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TV-Tipp: Honecker und der Pastor

Nach dem Regimewechsel kamen Erich und Margot Honecker im Januar 1990 ausgerechnet bei Pfarrer Uwe Holmer unter. Jan Josef Liefers hat die Geschichte jetzt verfilmt. Für Ulrich Eggers ist der Film ein Top-Anwärter auf viele TV-Preise.

Eggers: Ab und zu sehen wir in unserer Lebensgemeinschaft gemeinsam Filme, oft empfehlen wir einander Filme und gute Bücher – und sind so schon oft auf wahre Schätze gestoßen! Dieser Tipp hier ist jedenfalls eine ganz große Sache, große Empfehlung von mir: „Honecker und der Pastor“ im ZDF – läuft am Montag, 21. März abends um 20.15 (bereits heute um 20:15 auf arte) – und ist jede Aufmerksamkeit wert! Letzte Woche gemeinsam mit unseren Leuten der Weggemeinschaft via Mediathek angeschaut – Begeisterung bei allen neun! Die vier wesentlichen Schauspieler agieren extrem gut – Uwe Holmer und seine Frau sind verblüffend nah am Original vom Typus und der inneren Aufstellung (zumindest für mich aus der Halbdistanz gelegentlichen Sehens rund um das Allianzhaus – ein feines, sich gut ergänzendes Ehepaar … ). Auch Honecker und seine Margot, herrlich nah am Vorbild. Alle vier agieren in guter innerer Spannung, nicht billig, sondern mit einer glaubhaften Würde und Sperrigkeit und zunehmenden Lösung. Das Wichtigste: Jan Josef Liefers als Regisseur bringt alle mit je eigenem Respekt ein, macht sich nicht lustig über den Glauben, komponiert den Film über die Perspektive des jüngsten Holmer-Kindes super geschickt …

Wie findest Du den Film, Thomas, mittlerweile schon gesehen?

Härry: Ja, Karin und ich waren überrascht von der gelungenen Mischung von Tiefgang und Humor darin. Der Film hat einige Nachgedanken bei mir ausgelöst: Hier wird die Geschichte eines Ehepaars erzählt, das durch diese eine mutige Tat weit über Deutschland hinaus bekannt wurde. In einem kurzen, verdichteten Augenblick ihres Lebens, wie er in dieser Dramatik und Einzigartigkeit vermutlich nie mehr an sie herantritt, haben sie sich als Christen bewährt und sind zu einem leuchtenden Beispiel für die Kraft des Evangeliums geworden. Das hat mir bewusst gemacht, dass manche Menschen vermutlich genau so zu „Heldinnen“ und „Helden“ der Glaubensgeschichte werden: In einem kurzen Moment haben sie das getan, was sonst kaum einer gewagt oder gekonnt hätte. Bei manchen Künstlern ist es dieses eine Lied, durch das sie bekannt wurden und blieben. Bei manchen Autoren das eine Buch, dass sie geschrieben haben und das zum Klassiker wurde. Eine scheinbar kleine Geste erweist sich als Großtat. Jetzt gerade wieder bei der Journalistin Marina Owssjannikowa, die vor wenigen Tagen im regimetreuen russischen TV Sender ein Plakat hisste und ganz Russland mit der Wahrheit über den schrecklichen Ukrainekrieg konfrontierte. Eine mutige Tat, 5 Sekunden lang – und alleine dadurch sticht diese Frau heraus und wird weltbekannt.

Ich frage mich, ob Gott manchen Biografien genau diesen Lebensauftrag zuweist: Sich in diesem einen, besonderen Moment zu bewähren durch Mut, Treue, Tapferkeit. Bei den meisten anderen ist es eher die Summe ihrer langjährigen Lebensleistung, die in der Länge ihr Gewicht und ihre Qualität bekommt: Mutter Teresa, John Stott, Wendell Berry, Nelson Mandela, Billy Graham. Was ich sagen will: Holmers haben sich selbstverständlich wie andere in lebenslanger Treue im Dienst für Gott bewährt. Aber nicht das macht sie besonders. Es ist dieser herausragende Akt der Gastfreundschaft für Honeckers, der ihren Glauben noch mal besonders hell aufleuchten lässt. Und ich frage mich: Was hat Gott mir aufgetragen? Soll es auch den einen Moment geben, an dem sich Glaube und Treue in einem besonderen Einzelereignis bewähren soll? Oder besteht die Wirkung meines Lebens eher in der Summe der vielen kleinen Akte der Nachfolge? Kann man das überhaupt nach vorne denken, oder erschließt sich das immer erst im Rückblick – wenn überhaupt? Verstehst du, was ich meine?

