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„Gott, wer bist du wirklich?“

Wenn sie all die Nöte bei ihren Freunden sieht, fragt sich Christiane Rösel, Landesreferentin für den Evangelischen Gemeinschaftsverband Württemberg: Kann Gott nicht helfen? Oder will er nicht? Eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Gott, dem sie vor langer Zeit ihr Vertrauen geschenkt hat.

Dieser Gedanke bewegt mich in der letzten Zeit immer wieder: „Gott, wer bist du wirklich? Und wie kann ich dir vertrauen, wenn ich mich in dieser Welt umschaue?“ Dabei ist es weniger die globale oder ferne Not, die es mir schwer macht zu glauben. Es sind vielmehr die Nöte in meiner unmittelbaren Umgebung: Wie viel Angst, Not und Schmerzen wird Menschen zugemutet! Wo ringen Freunde, bitten zu Gott und flehen ihn an – und es bleibt so entsetzlich ruhig. Und dann ist sie auf einmal da, diese bohrende Frage: Kann Gott nicht helfen? Oder noch schlimmer: Will er vielleicht gar nicht? Und was ist das für ein Gott, dem ich mein Vertrauen geschenkt habe? Solange ich denken kann, gehört der christliche Glaube zu meinem Leben dazu. Schon als kleines Mädchen habe ich die biblischen Geschichten gehört. Sie sind ein Teil meines Lebens, auf den ich nicht verzichten möchte. Als Teenager habe ich beschlossen: Mit diesem Gott möchte ich leben! Daran hat sich bis heute nichts geändert. Aber heute frage ich mich immer wieder: Gott, wer bist du wirklich? Wo bist du so ganz anders, als ich gedacht habe? Und auf einmal fange ich an zu zweifeln. Nein, nicht daran, ob es diesen Gott gibt. Das ist für mich (meistens) keine Frage. Es sind keine intellektuellen Fragen, oder ein Zweifel an der Existenz Gottes. Eine tiefere Unsicherheit greift regelrecht nach meinem Herzen – der Zweifel an der Güte des Lebens. Kann ich daran glauben, dass Gott für mich ist – wenn alles dagegen spricht? Was ist ein Gott wert, der nicht hilft? Und wie fern kann er sein, wo er so gebraucht wird?

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Vertraue ich nur, solange es sich auszahlt?

Das ist die Kernfrage im Buch Hiob im Alten Testament. Die Hiobsbotschaft ist sprichwörtlich geworden. Worum geht es? In seiner Not, die ihn mit den Hiobsbotschaften überfällt, ist Hiob irgendwann der Zweifler schlechthin. Er zweifelt an Gottes Charakter („Seht ihr nicht ein, dass Gott mir Unrecht tut? Mit einem Netz hat er mich eingefangen.“ Hiob 19,6). Er zweifelt an Gottes Güte („Die Pfeile Gottes haben mich getroffen und meinen Geist mit ihrem Gift zerstört.“ Hiob 6,4). Und schon lange vor Friedrich Nietzsche wirft er Gott vor, dass er abwesend ist und schweigt („Ich schrei um Hilfe, Gott! Wann gibst du Antwort? Ich steh vor dir – dein Blick bleibt starr und kalt.“ Hiob 30,20). Hiobs Freunde meinen, dass sie Gottes Pläne kennen. Deshalb versuchen sie, ihn von seinen Zweifeln zu kurieren. Doch als Gott schließlich das Wort ergreift, stellt er sich auf Hiobs Seite. Bei Hiob endet die Geschichte so, dass er Gott mitten im Leid neu begegnet und sich entscheidet, diesem Gott trotz allem weiter zu vertrauen. In einem Zitat von Oscar Wilde heißt es „Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende!“ Im Hiobbuch trifft das zu. Doch stimmt das immer, in jedem Fall – egal, wie es am Ende ausgeht? Der Zusammenhang von: „Wenn ich das Richtige tue, wird es mir gut ergehen!“, steckt bis heute auch tief in meinem Herzen. Aber immer wieder spüre ich: Das funktioniert nicht. Es gibt dunkle Wege, schwere Zeiten, die ich nicht ergründen werde – auch wenn ich es noch so sehr versuche. Aber immer gibt es diesen Gott an meiner Seite, der um mein Vertrauen wirbt.

