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Theologe: „Noch fünf Jahre, dann kollabiert das System Kirche“

Die Theologin Birgit Dierks und der Theologe Valentin Dessoy sehen den Kipppunkt beim Niedergang der Kirchen schon längst überschritten. Mit der verbliebenen Kraft müsse Kirche jetzt den Anschluss an die nächste Generation schaffen.

Hallo Frau Dierks und Herr Dessoy, welche Probleme sehen Sie, wenn Sie sich den Zustand der Kirche anschauen? 

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Valentin Dessoy: Größtes Problem ist der Rückgang der Mitglieder. Die Kirche verliert die Menschen, die Lust haben, sich einzubringen. Dieser Verlust ist so massiv, dass die Kirche bis 2030 ausgeblutet ist. Wir gehören zu einer Generation, die mit Kirche aufgewachsen ist. Die das sehr positiv erlebt hat. Kirche ist aktuell zu 98 Prozent für diese Generation da. Aber die stirbt langsam aus. 

Birgit Dierks: Man könnte es als Muskelschwund bezeichnen. Die Muskeln der Kirche sind die Menschen, die etwas bewirken. Die sind aber inzwischen oft ausgepowert, weil immer größere Kirchenbezirke entstehen. Ein bisschen Burnout schwingt also auch mit.  

Dessoy: Kritisch sehe ich den dauerhaften Invest in ein Geschäftsmodell, das keine Zukunft hat. Kirche verändert sich viel, viel schneller, als dass die Bereitschaft wächst, in neue Formen zu investieren. 

Welche Reaktionen auf diesen Niedergang nehmen Sie in den Kirchen wahr? 

Dessoy: 60 Prozent der Führungskräfte sagen anonym: „Die aktuelle Form von Kirche hat keine Zukunft.“ Sobald sie auf der Bühne stehen, heißt es: „Bitte macht die nächsten fünf, zehn Jahre noch so weiter. Solange es geht.“ Eindeutige Schizophrenie.  

Dierks: Auf dem Kongress [Dierks und Dessoy sind Mitorganisatoren des Strategiekongresses „Auflösung – Kirche reformieren, unterbrechen, aufhören?“; Anm. d. Red.] spüren wir existenzielle Angst und Kummer, dass das, was man aufgebaut hat, das Lebenswerk, jetzt bedroht ist.  

Dessoy: Wir beschäftigen uns auch mit dem Loslassen. Da gibt es Gegenreaktionen, das wollen manche nicht. Da kommt dann die Frage: „Was ist denn jetzt die Strategie?“ Es gibt keine mehr. Ich muss loslassen und schauen, was Neues entsteht. Es geht nicht mehr, das Neue aus dem Alten herzuleiten. Es ist nicht mehr steuerbar. Das löst Irritationen aus. 

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Dierks: Wir hatten auf dem Kongress einen Abschnitt zum Thema Gotteserfahrungen. Das wurde einigen zu persönlich. Da gibt es Widerstände, die professionelle und die persönliche Ebene zusammenzubringen. 

Ist das ein Ziel des Kongresses? 

Dessoy: Wir sind davon überzeugt, dass die Glaubenserfahrung das Entscheidende im System Kirche ist. Keine Privatangelegenheit. Für viele ist das ausgegliedert. Für uns stellt es den eigentlichen Kern dar. Nur wenn wir den haben, gelingt es, den Rest, die alten Formen von Kirche loszulassen. 

Titel des Kongresses ist „Auflösung“. Was hat es damit auf sich? 

Dessoy: In der katholischen Kirche und in großen Teilen der evangelischen Kirche wird seit Jahren gesagt: „Die Volkskirche löst sich auf.“ Wir rufen den Führungskräften zu: „Nehmt doch mal ernst, was ihr die ganze Zeit sagt!“ Wenn wir das nämlich ernst nehmen, dann stellt sich die Frage: Können wir das System überhaupt noch reformieren oder müssen wir jetzt systematisch unterbrechen oder können wir es ganz sein lassen? 