Eggers: Ja, starker Gedanke! Wodurch ragt ein Leben heraus? Worauf steuert ein Leben zu? Wofür rüstet uns unser bisheriger Weg aus? Das sind ja manchmal ganz punktuelle einsame Spitzen-Momente, in den wir uns richtig verhalten – oder nicht. Die Holmers haben immer einen mutigen und unangepassten Weg durch dieses DDR-System gegangen und haben eine große Familie fit für die Zukunft gemacht – allein das ist ja auch eine Lebensleistung. Und dann kommt so ein spitzer Moment in der Geschichte – und dazu das fokussierte Interesse vieler Medien, das hier zu Recht gute Leute ins Licht hebt als Beispiel für einen starken Glauben. Zugleich denke ich: wie viel solches Heldentum gibt es unter uns, das ungesehen bleibt – aber großen Applaus verdient hätte und großen Dank, weil es unendlich viel Segen bringt: Die Eltern, die treu bei ihrem behinderten Kind bleiben. Die Kinder, die sich treu um die zu pflegenden Eltern sorgen. So viele Dienste rund um karitative Organisationen, in Krankenhäusern, Gemeinden, Freundschaften – viel ungesehenes Heldentum bis hin jetzt zur neuen Flüchtlingskrise. Punktuell oder auf Strecke …

Härry: Ja, auf jeden Fall. Es gibt bestimmt mehr ungesehene Heldinnen und Helden des Glaubens und des Lebens, als solche, die gefeiert werden. Ich will das aber nicht gegeneinander ausspielen. Hier bei Holmers bewegt mich einfach dieses Aufleuchten in einem spezifischen historischen Moment mit seiner einzigartigen Leuchtturm-Wirkung nach außen. Dieses Zeichen, das Widerspruch hervorruft, aber eben auch viel Respekt und Zustimmung.

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Eggers: Einer der Höhepunkte im Film für mich übrigens: Holmer wird in einer TV-Show konfrontiert mit einer Geschädigten eines Jugend-Werkhofs – aller Frust und Hass gegen die Honeckers flutet aus ihr heraus, sehr glaubwürdig dargestellt: Absolute Abwehr dagegen, dass Holmers „diese Verbrecher“ ihres Lebens nun auch noch bei sich aufnehmen … Wie kann man nur! Und dann eine weise Reaktion Holmers, die alle Spannung aufrechterhält, mit Respekt den Schmerz akzeptiert – aber eine starke christliche Perspektive gibt: Wir verbittern und versteinern, wenn wir nicht vergeben können irgendwann. Ganz stark gelöst, ganz starker Impuls, den man in jeder Predigt verwenden könnte!

Härry: Ich fand das ebenfalls eine starke Szene. Eindrücklich, wie Holmer im Film darauf reagiert hat. Ich weiß nun nicht, ob es sich genau so abgespielt hat, oder ob da auch das Drehbuch ein Stück mitgeformt hat. An anderen Stellen, zum Beispiel bei einigen persönlichen Gesprächen zwischen den Holmers und den Honeckers, empfand ich manche Aussage auch der Holmers ein Stück trotzig und hart. Ich finde es gut, dass der Film das nicht aufgeweicht hat, denn es erging mir vor Jahren beim Lesen des Buches von Holmer an manchen Stellen ähnlich. Ich konnte nicht überall mitgehen. Aber das erklärt sich vermutlich aus Persönlichkeit, Lebensverlauf und Erfahrung in der DDR. Meine Frau und ich sagten nach dem Film zueinander: Da treffen aber vier Menschen mit harten Schädeln aufeinander. Jede dieser vier Personen ist innerhalb ihrer „Glaubenswelt“ sehr davon überzeugt, recht zu haben – und kann anderes schwer zulassen. Die Welten finden nicht zueinander.

Eggers: Ja, Zustimmung, das ist mir auch so gegangen – da treffen Welten aufeinander, die jeweils bleibend zu sich selbst stehen. Das hat ja immer auch etwas – und kann zugleich mühsam sein, merken wir in den Gemeinden. Ich denke, man brauchte das in der DDR im Gegenüber zum Staat – und es war sicher eines der Merkmale des landeskirchlichen Pietismus, aus dem Holmers kommen. Ich will jetzt dringend das Buch dazu noch mal lesen – der Film hat es wohl mit als Vorlage benutzt und saustark umgesetzt. Es war damals bei uns im Hänssler-Verlag ein absoluter Best- und Longseller und wurde jetzt neu aufgelegt: Uwe Holmer, Der Mann, bei dem Honecker wohnte. Ich habe es damals vor lauter Berufsstress nie geschafft. Übrigens ist der ZDF-Film für mich ein Top-Anwärter für viele TV-Preise inklusive des Goldenen Kompass der KEP! Also: Film unbedingt ansehen – lohnt auch als Info im Gottesdienst am Sonntag: TV-Tipp – und dann mit dem Buch von Holmer nochmal vertiefen. Bin selbst gespannt darauf …


Der Mann, bei dem Honecker wohnte, erschienen im Verlag SCM Hänssler (Leseprobe). SCM Hänssler ist Teil der SCM-Verlagsgruppe, zu der auch Jesus.de gehört.

Der Dialog zwischen Thomas Härry und Ulrich Eggers geht weiter:
www.EggersundHaerry.net

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