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Wolfgang Thierse: „Christen sind nicht die besseren Politiker“

Politische Auseinandersetzungen werden immer aggressiver, meint SPD-Urgestein Wolfgang Thierse. Christen könnten Demut in diese Schlachten bringen.

Herr Thierse, es gab im vergangenen Jahr eine Debatte um die Frage von Identitätspolitik; da wurde manches auch über Sie geschrieben. Wenn ich es richtig verstanden habe, war Ihr Anliegen, zu sagen: Kümmert euch bitte nicht nur um euch selber, sondern um das Gemeinwohl, um die Gesellschaft!

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Thierse: Ja, meine Beobachtung war – und das war das Motiv, mich zu äußern –, dass die Auseinandersetzungen in unserer Gesellschaft immer aggressiver werden. Dass Demokratie auch mit Streit verbunden ist, das ist in Ordnung! Aber wie dieser Streit ausgetragen wird, das ist wichtig für die Demokratie.

Wir leben in einer vielfältigen, pluralistischen Gesellschaft, wo jeder das Recht hat, die eigenen Ansichten und Interessen zu vertreten. Aber wir müssen genauso viel Anstrengungen unternehmen für das Eintreten dessen, was Gemeinsinn ist, das Gemeinsame. Also: Ja zum Streit, zum Einsatz für die gleichen Rechte aller, aber eben auch Leidenschaft für das Gemeinsame, das Verbindende, das Verbindliche. Das war mein Appell.

Sie sind immer ein Mensch und Politiker gewesen, der mutig über Werte gesprochen hat. Sie waren Vorsitzender der Grundwertekommission in der SPD, sind heute noch Sprecher des Arbeitskreises von Christinnen und Christen in der SPD. Warum ist Ihnen das wichtig, in die Debatten auch immer die grundsätzlichen Wertefragen einzubringen?

Mich haben immer die grundsätzlichen, langfristigen Fragen von Politik interessiert: Was sind unsere Ziele? Und was hat das, was wir heute tun, mit diesen langfristigen Zielen zu tun? Das ist eine Prägung, die ich mitbekommen habe: Ich bin Christ – und ein Christ hat die Pflicht, immer darüber nachzudenken, ob das, was er tut und entscheidet, auch mit dem zu tun hat, was er glaubt.

Und ich war eben in der wunderbaren Situation, Vorsitzender der Grundwertekommission zu sein, wo die langfristigen Fragen diskutiert werden. Das war und ist der Versuch, nicht nur Tagespolitik zu betreiben, sondern über den Tag hinaus zu denken, zu reflektieren und zu debattieren.

Gibt es eine Position, von der Sie sagen: Das können Christen nochmal besonders in die Debatte einbringen?

Darauf muss man zunächst vorsichtig antworten, damit es nicht so wirkt, als wenn Christen bessere Politiker wären. Das müssen sie überhaupt nicht sein. Sondern ich hab immer gedacht, sie müssten nochmal anders fragen als andere Politiker. Weil sie ein Bewusstsein davon haben, was das Geschenk des Lebens ist; dass Selbstbestimmung ein hoher Wert, aber nicht alles ist.

„Eine Gefährdung für Politiker und die Politik ist Selbstüberschätzung und Selbstüberforderung.“

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Geboren zu werden, ist kein Akt der Selbstbestimmung. Geliebt zu werden und lieben zu können, ist kein Akt der Selbstbestimmung. Gesund zu bleiben oder krank zu werden, ist kein Akt der Selbstbestimmung, auch zu sterben nicht. Da sind wir mitten in den Debatten der Gegenwart. Also, dass Christen wissen: Über das hinaus, was sie tun, gibt es noch einen weiteren Horizont. Ich bin als Politiker nicht allzuständig und allmächtig. Das ist etwas, das ich für ganz wichtig halte.

Denn eine Gefährdung für Politiker und die Politik ist Selbstüberschätzung und Selbstüberforderung. Da ein Bewusstsein zu haben: So wie mein Leben mir geschenkt worden ist, so ist auch vieles von dem, was ich tun will und kann, nicht allein meine Leistung, sondern es wird mir geschenkt von anderen und von dem, an den ich glaube: von Gott.

Das ist eine tiefe, weite Perspektive. Unser Grundgesetz beginnt ja bewusst auch mit den Worten „In Verantwortung vor Gott …“

… richtig, dass es noch einen Horizont über unsere menschliche Zuständigkeit hinaus gibt; ein Bewusstsein dafür zu haben, nicht zynisch zu werden, sondern am Schluss ein Moment von Demut in die politischen Schlachten einzubringen. Denn die eine politische Wahrheit gibt es nicht!