Liebe hat das letzte Wort

Davon erzählen auch Anne und Nikolaus Schneider, der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende und seine Frau, in ihrem Buch: „Wenn das Leid, das wir tragen, den Weg uns weist“. Zwei Jahre haben sie mit ihrer Tochter Meike um Heilung und Leben gekämpft, gehofft und gebetet. Dann ist sie im Alter von 22 Jahren an Leukämie gestorben. Bewegend schreiben sie als Mutter und Vater von Meike abwechselnd von ihren Fragen, aber auch von dem, was sie tröstet und hält: „Wir haben Gottes Gegenwart und Nähe in Meikes Leiden und Sterben gespürt, aber das machte und macht unseren Schmerz über ihren Tod nicht gering. Das Mit-Erleben und das Mit-Erleiden der Ängste und Schmerzen unserer Tochter, ihre und unsere enttäuschten Hoffnungen und die vielen unerhörten Gebete führten uns immer wieder an die Grenzen unseres Gott-Vertrauens. Einfache Vorstellungen von einem allzeit ‚lieben‘ Gott, der menschliche Gebete erhört, wenn nur ‚richtiger‘ Glaube und ‚ernsthaftes‘ Wollen dahinter stehen, konnten und können uns nicht tragen und trösten“ (S. 13). „Die Erkenntnis des Paulus, dass die Liebe größer ist als der Glaube und die Hoffnung, wurde für uns in den letzten gemeinsamen Monaten mit Meike spürbar“ (S. 68). Diese Liebe, die größer ist als alles andere, wird in einem Vers aus dem Neuen Testament beschrieben: „Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Römer 8,39 LUT). „Denn ich bin gewiss“ – wenn das doch nur immer so wäre. Was ist aber, wenn diese Gewissheit fehlt und der Glaube brüchig geworden ist? Dann ist da diese Liebe Gottes, die er uns in seinem Sohn zuspricht. Sie ist keine Forderung, wie könnte Liebe so etwas sein. Sie ist eine Quelle. Ich muss nicht mir vertrauen oder an mir verzweifeln – sondern ich lebe von dieser Liebe, die mir geschenkt wird. Und von dieser Liebe scheidet mich nichts, weil nichts und niemand das Recht hat, dazwischen zu treten. Mehr gibt es nicht – aber auch nicht weniger!

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Wenn der Glaube sich verändert

Wenn ich heute zurückschaue, hat sich mein Glaube gerade in der Lebensmitte noch einmal entscheidend verändert. Er ist nicht einfacher geworden, ist weniger vollmundig – und ja, immer wieder kämpfe ich auch mit Zweifeln und Fragen, auf die ich vermutlich keine Antwort bekomme. Diese Zweifel finde ich anstrengend. Noch anstrengender erlebe ich aber Menschen, die scheinbar ohne Zweifel auskommen. Mein Glaube ist kein fester Besitz, über den ich zu jeder Zeit frei verfügen kann. Dass er aber auch nicht von mir alleine abhängig ist, gehört für mich zu den wirklich guten Nachrichten. Im Neuen Testament sagt Jesus Christus im Lukas-Evangelium einmal zu einem seiner Nachfolger: „Doch ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre“ (Lukas 22,32). Darauf vertraue ich.

Von Christiane Rösel


Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift JOYCE Special Gottmomente erschienen. In dieser Zeitschrift geben Frauen Einblick in ihre persönlichen Erlebnisse mit Gott. Das Heft eignet sich ideal zum Weitergeben und Verschenken und ist zu günstigen Mengenpreisen erhältlich.

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