Antje, Annette, Anika: Sie kommen alle ursprünglich von dem Namen Hannah – ein Name, der seit über 20 Jahren zu den beliebtesten Namen Deutschlands zählt.
Von Frauke Bielefeldt
Hanna ist einer der häufigsten weiblichen Vornamen der letzten Jahre. Seit dem Jahr 2000 rangiert er unter den zehn häufigsten Namen für Mädchen und landete sogar mehrfach auf Platz 1 der Jahresstatistik. Mit oder ohne H am Ende, das bleibt hier immer die Frage.
Mit oder ohne H?
In den Geburtsjahrgängen 2006 bis 2012 wurde der Name zu 59 Prozent mit dem Schluss-H geschrieben. Vielleicht, weil er damit sogar zu den Palindromen zählt: In der Schreibung „Hannah“ lässt sich der Name von hinten nach vorne genauso lesen wie von links nach rechts. Darüber hinaus wird dieser Name von vielen als „wohlklingend“, „weit bekannt“, ziemlich „lustig“ und recht „attraktiv“ empfunden. Genug Gründe also, seine Tochter „Hanna“ zu nennen.
Doch sein hebräischer Ursprung liefert noch einen viel besseren Grund: „Hanna“ (hebräisch channa) ist die weibliche Form von chen, „Gnade“. Den jüdischen Eltern von Hannah Ahrendt wird dieser Hintergrund nicht unbekannt gewesen sein. Eine zweite Wortbedeutung von chen ist „Anmut, Schönheit“ – was für ein schönes Wort über einem neugeborenen Mädchen! Da ist Hannah Herzsprungs Lächeln nicht weit.
Griechisch-lateinische Form „Anna“
In der Bibel finden wir vor allem Hanna, die Frau von Elkana. Sie ist die Mutter Samuels (1. Samuel 1–2). Ihre Geschichte ist wahrlich voller Gnade: Nachdem sie jahrelang unter ihrer Kinderlosigkeit und den damit verbundenen Kränkungen von ihrer Nebenfrau gelitten hat, betet sie im Tempel voller Leidenschaft und Verzweiflung um einen Sohn. Gott erhört ihr Flehen und bald bringt sie Samuel zur Welt. In der Folge ihres Gelübdes wächst er am Tempel auf und reift zum Propheten und weisen Führer des Volkes heran. Hanna und Elkana bekommen danach noch fünf Kinder geschenkt, die bei ihnen als Familie aufwachsen. Samuel wird derweil zu einem der größten Männer Israels, nach dem sogar zwei Bücher im Alten Testament benannt sind (in der hebräischen Schriftensammlung sind sie als eins zusammengefasst). Eine andere Hanna findet sich im Lukasevangelium: Als Jesus als Neugeborener im Tempel „dargestellt“ wird (also als Erstgeborener Gott geweiht wird), erlebt die 84-jährige Witwe mit, wie Simeon in ihm den Messias erkennt, und wird zur ersten Evangelistin in Jerusalem (Lukas 2,36-38). Für Katholiken mindestens ebenso bedeutsam ist die griechisch-lateinische Form „Anna“ (übrigens ebenso ein Palindrom). Der katholischen Tradition nach soll die Mutter Marias, also die Großmutter Jesu, so geheißen haben.
Ihr Name steht nicht im Neuen Testament, taucht aber in mehreren Schriften des 2. bis 6. Jahrhunderts auf. Ab dem Mittelalter finden sich in den Reihen der Mächtigen unzählige Annas, darunter zum Beispiel Anna von der Pfalz (1329- 1353, Gattin des Kaisers Karl IV.) und Anna Iwanowna (1693-1740, Zarin von Russland). In den Jahren um 1900 war „Anna“ einer der beliebtesten Frauennamen in Deutschland.
„Hannah“: Ursprung vieler Namen
In den folgenden Jahrzehnten nahm der Name stark ab, verzeichnete dann aber seit den Siebzigerjahren ebenfalls einen massiven Aufwärtstrend und besetzte 2006 sogar den Spitzenplatz. Nimmt man nun noch seine Varianten hinzu, nämlich „Anne“, „Anke“, „Anja“, „Annette“, „Antje“ und „Anita“, sieht man sich in unserem Land einem wahren Heer an Frauen gegenüber, die ihren Namen auf „Hanna“ zurückführen können. Eine Invasion der Gnade – nicht das Schlechteste, oder?
Frauke Bielefeldt arbeitet als Lektorin, Übersetzerin und Autorin. Sie lebt in der Nähe von Hannover.

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift Faszination Bibel erschienen. Faszination Bibel wird vom SCM Bundes-Verlag herausgegeben, zu dem auch Jesus.de gehört.