Dierks: In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir erlebt, was Unterbrechung bedeuten und auslösen kann. Wegen der Corona-Pandemie gab es zum Beispiel keine Ostergottesdienste. Was da an Innovationen, aber auch an depressiven Reaktionen kam, war interessant.  

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Unsere These ist es, dass sich nur durch Unterbrechen etwas ändern kann. Schleichendes Reformieren machen wir seit 40 Jahren in den Kirchen. Es hat sich bisschen was im System geändert, aber nicht am System. 

Dessoy: Kleines Beispiel. Wegen Corona hatten große katholische Frauenorden keine Eucharistiefeiern mit Priester mehr. Die sagen jetzt offiziell: „Ist doch ohne viel schöner. Wir brauchen das nicht mehr.“ Da wird es für die katholische Kirche richtig schwierig.  

Wir haben den Kipppunkt überschritten.

Birgit Dierks

Halten Sie das System Kirche für reformierbar oder braucht es etwas radikal Neues? 

Dessoy: Für mich ist das klar. Ich gebe der katholischen Kirche in ihrer jetzigen Form noch fünf Jahre. Die Austrittszahlen liegen für dieses Jahr aktuell bei einer Million. Die sind in den letzten Jahren massiv angestiegen. Pro Jahr fällt eine Diözese von der Größe Limburgs weg. Noch fünf, maximal zehn Jahre, dann kollabiert dieses System. Das sagen auch Führungskräfte. Wir müssen jetzt mit den Ressourcen, die noch da sind, den Anschluss an die nächste Generation schaffen. 

Dierks: Wir haben den Kipppunkt überschritten. Ich gehöre zur Generation der Baby-Boomer. In fünf, sechs Jahren gehe ich in Ruhestand. Ich bin Teil eines Berges, der dann einfach wegfällt und die Kirche trotzdem noch finanziell belastet. Deswegen gehe ich davon aus, dass spätestens dann das System zusammenbricht. Selbst wenn noch Geld da ist, wird es keine Menschen geben, die die freien Stellen ausfüllen können. Das heißt, wir müssen uns massiv mit allgemeinem Priestertum und Umformung beschäftigen.  

Man kann bei einem Flughafen die Landebahn ziemlich lange kürzen, wenn man keine Gelder mehr hat, um sie zu asphaltieren. Aber irgendwann kann man keine Flugzeuge mehr einsetzen, weil die Landebahn zu kurz ist. Dann ist es ein Hubschrauber-Landeplatz und ich muss schauen, dass ich Hubschrauber entwickle. Das ist für mich der Knackpunkt bei der Reform der Kirche. Es geht nicht darum, die Flugzeuge besser zu machen, sondern neue Formen des Fliegens zu entwickeln. 

Noch kann man sich was in die Tasche lügen.

Valentin Dessoy

Sie haben einen Kipppunkt erwähnt. Wann war der überschritten? 

Dessoy: Der Kipppunkt ist ein Punkt, ab dem ein Prozess nicht mehr umkehrbar ist. Das ist schon längst gelaufen. Dieser Punkt wurde überschritten, als klar war, dass die klassische Sozialisation nicht mehr zur Reproduktion führt, sondern im Gegenteil zu immer stärkerer Distanzierung und Indifferenz. Das steigt dynamisch an. Siehe Kirchenaustritte. Irgendwann wird es so krass, dass das System erkennbar zusammenbricht. Noch kann man sich was in die Tasche lügen. 

Was passiert, wenn das System Kirche komplett zusammenbricht? Welche Szenarien gibt es da? 

Dierks: Wir haben festgestellt, dass es noch viele Ressourcen gibt. Eine Hülle wird also vielleicht noch bestehen bleiben. Ich glaube, dass viele kleine Gemeinschaften außerhalb von Kirche entstehen werden. Es wird wesentlich dezentraler werden. Da werden viele kleine Pilze aus dem Boden schießen.  

Das passiert schon längst. Auch jenseits von den Innovationen, die wir steuern. Leute, die sowas auf dem Herzen haben, machen das einfach. Die finanzieren sich dann selbst und suchen sich ihre Formen jenseits von Kirche. 

