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ROH Mit allen Sinnen – die Bibel ins Leben holen

Biblische Geschichten zum Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen: Seit zwei Jahrzehnten ergänzt sich das Ehepaar Annette und Lutz Barth bei ihrer „Sinnenarbeit“. Und erreicht damit jedes Jahr mehrere Tausend Menschen.

Von Catharina Conrad

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Er kam zu spät und weigerte sich zunächst, den Sinnenpark zu betreten: Ein junger Schüler muslimischen Glaubens, der mit seiner Schulklasse an einem Ausflug teilnahm, war der festen Überzeugung, er müsse diesen Firlefanz nicht mitmachen, wo er doch gar kein Christ sei. Doch Lutz Barth schaffte es, ihn zu überzeugen. Schließlich würden christliche Kinder im Religionsunterricht auch vom muslimischen Glauben etwas erfahren – wieso dann nicht auch andersrum? Der junge Besucher willigte ein, Lutz Barth durch den Sinnenpark zu folgen. Er war begeistert! Hinterher kam er extra nochmal auf Lutz Barth zu, schüttelte ihm die Hand und bedankte sich: „Danke, dass ich hier durchlaufen durfte.“

Auf den Spuren Jesu mit allen Sinnen

Dem Sinnenpark gehört die ganze Leidenschaft von Lutz und Annette Barth. Er bietet einen Zugang zu Gott und dem christlichen Glauben über alle Sinne: Hier wird gesehen, gehört, geschmeckt und gefühlt. Im römischen Gefängnis (beim Ostergarten) erfahren die Besucher die Enge und bedrückende Stimmung, die es mit sich bringt, Gefangener zu sein. Als Sinnbild hierfür bekommt jeder Gast anschließend eine schwere Eisenkette überreicht, die für den Rest der Führung mitgeschleppt werden muss. „Was engt dich ein? Was hält dich gefangen?“, fragt der Entwickler und Erfinder des Sinnenparks, Lutz Barth, die kleine Gruppe, die ihm heute durch den Sinnenpark folgt.

Und weiter geht es durch den Park. Die Besucher dürfen am Passahmahl teilnehmen, verweilen mit dem betenden Jesus im Garten Gethsemane, stehen ehrfürchtig unter dem Kreuz, an das Jesus geschlagen wurde. Sie lauschen den Worten eines römischen Soldaten, der sich verwundert fragt, warum Jesus trotz der Schmerzen und des Leids ein vergebendes Lächeln auf dem Gesicht hat. Zuletzt betreten die Besucher durch das Grab Jesu einen wunderschönen, in prächtigen Farben gestalteten Garten: Er symbolisiert die Auferstehung Jesu und das blühende Leben. Hier wird zum Abschluss zusammen zur Musik des hebräischen Volkslieds „Hava Nagila“ getanzt, Hand in Hand.

Die Geschichte des Sinnenparks

Alles begann vor zwanzig Jahren in der Heimatgemeinde von Lutz Barth in Stolberg bei Aachen. Dort gab es zu Ostern eine schlichte Schale, in der drei Kreuze steckten. Diese Idee spannen er und seine Frau weiter und entwickelten mit großem Aufwand einen Ostergarten, der in den Räumen ihres Gemeindeshauses in Linkenheim aufgebaut wurde. Hier gab es für die Besucher bereits einiges zu entdecken: Verschiedene Tonspuren, auf denen (vermeintliche) Zeitzeugen Jesu zu Wort kommen, berichten von den Ereignissen vor und nach Jesu Tod am Kreuz. Das ganze Gemeindehaus war bunt geschmückt. Besonders freute sich Annette über die Reaktion der Kinder und Jugendlichen. „Sogar als nur ein paar bunte Tücher im Gemeindehaus hingen und einen Vorgeschmack auf das boten, was noch kommen sollte, bekamen die Kinder bereits große Augen und staunten: ‚Wow, wie schön das hier wird!‘“ Die Barths plünderten für diese zarten Anfänge des Ostergartens noch ihren halben Haushalt. Für die Dauer der Ausstellung verschwanden der CD-Player, ein Sessel und mehrere andere Utensilien aus dem eigenen Haus.

