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Sonntagsschutz: Vom Verfassungsgericht wird ein Grundsatzurteil erwartet

Mitte Juni tagte das Verfassungsgericht in Karlsruhe in einer mündlichen Verhandlung zur Frage des Sonntagsschutzes. Das Gericht hat der Verfassungsbeschwerde der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und des Berliner Erzbistums stattgegeben, denen die Aushöhlung des Sonntagsschutzes zu weit geht. Kein Wunder: In der Hauptstadt fällt inzwischen fast jeder fünfte Sonntag aus.

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Seit der Föderalismusreform 2006 sind die Ladenöffnungszeiten Angelegenheit der Länder. Und die nehmen es mit dem Sonntagsschutz unterschiedlich ernst. Berlin steht mit zehn verkaufsoffenen Sonntagen deutschlandweit an der Spitze, in Baden-Württemberg ist die Sonntagsruhe mit nur drei verkaufsoffenen Sonntagen noch gut gewahrt. Auch wenn sich die Beschwerden vornehmlich gegen das liberalste aller Ladenöffnungsgesetze in Berlin wenden, wird das zu erwartende Urteil allgemeinerer Natur sein. Laut Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier möchte das Verfassungsgericht die „verfassungsrechtlichen Grenzen der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen“ im allgemeinen klären.

Für die evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg streitet der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber für den „Erhalt des Sonntags als Tag der kollektiven Arbeitsunterbrechung“, der Raum gebe „für die Frage, was im Leben wirklich trägt“.

In seinem Eingangsplädoyer erinnert Huber daher an das biblische Gebot „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest“ (2. Mose 20, 8 ff.) und die christliche Tradition. Seit den Anfängen der Christenheit sei der Sonntag als Tag der Auferstehung Jesu Christi an die Stelle des Sabbattags getreten.

Die darauf resultierende religiöse Praxis sehen die Kirchen durch ausufernde Ladenöffnungszeiten gestört. Ihre Forderung lautet daher, der ganze Sonntag müsse aus dem Alltag herausgehoben bleiben und „im Gegenüber zur werktäglichen Beschäftigung ein eigenes Gepräge“ behalten. Der Sonntag mache deutlich, so Huber weiter, „dass der Mensch nicht nur durch Arbeit und Leistung definiert ist.“

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Berufen können sich die Kirchen auf Artikel 140 des Grundgesetztes, der wiederum der Weimarer Verfassung entnommen ist. Dort heißt es: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“

Unterstützt wird die Klage der Kirchen in der Sonntagsfrage auch von den Gewerkschaften. Diese setzen sich schon seit Zeiten der Industrialisierung im 19. Jahrhundert für den Erhalt des Ruhetags und den Sonntagsschutz ein, auch wenn die Motive erwartungsgemäß anderer Natur sind. Der Sonntag gebe einen Rhythmus vor, der auch zur „Synchronisation der Gesellschaft“ beitrage. Wäre auch der Sonntag ein allgemeiner Arbeitstag, so wäre jeder Tag Werktag.

Eine Chronologie des Sonntagsschutzes

4. Jahrhundert: Konstantin der Großen (306-337) war der Erste, der die Sonntagsruhe für das Christentum einführte.

17. Jahrhundert: Durch einen von den Puritanern beeinflussten Pietisten kommt die sabbatähnliche Sonntagsheiligung auf. Diese wird aber aufgrund der Industrialisierung in den folgenden Jahrhunderten immer weniger eingehalten.

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1. Juni 1891: Auf die Gewerbeordnungsnovelle von Kaiser Wilhelm II. geht die heute gesetzliche Regelung zum freien Sonntag zurück.

Ende des 19. Jahrhunderts: Die ersten Arbeitergesetze werden beschlossen, diese schränken die Sonntagsarbeit ein.

1919: Die Weimarer Reichsverfassung legt in Artikel 139 fest: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“

1949: Nach Artikel 140 des Grundgesetzes von 1949 ist der Artikel 139 der Weimarer Verfassung „Bestandteil dieses Grundgesetzes“.

1980er Jahre: Seitens FDP, Teilen der CDU/CSU und den großen Einzelhandelsunternehmen wurden die Ladenschlussgesetze in Frage gestellt. Die Folge davon war die Aufweichung der Sonntagsruhe. Dazu gehört z. B. der „verkaufsoffene Sonntag“.

2006: Durch die Föderalismusrefom wird die Diskussion um den Sonntagsschutz wieder entfacht, die insbesondere die Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern neu regelt.
Damit wird auch der Ladenschluss zur Ländersache, die Länder haben die Freiheit, die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage selbst zu bestimmen. Mit zehn Sonntagen, an denen Geschäfte ihre Türen öffnen dürfen, steht Berlin deutschlandweit an der Spitze. Die meisten Länder geben vier Sonntage frei.

EKD-Aktion „Gott sei Dank, es ist Sonntag“

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