„Freiheit setzt ein Bewusstsein davon voraus, dass man nicht alles tun und die Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen kann.“

Die Politik – das gehört zu den Grundüberzeugungen, die man vielleicht als Christ und intelligenter, weiser Mensch hat – ist die Sphäre des Relativen. In ihr geht es nicht um das Heil der Menschen, sondern um ihr Wohl, möglichst um das Wohl aller Menschen. Das ist meine Grunderfahrung: Freiheit setzt ein Bewusstsein davon voraus, dass man nicht alles tun und die Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen kann.

Die Fragen stellte Uwe Heimowski. Das ganze Gespräch ist auf seinem YouTube-Kanal zu sehen.

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EiNS-Magazin 1/22

Dieses Interview ist im EiNS-Magazin der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD) erschienen.

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12 Kommentare

  1. “ Aber genau diese pluralistische Gesellschaft wird von so manchen abgelehnt oder gar verneint. Oft auch von christlichen Gruppen. “
    Eine pluralistische Gesellschaft ist eine Gesellschaft, die sich aus Menschen zusammensetzt, die gleichzeitig unterschiedlicher kultureller Prägung sind. Dass es da zu Differenzen kommen kann ist vorprogrammiert, und durch einen öffentlichen Diskurs lasssen sich Differenzen thematisieren. Aber es darf dabei nicht, um reine Überzeugungsdiskussionen gehen, sondern darum, dass auch solche Pluralität nebeneinander bestehen bleiben kann. Natürlich im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit.
    Das bedeutet auch, dass man etwas ablehnen darf. Friede , Freude, e.t.c. zu erwarten wäre realitätsfern.

    Kirchenglocken sind ein sehr beliebtes Thema, und haben mit “ Geben und Nehmen “ rein gar nichts zu tun. Sollte das Glockengeläut einmal verklingen, dann wird der Moscheenklang zu eindringlich, oder der Autolärm, andereseits gibt es wieder Menschen, die Stille unertäglich finden.
    Das alles hat wenig mit Toleranz oder Grenzen zu tun, die man mittels Diskurs beseitigen kann, weil es sich hier um persönliche Befindlichkeiten handelt, mit welchen manche Zeitgenossen andere mit Vorliebe drangsalieren. Die Frage, die man hier stellen könnte , wäre vieleicht die nach dem Lärmpegel und der Gesundhei..

    Wir Christen müssen unseren Heiligenschein nicht auf Dauer polieren. Er glänzt von selbst : durch unsere Taten, durch Empathie, durch Liebe und Achtsamkeit im Alltag, in den kleinsten Dingen.
    Zufriedene Menschen sind toleranter als solche, die dauernd was zum Lästern haben. Ein gesundes Selbstbewusstsein ist sehr viel wert.

  2. Toleranz und Freiheit muss vernünftig sein

    Zu Joerg: Nach meiner Meinung ist meine Freiheit immer so lange tolerabel, solange ich die Freiheit eines anderen Menschen nicht einenge oder verunmögliche. Als Christ ist mir – zumindest im Prinzip und in einem vernünftigen Rahmen – alles erlaubt, was nicht lieblos ist. Der Staat hat gesetzliche Regeln so auszugestalten, dass er der Realität unseres menschlichen Wesens und Verhaltens – auch im Rahmen gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse – gerecht wird. Dies betrifft u. a. sexuelle Identitäten (also Wirklichkeiten). Die Naturgesetze sind, m.E. vereinfacht ausgedrückt, die Vernunft Gottes. In denke, daraus ableitend haben Menschen Gesetze/Regeln gemacht, die vernünftig für das Zusammenleben sind. Etwa als unterste Grundlage die 10 Gebote. Oder mehr in ideeller Hinsicht der Inhalt der Bergpredigt Jesu. Da niemals Menschen Kopien anderer oder eines für alle geltendes Ideales sein sollten, könnte man schlussfolgern: Gott hat einen bunten Blumengarten an unterschiedlichsten Menschen, verschiedenen Stärken und Schwächen und jeder ist – auch bei spürbarer entsprechender Hilfestellung – wertvoll für das Ganze im Rahmen seiner speziellen Möglichkeiten. Diese Vielfalt ist dabei Reichtum. Als Gruppenwesen müssen wir wie in einem System zusammen sozial funktionieren, wie in einem vielstimmigen Konzert. In diesem Rahmen und Kontext ist eine notwendige Toleranzbreite sinnvoll. Die Geschichte mit der verbotenen Frucht im Paradies in der Schöpfungsgeschichte beschreibt die äußerste Grenze der Toleranz und damit der Freiheit bzw. Vernunft. Grenzen könnten sein, nicht nur persönlich sondern generell Wahrheit etwa mit Lüge zu ersetzen. Mit der Setzung solcher negativen Werte überschreiten wir den Gestaltungsspielraum unseres Lebens, welcher durch Denkfähigkeit und Gestaltungswillen möglich ist. Unsere Freiheit kann daher individuell nicht grenzenlos sein und sie ist in verschiedenen Lebenszusammenhängen auch unterschiedlich. Singe ich im Chor, muss ich mich an die Noten und das Dirigat halten. Schreibe ich meine Meinung, darf ich niemand verletzen. Bin ich religiös, muss ich tolerieren, dass andere Menschen eine andere Vorstellung von Gott haben bzw. gegebenenfalls eine andere Religion. Dies muss mein Glaube aushalten, weil die Wirklichkeit Gottes nicht in meinem Gehirn entsteht und die Transzendenz unabhängig ist von unseren Vorstellungen, sowie jenseits aller Möglichkeit sich von ihr ein Bild zu machen. Nur auf Religion heruntergebrochen würde die Idee vernünftigen Streites bedeuten, dass menschenwürdige Religion immer tolerabel sein muss. Allerdings sind Psychosekten, welche die Freiheit eigenen Denkens und Handelns verunmöglichen, sowie Menschen die innere und äußere Freiheit nehmen, nicht zu akzeptieren. Das gilt sinngemäß auch für politische Parteien.