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Da der Ostergarten so großen Anklang fand, beschlossen Lutz und Annette Barth, ihn über mehrere Monate hinweg einer größeren Öffentlichkeit zu zeigen. Sie erhielten Unterstützung von einem älteren Ehepaar, welches ein Möbelhaus in der näheren Umgebung betrieb. Sie verkleinerten gerade ihr Angebot und stellten den Barths eine leerstehende Halle zur Verfügung. Hier fand nun von Ostern bis zu den Sommerferien eine Ausstellung des Ostergartens statt, durch den Lutz und Annette sowie einige ehrenamtliche Helfer jede Saison mehrere Tausend Besucher führten. Über die Jahre wurde der Sinnenpark stetig erweitert, um weitere Räume ergänzt und liebevoll ausgestattet. Es gehören zeitgenössische Kostüme für die Gästeführer dazu, mehrere Tonaufnahmen, riesige, selbst gemalte Kulissen, Pflanzen, historische Gegenstände und vieles mehr.

Ihren Durchbruch feierte die Sinnenarbeit 2003, im Jahr der Bibel, und 2005, als eine Kooperation mit dem Europapark in der Nähe von Freiburg zustande kam. In zwei aufeinanderfolgenden Jahren war die Ausstellung nun hier zu Gast und lockte viele Besucher an. Eine ausgeklügelte Marketingstrategie war hierfür nie nötig. Die Presse stürzte sich dankbar auf dieses außergewöhnliche Ostererlebnis und war froh, nicht wie jedes Jahr wieder über bemalte Eier berichten zu müssen, wie Lutz Barth augenzwinkernd erzählt.
Um dieses Erlebnis noch mehr Menschen zugänglich zu machen, entwickelten die Initiatoren ein umfangreiches Info- und Materialpaket. Darin ist detailliert beschrieben, wer und was für einen Ostergarten gebraucht wird und wie man günstig an Material kommt.

Ein Projekt mit Folgen

Der Sinnenpark ist deshalb nicht nur eine Bereicherung für die Besucher, sondern ebenso für die Gemeinden, die ein solches Projekt ausrichten. Der Auf- und Abbau, die Führungen durch den Park, die Ausstellung an sich, all das schweißt die Menschen zusammen. Das gemeinsam gestemmte Projekt unterstützt den Gemeindebau, denn es werden beim Sinnenpark sehr viele Begabungen benötigt. Jeder und jede kann sich so einbringen, wie er oder sie möchte. Dies zeigt den Gemeindemitgliedern: Du wirst gebraucht und wir schätzen dich. Das Thema Gemeindebau begleitet Lutz Barth, seit er darüber seine Diplomarbeit im Fach Religionspädagogik geschrieben hat. Bis heute ist es eines seiner Hauptanliegen mit dem Sinnenpark. Darüber hinaus führt diese Arbeit immer wieder zu Allianzen: zwischen evangelischen und katholischen Christen aus Landes- und Freikirchen, auch zwischen Kirchengemeinden, die bisher Schwierigkeiten miteinander hatten. Bis über Deutschlands Grenzen hinaus ist diese Wirkung zu spüren, denn es gab inzwischen auch Ausstellungen in der Schweiz und in Österreich.

Zum Ostergarten sind bis heute weitere Zeitreisen hinzugekommen: Für das Lutherjahr 2017 entstand binnen dreier arbeitsreicher Jahre eine aufwändig gestaltete Reise in das Zeitalter der Reformation. Die Magd Dorothea und der Knecht Johann führen die Besucher zur Wartburg, zum Marktplatz, auf dem die 95 Thesen Luthers veröffentlicht wurden, zum Kloster, in dem er als Mönch lebte und schließlich zu Luther und seiner Frau Katharina, genannt Käthe, nach Hause. Hier werden die Besucher mit Holundersaft und Brotstücken verköstigt. Außerdem gibt es eine Ausstellung zum Motto „Die letzte Reise“, die sich mit den Themen Tod und Trauer auseinandersetzt. Wenn die Ausstellungen gerade nicht benötigt werden, sind sie in einer Lagerhalle nicht weit entfernt vom Wohnhaus der Barths untergebracht. Zum Abtransport der Luther-Ausstellung wurden bis zu drei Siebentonner und ein 24-Tonner benötigt.