Dessoy: Mein Sohn hat in Frankfurt an der Oder studiert. Dort gibt es eine große kulturwissenschaftliche Fakultät. Die machen das, was wir damals in der Theologie gemacht haben. Sie beschäftigen sich mit Spiritualität, philosophischen und theologischen Texten, Ethik – aber alles nicht unter dem Label Kirche.  

Die katholische Kirche wird zerfallen wie eine Windschutzscheibe. 1.000 Scherben. Jeder macht seins. Der eine klebt noch das Label Kirche darauf, die andere nicht. Das ist relativ sicher. Das sieht man jetzt schon. Zum Beispiel Maria 2.0 [eine Reformbewegung innerhalb der katholischen Kirche, die für Frauenordination eintritt; Anm. d. Red.]

Ihr Wunsch wäre es jetzt, diese neuen Formen unter dem Label Kirche zu vereinen? Oder wie kann ich mir die nächste, die neue Kirche vorstellen? 

Dessoy: Die Gesellschaft verändert sich stark, ähnlich wie im Mittelalter. Wir sind mittendrin im Umbruch. Die Gesellschaft, wie wir sie kennen, ist 300 Jahre alt. Die sozialen Medien verändern sie extrem. Dadurch passen unsere Prozesse, Reaktionen und Kontrollmechanismen irgendwann nicht mehr. Die nächste Kirche muss das Neue integrieren. Das geht nur, wenn sie netzwerkartig, sehr dezentral ist. Fokussiert wirklich auf den Kern dessen, was Erfahrung ist. Keine Wissenstransportation mehr. Keine Moralinstanz. 

Dierks: Keine Wahrheiten. Postmoderne. 

Dessoy: Raum für Erfahrung und Sinnstiftung. Um das für die katholische Kirche noch mal deutlich zu machen: Der Synodale Weg wird aktuell sehr gehypt. Da geht es um die Themen Frauen, Gleichberechtigung, Sexualität und Klerikalismus [Machtverteilung zwischen Geistlichen und Laien; Anm. d. Red.].  

Aus einer Marketing-Perspektive wären das die Basismerkmale. Wenn Sie in ein Hotel gehen und es gibt kein Bett, dann gehen Sie da nie wieder hin. Was passiert, wenn Sie in ein Hotelzimmer kommen, und da steht ein Bett? Da sind sie nicht begeistert. Sie bemerken das gar nicht, weil es selbstverständlich ist.  

Die katholische Kirche arbeitet noch an diesen Basismerkmalen. Wenn ich das meinem Sohn erzähle, schüttelt der nur den Kopf. Wir haben aber als Kirche noch so viel Energie, dass wir diesen Auflösungsprozess des klassischen Kirchensystems nicht nur erleiden, sondern forcieren könnten. 

Dierks: Und wie können wir das forcieren? Es braucht Räume für Menschen, die eine Transformation leben wollen. Lassen Sie mich das am Beispiel der Entwicklung von einer Raupe zum Schmetterling erläutern.  

In einer Raupe bilden sich dabei zuerst vereinzelte Zellen, die vom System bekämpft werden. Später verklumpen die sich und dadurch entsteht dieser Transformationsprozess zum Schmetterling. Es braucht also einen Rahmen, wo sich Menschen, die Transformation schon in sich spüren, verbinden können.

Vielen Dank für das Gespräch! 

Die Fragen stellte Pascal Alius.


Die Theologin Birgit Dierks arbeitet als Referentin für missionale Gemeindeentwicklung bei der Evangelischen Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi). Valentin Dessoy ist Psychologe, Theologe, Kirchenentwickler, Autor und Geschäftsführer von kairos. Coaching, Consulting, Training.

Beide haben den Strategiekongress „Auflösung – Kirche reformieren, unterbrechen, aufhören?“ mitorganisiert. Die Kongressreihe „Strategie und Entwicklung in Kirche und Gesellschaft“ existiert seit 2008. Träger des Strategiekongresses ist der Verein futur2 e.V., der die gleichnamige Online-Zeitschrift herausgibt.