    • Klingt gut. Nur liegt die Schwierigkeit im Konkreten.

      > Nach meiner Meinung ist meine Freiheit immer so lange tolerabel, solange ich die Freiheit eines anderen Menschen nicht einenge

      Das z.B. ist so nicht praktikabel. Die eigene Freiheit engt sehr oft die Freiheit anderer ein. Die Frage ist hier nicht, ob man die Freiheit des anderen einengt sondern wie weit man sie einengen darf. Einfaches Beispiel: Kirchengeläut. Es belästigt alle Nichtkirchenangehörigen und engt damit ihre Freiheit ein. Würde man es komplett verbieten, würde aber wiederum die Freiheit der Gläubigen sehr eingeengt werden.

      Es braucht in der Regel einen Kompromiss, ein Geben und Nehmen. Aber wo diese Linie genau verläuft, das ist oft sehr umstritten. Und ändert sich auch mit der Entwicklung der Gesellschaft.

      PS und oT: Bezüglich der Frucht im Paradies denke ich eher, dass dies so von Gott geplant war und notwendig, damit der Mensch zum Menschen wird. Denn wären wir wirklich Menschen, wenn wir gut und böse nicht unterscheiden könnten? Das ist eigentlich ein Merkmal von Tieren.

      • Natürlich ist es immer schwierig, bei diesem Thema zu konkretisieren. Nach der Lebenserfahrung und aus meiner Begegnung mit Mitmenschen weiß ich aber, dass z. B. das Glockenläuten noch nie jemand belästigte, zumindest nicht in der Kleinstadt. Gut und böse können wir unterscheiden, die Geschichte mit der Frucht erzählt ja nur von der Überschreitung EINER allerletzten Grenze: Der Freie Wille ist hier genauso das Problem wie ein großes Geschenk. Denn ist gibt keine Hand aus dem Himmel die mich hindert, auch das allerböseste zu denken, planen und auch zu tun. Es sind unsere inneren Abgründe, die eine allerletzte Grenze markieren. Irgendwie erscheint mir dieser alte Teste aus der Schöpfungsgeschichte doch sehr hintergründig und symbolisch, auch wenn die Geschichte eine Art von Glaubensbekenntnis ist. Es geht ja nicht um die Frucht, sondern die Lust das Verbotene zu tun.

        • Nicht nur die Schöpfungsgeschichte, die ganze Tora, der ganze Tanach ist sehr hintergründig.

          Aber zurück zur Schöpfung: Geht es wirklich um die Lust am Verbotenen?

          Nehmen wir mal an, ein bestimmter Mensch wäre derart geistig beeinträchtigt, dass er nicht zwischen gut und böse unterscheiden kann. Das wäre medizinisch bei ihm ganz einwandfrei festgestellt. Dieser Mensch ist nett, nicht mal dumm, aber krankheitsbedingt hat er diese Einschränkung (ich könnte mir vorstellen, dass es so etwas durchaus in der Psychologie gibt).