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Auf ihrer eigenen Reise …

Die Zeitreisen, die Annette und Lutz Barth entwickelt haben, sind eng mit ihrem eigenen Leben verknüpft. Beide brachten aus jahrelanger Erfahrung mit gemeindlicher Kinder- und Jugendarbeit einiges an kreativen Ideen und nicht zuletzt auch schauspielerisches Talent mit. Lutz Barth hat schon als junger Religionspädagoge Kinder und Konfirmanden mit seinem Bauchreden und seiner Handpuppe Lari begeistert. Für die Zeitreise „Mensch Luther“ sprach er den Luther selbst ein. Ein professioneller Schauspieler brachte ihm dafür bei, wie zum Beispiel ein schreibender Luther klingen könnte, der Wort für Wort betont, so als würde er es während des Sprechens gerade erst aufschreiben. Auch den „alten Luther“ kann Lutz Barth täuschend echt imitieren, indem er seiner Stimme einen rauen, langsamen Klang verleiht.

Auch inhaltlich sind die Themenparks eng an das Leben der Barths geknüpft. In dem Zeitraum, in dem das Material zur „Letzten Reise“ entstand, verstarben im näheren Umfeld der Familie drei liebe Freunde und Verwandte. Besonders schmerzhaft war der Tod von Steffi, die für die Barths wie eine Tochter gewesen war. Mit nur 38 Jahren starb sie völlig überraschend, ein fröhlicher, lebensbejahender Mensch. Sie hinterließ einen Mann und fünf Kinder. Im Themenpark „Die letzte Reise“ fragen die Barths ihre Besucher: „Was würdest du mitnehmen auf deine letzte Reise?“ Es geht um Trauer und eine gute Begleitung Trauernder, aber auch um Hoffnung. Diese wird veranschaulicht durch ein prächtiges Gemälde des zukünftigen Jerusalem, in strahlendem Gold.

Bei der Konzeption und der Umsetzung der Ausstellungen arbeiten die beiden mit einem ehrenamtlichen Team zusammen. Sie unterhalten außerdem gute Kontakte zu Historikern und Theologen, die sie bei der Ausarbeitung ihrer Ideen unterstützen.

Ein rascher Start ins Leben zu zweit

Der Sinnenpark ist das Lebenswerk von Annette und Lutz Barth, die nun schon seit 39 Jahren gemeinsam durchs Leben gehen. Kennengelernt haben sich die beiden in einem Hauskreis. Annette war gerade frisch zum Glauben gekommen, und der begeisterte junge Christ Lutz fiel ihr direkt auf. Gerne wollte sie mehr über seinen lebendigen Glauben erfahren. Als sie für einen Verwandten in einem Blumenladen einen Strauß kaufen wollte, lief sie Lutz sprichwörtlich in die Arme – der arbeitete damals nämlich als Florist.

Die beiden trafen sich kurz darauf, um sich über den Glauben auszutauschen. Noch am selben Abend begleitete Lutz Annette in einen Jugendgottesdienst. Er fand in der Karlsruher Südstadt statt, einem berüchtigten Brennpunktviertel. „Da konnte ich eine Frau nicht allein hingehen lassen.“ Im Gottesdienst werden die Besucher aufgefordert, ihrem Nebenmann oder ihrer Nebenfrau ein „Ich hab dich lieb“ zuzusprechen. „So fing alles an“, erinnert sich Annette lächelnd. Bereits ein halbes Jahr später wurde geheiratet.

Lutz hat als junger Mann den Beruf des Floristen gelernt und sollte ins Unternehmen seiner Eltern einsteigen. Doch kurz vor dem Beginn der Meisterschule beschließt er, lieber auf eine Bibelschule zu gehen. Er entscheidet sich für die Bibelschule „Bergstraße“ bei Darmstadt. Zeitgleich absolviert er ein Studium zum Diplom-Religionspädagogen an einer Fachhochschule. Annette, die gelernte Bankkauffrau ist, sorgt derweil für den Lebensunterhalt der beiden. Nachdem er sein Studium beendet hat, erhält Lutz mehrere Anstellungen in verschiedenen Kirchengemeinden. Eine dieser Stationen ist Linkenheim, wo Anfang der 2000er die Sinnenparkarbeit beginnt. Die Evangelische Landeskirche in Baden fördert dieses Projekt. Wenige Jahre später wird er vom kirchlichen Dienst befreit, um sich als Mitarbeiter der „Missionarischen Dienste“ voll und ganz dieser Arbeit widmen zu können. Annette und Lutz bekommen zwei Töchter, Miriam und Janina; Annette bleibt einige Jahre zu Hause und kümmert sich um die Kinder. Später steigt auch sie mehr und mehr in die Sinnenparkarbeit ein. Es sind ihr Perfektionismus und ihre hohen Ansprüche, die den Sinnenpark zu einem ganz besonderen Erlebnis machen.