Veranstalter des Kongresses sind kairos – Coaching, Consulting, Training Mainz, der Strategiebereich 1, Ziele und Entwicklung im Bischöflichen Generalvikariat Trier, die Thomas-Morus-Akademie Bensberg und die Evangelische Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung (midi) und die XIQIT GmbH. Der 7. Strategiekongress wird unterstützt von der zap:stiftung Bochum.

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7 Kommentare

  1. Die Kirche ist immer schon eine Männerkirche ,eine Väterkirche, der Vater bestimmt, „schafft an“ . Daher ist die Kat. Kirche über lange Zeiten eine befohlene Kirche. Man hat die ganze Zeit die Kraft der Frauen und Mütter, die den Glauben mit dem Herzen weitergeben, vernachlässigt. In Zeiten schwindender Autoritäten ist diese Entwicklung daher leider logisch.

  2. Die Christlichen Kirchen sollen Methoden anwenden die die Seele des Menschen ansprechen. Weg von kirchlichen Ritualen hin zu Kontakt mit jedem Gläubiger! Der Priester soll dein Freund werden in dem du dein Vertrauen schenkst! Jeder Mensch heute leidet psychisch. Das macht den Mensch krank. Der Priester sollte die Seele des Menschen heilen ohne Medikamente wie einst Jesus Christus und alle Heiligen. Jeder Priester soll eine Ausbildung ähnlich wie die Psychologen es tun. Die Kirche ist ein Ort wo man die Seele des Menschen ansprechen kann! Rituale und Feste erfreuen die Seele aber die Seele braucht ein gutes Wort zu der richtigen Zeit. Und noch etwas die Kirche muss den Menschen lernen wie sie persönlich mit dem Gott ins Kontakt kommen können. Weil der Kontakt mit Gott ist wichtig welcher durch das richtige Betten entstehen kann!

  3. Die Römisch-katholische Kirche verfügt auch in Zukunft über hinreichend finanzielle Möglichkeiten um sich in ihrer Wesensbestimmung als institutionelles Grundsakrament zu behaupten. Dabei werden in Europa die nationalen Kirchen mit deutlich weniger Mitgliedern das traditionelle Glaubensleben weiter stabilisieren. Am Beispiele von Spanien, Niederlande u. a. kann man Erkennen wohin das Führt. Diese Entwicklung ist der Katholischen Weltkirche nur recht. Nach über 35 Jahren im kirchlichen Dienst kann mir keine Reform mehr vorstellen. Ganz im Gegenteil. Glaubensgemeinschaften und konservative Organisationen werden den Kurs der römisch-katholischen Kirche weitgehenst prägen. Mit dieser Dystopie möchte ich keinen Pessimismus verbreiten, sonder für einen realistischen Blick werben. Das System inst finanziell gesehen sehr stabil und kann seine Ressourcen kontrolliert herrunter fahren. Übrig bleibt immer noch eine große Kirche. Den amtlichen Nutznießern reicht das.

  4. Wir müssen BACK TO THE ROOTS, weg von Organisationen Institutionen Systemen Methoden… nach der Pfingst- und charismatischen Bewegung hat der Heilige Geist die weltweite Vaterherz-Bewegung angestoßen. Diese wird leider von den Freikirchen wenig bis nicht beachtet, von den großen Kirchen ganz zu schweigen…. es ging/geht Gott/JESUS eben NICHT um Religion, sondern um GNADE BEZIEHUNG IDENTITÄT für jeden einzelnen und für die Menschheit♡♡♡ Liebe Grüße aus dem Rheinland

  5. Wenn es um die Kirche als Institution geht oder als Gebäude, da stimme ich voll zu! Die wird in Bälde zerbröseln. Das hat sich schon vor vielen Jahren angekündigt! Das gilt für die evangelische und erst Recht für die katholische. Die Menschen brauchen keine Kirche, sie brauchen und suche Gemeinden! Gemeinde = Gemeinschaft ♥️ Und viel mehr JESUS IN DER MITTE! DAS läßt bei beiden Denominationen sehr zu wünschen übrig 😢

