Die Entscheidung des spanischen Staates, einen verheirateten Ex-Priester mit fünf Kindern aus dem Schuldienst zu entlassen, stellt keine Verletzung der Menschenrechte dar.
Das hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg am Donnerstag geurteilt. Der Mann hatte den Zölibat aufgegeben, nachdem er sich in seine spätere Ehefrau verliebt hatte, und durfte zunächst als Religions- und Ethiklehrer an einer staatlichen Schule arbeiten. Er wurde jedoch entlassen, nachdem er mit öffentlichen Forderungen nach einem «freiwilligen Zölibat» und anderen Reformen für Aufsehen gesorgt hatte. (AZ: 56030/07)
Der spanische Staat hatte die Entscheidung über die Anstellung des Mannes dem Bischof von Cartagena überlassen, der den unbequemen Lehrer nicht länger dulden wollte. Der Menschenrechtsgerichtshof befand, es liege keine Verletzung des Rechtes auf Privat- und Familienleben vor. Es sei gerechtfertigt, dass die Kirche von Religionslehrern eine besondere Loyalität erwarte, da diese als ihre Repräsentanten angesehen werden könnten, erklärten die Richter. «Jede Kluft zwischen den zu lehrenden Vorstellungen und den persönlichen Überzeugungen eines Lehrers könnte zu einem Glaubwürdigkeitsproblem führen, wenn dieser Lehrer diese Vorstellungen aktiv in Frage stellt.»
Der Gerichtshof verwies auf das Prinzip der Autonomie der Kirche. Allerdings fällte die Große Kammer ihr Urteil mit denkbar knapper Mehrheit: Während neun Richter die Entscheidung trugen, äußerten acht eine abweichende Meinung. Sie zeigten sich der Ansicht, dass sehr wohl eine Menschenrechtsverletzung vorliege. «Die Reaktion des Staates war drastisch», erklärten sie unter anderem. Es sei nicht zu erkennen, dass der Mann im Unterricht der kirchlichen Lehre widersprochen habe, oder dass sich andere Lehrer und die Eltern der Schüler über ihn beschwert hätten. Seine private Situation sei viele Jahre lang dieselbe gewesen.
(Quelle: epd)