen kann. Alles andere lässt sich nicht vernünftig aus dem Gesamtzusammenhang auch den Neuen Testamentes ableiten. Lesen Sie doch bitte mal den 1. Korinther 13 und beziehen sie dies nicht nur auf uns, sondern auf Gottes Wesen. Ich kenne keine andere Auslegung dieser Bibelstelle.

    • Lieber Bernd, du darfst natürlich glauben, was du willst.
      Ich glaube, dass wir im Neuen Testament die maßgebliche Botschaft Gottes haben, und zwar im gesamten Neuen Testament.
      Und hier geht es darum, dass der Mensch ohne den lebensverändernden Glauben an Jesus verloren geht.
      Hier wird der Messias Jesus auch nicht nur als Erlöser, sondern auch als von Gott eingesetzter Richter offenbart.
      Und das gerechte Gericht Gottes ergeht individuell nach den Werken jedes einzelnen Menschen.
      Die Gnade und Liebe Gottes – auch die von 1. Kor. 13 – ist ausschließlich in Jesus zu finden, nirgends sonst.
      Und das ewige Schicksal der religiösen Heuchler und Schauspieler ist im NT eindrücklich beschrieben.
      Du wirst daran nichts ändern …

    • Das sich die ersten Christen Gemeinde und Struktur gegeben haben, findet sich durchaus.

      • Aber die neutestamentliche Struktur ist etwas anderes als die kirchliche Struktur.
        Es geht hier um die Frage, ob diese Dinge dem Willen Gottes entsprechen …

        • In der neutestamentarischen Zeit waren auch die Mitgliedszahlen, regionale Ausbreitung und gesellschaftlichen Umstände anders.

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