  6. Kirche ändert nur Form

    „Größtes Problem ist der Rückgang der Mitglieder. Die Kirche verliert die Menschen, die Lust haben, sich einzubringen. Dieser Verlust ist so massiv, dass die Kirche bis 2030 ausgeblutet ist“! Das sagen die beiden Theologen. Beide haben zumindest in einem Punkt nicht ganz recht: Seit den 1970er Jahren gibt es eine beide heutige (Noch-)Volkskirchen betreffende Studie. Was dort geschrieben werden, stimmt auch 2022: Denn lediglich etwa 3% der Kirchensteuerzahler*innen werden bis heute wirklich erreicht. Dieser Rest sind immerhin – die manchmal auch vielen – Engagierten und inspiririerten – Menschen in der Kerngemeinde. Die allerdings, muss man eingestehen, brät schon seit langer Zeit oft nur im eigenen Saft. Was dazu kommt, ist die aktuell enorme Zahl der Abgängigen, die aus den beiden Kirchen austreten. Ob die nun nur brave Kirchensteuer zahlten, oder auch aktiv waren, wurde m.W. noch nie erforscht. Dazu kommt, dass die eine oder andere Gemeinde keine Kerngemeinde mehr hat. Da sitzen dann sonntags höchstens ein Dutzend meist ältere Menschen (ich bin auch schon älter) vor Kreuz und Altar. Sie wissen darum – auch ungesagt- die Letzten ihrer Standes zu sein. Allerdings gibt es hier, in einer 100.000-Einwohner-Stadt, eine eloquente Kirchenmusik mit einer riesigen Schar von Kindern und Jugendlichen, oder stadtweit eine florierende Jugendarbeit. Es fehlen aber in der Gemeinde alle Gruppen, Kreise und jegliche Form von Gemeinschaftsmöglichkeit für alle Gemeindeglieder in der Kirchengemeinde: Christliche Gemeinschaft meldet „Fehlanzeige“! Die von Evangelikalen oft behauptete linksorientierte sowie glaubensmäßig abgängige Ev. Kirche in Deutschland, mit ihrer angeblich in hohem Maße unfrommen Pfarrer/innenschaft, halte ich eher schon für eine Verleumdung. Denn für alle Christen und für mich vor allem gilt der Bibelvers: „Wir sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollten“!

    Ein Jesuit, vor 45 Jahren Bundesleiter der ökumenischen Aktion 365, und Nachfolger des damals bekannten Maschinengewehr Gottes (Pater Leppich) hat damals eine fast eine prophetische Aussage gemacht: Kirche der Zukunft wird fromm sein, ökumenisch und im Wesentlichen eine Gemeinschaft vieler kleiner Gruppen, die teilweise exemplarisch ihren Glauben leben, offen sind für jedermann und wie viele kleiner Licht in der Welt, sein werden. Solche Inseln könnten genauso wirksam sein als Sauerteig und Salz der Erde, wie die behäbig und bürokratiebelasteten schweren Tanker der Noch-Volkskirchen. Wir brauchen Christinnen und Christen an den Hecken und Zäunen der Welt, eine kirchliche Umstellung einer Komm-Struktur auch auf eine wesentliche Geh-Hin-Struktur: Zu den Menschen, in ihren Alltag und vielleicht auch auf Zeit mit armen und benachteiligten Menschen zu leben. Kirche im Sinne Jesu stirbt nie, sie ändert nur ihre Form. Wir brauchen nicht unbedingt festzementierte Glaubensdogmen, aber vom Geist Gottes inspirierte Menschen. In den 38 Jahren in einem EKHN-Kirchenvorstand haben wir – wie der Volksmund sagen würde – „wie die Brunnenputzer“ gearbeitet: Die Bürokratie am Laufen gehalten, die vielen Personalprobleme bearbeitet und den Status Quo aufrecht erhalten. Zukünftig dürfte es arme Kirche/n geben, aber in einem geistlichen Sinne: Sie werden ihr Potential daraus schöpfen, dass sie täglich aus der Vergebung leben.

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