Ausblick

Nach 20 Jahren Sinnenpark ist es Zeit, sich nach und nach von dem gemeinsamen Lebenswerk zu verabschieden. 20 Jahre ihres Lebens haben Annette und Lutz Barth viel Zeit, Kraft, Energie und vor allem Herzblut in das Projekt gesteckt. Es war nicht immer leicht, oft blieb das Familienleben auf der Strecke und vor allem Annettes Gesundheit litt stark. Sie musste sich in den letzten Jahren zwei Mal eine neue Hüfte einsetzen lassen. Doch im Gegenzug bekamen beide auch sehr viel von der Sinnenparkarbeit zurück. Immer wieder wurde ihnen gespiegelt, wie sehr Menschen von diesem Projekt berührt wurden. Viele kamen zum Glauben. Und sogar beim vermeintlich kräftezehrenden Aufbau konnten viele Helfer Kraft schöpfen und zur Ruhe kommen. „Ich habe noch nie zuvor erlebt, dass man sich auf einer Baustelle nicht angeschrien hat, berichtet einer der Helfer. Einige der ehrenamtlichen Helfer haben die Zeitreisen mitentwickelt. Daraus entstanden enge Freundschaften, die weit über die gemeinsamen Projekte hinausreichen.

Annette ist mittlerweile nicht mehr für die Sinnenpark- arbeit angestellt. Sie hat im Februar eine halbe Stelle als Assistenz einer Personalleiterin begonnen und ist dabei, sich einzuarbeiten. Daneben ist es ihr wichtig, Freundschaften weiter zu pflegen und Neues auszuprobieren. Sie lernt Englisch in einem Volkshochschulkurs und liest gerne auch mal ein englisches Buch, um das Gelernte anzuwenden.

Lutz Barth ist noch bis zu seiner Rente im Jahr 2023 für die Sinnenparkarbeit angestellt. Seine Aufgabe ist es aktuell, aus dem riesigen Projekt „mundgerechte Häppchen“ zu machen, sodass auch Gemeinden mit weniger Kapazitäten den Sinnenpark in ihrer Gemeinde stemmen können. Nach Ostern wird es ruhiger, sodass sich Lutz seinem neuen Hobby Klavierspielen widmen kann. Beide freuen sich außerdem sehr, dass ihre beiden Töchter und inzwischen auch zwei Enkelsöhne in der Nähe wohnen, mit denen sie gerne und oft Zeit verbringen.

Weiterhin kreativ

Obwohl Annette nicht mehr hauptamtlich für den Sinnenpark zuständig ist, fließen noch viele ihrer Ideen in Lutz‘ Arbeit ein. So wollen sie an Ostern in ihrem Heimatort die Aktion „KreuZung“ starten: An strategisch günstigen Plätzen – am Ortseingang, vor dem Rathaus, neben einer Apotheke, im Einkaufszentrum – werden über zwei Meter hohe Kreuze aufgestellt, die zu ihrem Standort überraschende Botschaften vermitteln. In den Tagen vor Ostern sind die Kreuze noch verhüllt. Auf dieser Verhüllung wird Johannes 14,19 zu lesen sein – gerade in diesen Tagen ein wichtiger Trost. Ab Ostersonntag werden die eigentlichen Botschaften der Kreuze dann zu sehen sein: Am Kreuz neben der Apotheke klebt zum Beispiel ein überdimensionales Pflaster, auf dem steht: „Manchmal hilft (k)ein Pflaster“. Daneben hängt ein Rezept, welches „Vertrauen auf Jesus“ verordnet, unterzeichnet von „Gott, dem Universalspezialisten“.

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