          Er geht nun in einen Supermarkt, sieht leckeres Essen, nimmt es und geht ohne zu bezahlen raus.

          Würde er vor Gericht verurteilt werden? Wäre er dadurch böse?

          Zweimal nein.

          Aber man würde wohl, soweit es geht, dafür sorgen, dass er nicht einfach weiter stehlen kann.

          Adam und Eva waren vor dem Sündenfall genauso.

          • Lust an der verbotenen Frucht

            Wir alle sind Adam und Eva. Wenn ich diese Schöpfungsgeschichte richtig in Erinnerung habe, wird die Schlange Eva verführen und Eva überredet Adam. Also könnte man sagen an allem sei die Schlange schuld. Aber es geht auch in diesem sehr alten Text, der so etwas wie ein Glaubensbekenntnis ist darum, selbst für das verantwortlich zu sein was man selbst tut. So wird ja auch nicht die Schlange bestraft, sondern das Paar. Natürlich kann ich für mich und für andere nur Verantwortung übernehmen, wenn ich ein funktionierendes Gewissen habe, aber ein nicht funktionierendes Gewissen ist noch lange nicht eine zutreffende Definition für Schuldunfähigkeit. Wenn Gott doch gebietet n u r von dieser Frucht nicht zu essen, dann wäre es ja schlicht eine Gemeinheit von ihm die beiden zu etwas zu verleiten, was sie überhaupt nicht können: Sich nämlich gottgewollt zu verhalten. Deshalb kann man auch m.E. Herrn Putin keinen Persilschein für Kriegsverbrechen ausstellen, es sei denn er wäre wirklich schuldunfähig. Adam und Eva waren nicht schuldunfähig, weil wir Adam und Eva sind und zumeist ein funktionierendes Gewissen haben. Ich bin hoffentlich nicht überheblich wenn ich behaupte und daran glaube, dass die Erbsünde keine Unfähigkeit ist wirklich gut zu sein, sondern dass in uns allen ein Abgrund existiert, in den wir hineinfallen können. Und anscheinend gibt es auch Menschen die Lust haben in ihn abzutauchen. Leider gibt es daher die Lust am Bösen. Sie besteht darin einfach alles zu tun was man tun will ohne Rücksicht auf sich selbst und andere. Daraus machten die Drehbuchschreiber die „dunkle Seite der Macht“. Diese dunkle Seite derjenigen die mächtig sind, hat es in der Geschichte immer gegeben und sie existieren auch heute. Manche darf man auch Antichrist(en) nennen. Nicht der Sündenfall hat die Menschen verändert, sondern Menschen begehen den Sündenfall. Nicht nur Christinnen und Christen glauben, dass jede und jeder für das verantwortlich ist was er tut oder nicht tut. Beispielsweise bei den Anonymen Alkoholikern muss man als bewusste Entscheidung zum Gesundwerden wieder Verantwortung für sein Leben übernehmen und sich bei den Mitmenschen für begangene Fehler entschuldigen.

  3. Thierse sagt „Wir leben in einer vielfältigen, pluralistischen Gesellschaft, …“ als Begründung, warum man streiten und diskutieren muss.

    Aber genau diese pluralistische Gesellschaft wird von so manchen abgelehnt oder gar verneint. Oft auch von christlichen Gruppen.

    Das betrifft insbesondere sexuelle Identitäten, verschiedene Arten von Lebensgemeinschaften und -visionen oder auch Aspekte des Lebens der persönlichen Freiheit.

    Und da kommt eben immer die Gretchenfrage: Wie viel Toleranz gewährt man der Intoleranz.

  4. Liebe Marion Grau, ich bin ganz bei Ihnen auch in der Aussage, dass wir Christinnen und Christen nichts besonderes sind. Aber andererseits brauchen wir unser Licht nicht unter den Scheffel (einen Eimer) zu stellen. Das gilt aber nur, wenn unser Licht noch nicht so ganz erloschen ist. Ich glaube auch, dass jeder Mensch „Werte“ hat – vor allem von Gott her um seiner selbst willen geliebt wird, und in diesem Sinne wertvoll ist. Aber gegenwärtig machen wir ja alle am Beispiel Putin die Erfahrung, dass es sich um Grenzerfahrungen handelt. Es ist nicht nur spannend wie es mit dieser Grenzüberschreitung ausgeht, für viele ist es auch äußerst beängstigend.

