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Kommentar: Was die MEHR wirklich besonders macht

KOMMENTAR

Die MEHR 2020 ist vorbei. Nachhaltig begeistert haben Nathanael Ullmann nicht etwa die Größe und die Vorträge, sondern ein Gespräch am Kaffeetisch. 

Die MEHR-Konferenz ist in vielerlei Hinsicht ein beeindruckendes Ereignis. 12.000 Menschen zusammen an einem Ort – das ruft unweigerlich einen Wow-Effekt hervor. Allerdings hat mich nicht die Größe oder die Professionalität am nachhaltigsten berührt. Eher im Gegenteil: Als Theaterwissenschaftler bin ich dafür sensibilisiert, wie wohlausgesuchte Töne und das richtige Licht zum passenden Zeitpunkt einen Menschen beeinflussen können. Ich will dem Gebetshaus-Team keine Manipulation unterstellen. Ich glaube, die Veranstalter sehen in der hochästhetischen Erfahrung eine besondere Form der Anbetung. Und warum sollten nicht auch Christen mal zeigen, was sie künstlerisch draufhaben? Ganz los werde ich das mulmige Gefühl allerdings nie, wenn christliche Veranstaltungen gänzlich durchkomponiert sind. Das wirkt für mich oft ein wenig nach „Heiligem Geist auf Kommando“.

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Hipster trifft Mönch

Nein, das war es also nicht, was mich in den Bann gezogen hat. Viel mehr war es die Ökumene. Dass die MEHR damit wirbt, ist nichts Neues. Das tun dieser Tage viele. Sie live zu erleben, ist allerdings ein ganz anderes Level. Ich habe immer wieder das Gefühl, Christen streiten sich über ihre Denominationen so wie andere über den „richtigen“ Fußballverein. Ökumene schön und gut, ja, aber bitte nur so lange, bis der andere erkennt, dass sie oder er das Christentum leider falsch verstanden hat. Sicher tue ich da manch einer ökumenischen Bewegung unrecht, erlebe jedoch zumindest im Arbeitsalltag zu oft diese Perspektive.

Und dann die MEHR: Kuttenträger treffen in den Augsburger Messehallen auf Typen mit hochgekrempelter Röhrenjeans. Rap-Liebhaber sind genauso willkommen wie Freunde der alten Lobpreislieder. Sie singen zusammen. Sie essen zusammen. Sie reden miteinander. Sie umarmen sich. Sicher würden viele hier ohne zu zögern genau erklären können, warum sie was glauben. Aber: Das ist hier gar nicht Thema. Denn es gibt einen gemeinsamen Nenner: Jesus. Keiner muss bei der MEHR seine Überzeugungen aufgeben. Sie verlieren nur an Gewicht. Sicher, es gibt zwei Gottesdienste, einmal für Katholiken mit Eucharistie und einmal für Protestanten mit Abendmahl. Aber das ist einfach so, ohne es zum Thema zu machen und den Finger in die Wunde zu legen.

Netter Plausch – und mehr

Eine Begebenheit hat mir diese freundschaftliche Verbundenheit besonders deutlich gemacht. Ich habe mit einem alten Schulfreund einen Kaffee getrunken. Während er in der Schlange steht, reserviere ich schon einmal einen Sitzplatz. Plötzlich spricht mich eine Dame an, einfach so. Wir unterhalten uns ein paar Minuten nett und ungezwungen, bis mein Freund mit dem Kaffee kommt. Später fragt er mich, ob die Dame und ich uns gekannt hätten. Wir hätten so vertraut ausgesehen. „Hier sind Christen, da sind alle meine Freunde“, sage ich salopp mit Augenzwinkern. Und merke erst später, dass darin eigentlich viel Wahrheit steckt.

Immer wieder habe ich mich während der Konferenz plötzlich im Gespräch mit wildfremden Besuchern befunden. Jedes Mal war es von Freundlichkeit geprägt. Vor wenigen Stunden habe ich auf Twitter von einem Teilnehmer gelesen, der auf dem Gelände sein Portemonnaie verloren hat. Und natürlich gab es hier einen ehrlichen Finder. Wir Christen haben das freundliche Miteinander nicht gepachtet. Aber wir können es auch – zumindest zeitweise. Für mich war die MEHR in diesem Punkt ein kleines Fünkchen Utopie, ein Quäntchen Vorgeschmack auf das Miteinander im Himmel. Und dafür bin ich dankbar.

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Nathanael Ullmann ist Volontär in der Online-Redaktion des SCM Bundes-Verlags und mitverantwortlich für die Nachrichten auf Jesus.de.

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