  5. Christ sein bedeutet Mitmenschlichkeit und den Menschen zu sehen, nicht zu verurteilen, sondern immer wieder die Hand zu reichen, jedoch seine Grenzen zu bewahren. Es ist wichtig, uns nicht darin hinreissen zu lassen, zu dem, was wir verurteilen, weil es uns begegnet.
    In diesem Erfolg überheblich zu werden, wäre kontraproduktiv.
    Wer Christ ist, ist nichts besonderes, nichts besseres, sondern jmd, mit einer Verantwortung!
    Ich freue mich sehr, dass es viel mehr Christen gibt, als man mir einst „verkaufte“. Und ich bin dankbar, dass man Menschlichkeit bei Menschen findet, die keine Christen sind. Jeder Mensch hat „Werte“, weil sie angelegt sind. Ja, diese zu finden und auszulösen schafft nur Liebe. Gott ist Liebe!

  6. Toleranz und Wahrheit sind wichtige Werte

    Thierse: „Ja, meine Beobachtung war – und das war das Motiv, mich zu äußern –, dass die Auseinandersetzungen in unserer Gesellschaft immer aggressiver werden. Dass Demokratie auch mit Streit verbunden ist, das ist in Ordnung! Aber wie dieser Streit ausgetragen wird, das ist wichtig für die Demokratie“! Diese ganz zentrale Aussage möchte ich hier unterstreichen. Offensichtlich ist es auch vor allem das Internet, welches es – zumindest gefühlt – erlaubt, alle Grenzen des guten Geschmacks und eines menschenwürdigen Umgangs in der Kommunikation hinter sich zu lassen. In einem engeren Sinne verantwortlich ist dafür aber nicht das Netz sondern eher unsere Natur, sich öfters nur dann an Regeln zu halten wenn diese kontrolliert werden. Das geht so etwa nach dem Motto: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Aber bei keiner Kontrolle darf ich alles tun“! Nun kann man da sagen Gott hört und sieht alles, aber da machten wir dann ausgerechnet mit dem Angst, der doch nur aus Liebe und Barmherzigkeit besteht. Allerdings gibt ja auch noch ein Gewissen, von dem sogar die Katholische Kirche sagt, es stehe sogar als irdische Instanz höher als etwaige Lehraussagen des Papstes. Ich habe zunehmend das Gefühl, dass leider die Gewissenlosigkeit zunimmt, in dem man sich jedwede Freiheit nimmt, den vermeintlichen Gegner unbarmherzig herunter zu machen. Ich wünsche mir außerdem für den politischen und selbstverständlich auch den kirchlichen Raum folgendes: Liebe Politiker und andere Menschen, seid doch mal ganz mutig und gebt zu, wenn ihr euch geirrt habt oder dass niemand perfekt ist. Liebe Berufschristen: Geht doch mit dem Mitgläubigen nicht so um als seien sie dumme Schafe und praktiziert weniger Hierarchie sowie einen betont bewussten Umgang auf Augenhöhe. Liebe AfD, begreift doch endlich dass wer Wind sät auch oft Sturm erntet und auch alle politischen Aussagen einen Anhalt haben müssen an der Wahrheit. Liebe Journalisten, egal ob digital oder auf altherkömmliches Papier gedruckt: Macht keine reißerischen Überschriften, die den Neidkomplex von Menschen aktiviert, Vorurteile generieren und die Wahrheit relativieren. Eheprobleme oder Bettgeschichten, wenn auch nur zwischen den Zeilen angedeutet, interessieren mich nicht. Für sein Privatleben muss jede und jeder Erwachsene selbst Verantwortung übernehmen. Ganz allgemein: Es fördert nicht die Liebe zur Wahrheit, wenn immer bei Pannen oder etwa Versäumnissen nur einzelne Sündenböcke gesucht werden, die dann exemplarisch abgestraft werden, wenn auch manchmal nur in dem man sie in eine böse Ecke stellt. Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, zugleich scheint aber ebenso die Toleranz für manchmal abweichende Meinungen oft grenzwertig zu sein. Wir müssen lernen friedlich zu streiten und nach Möglichkeit Sache und Person zu trennen. Christen sind Menschen die sich immer wieder vornehmen, destruktiven Streit vor dem Schlafengehen möglichst ad acta zu legen. Das ist gesund. Die Goldene Regel ist mehr als 2000 Jahre alt und lautet sinngemäß, jedem Anderen mit der gleichen Haltung entgegen zu treten, die man auch von ihm erwartet. Unsere Erde wäre ein Paradies, wenn dieser letzte Satz wenigstens etwas Realität würde. Auch Kriegsverbrecher und andere Despoten sind kein Freibrief für eigene Bösartigkeit

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