Zwei Millionen Hongkonger schoben sich demonstrierend durch ihre Stadt. Sie protestierten gegen das von China angekündigte Auslieferungsabkommen. Unter ihnen: Joshua Wong, Häftling Nummer 4030XX, einer der führenden Köpfe der Regenschirm-Bewegung 2014.
In „Unfree Speech“ zeichnet der junge Mann seinen Weg aus einer gut situierten, unpolitischen, protestantischen Mittelschichtfamilie nach hin zum kraftvollen, visionären und aufrechten Widerständler. Als Vierzehnjähriger hat er in der Kirche eine Vision: Du sollst mehr tun als Gott zu loben und die Bibel zu lesen. Rastlos stellt er sich die Frage: WWJT? Was würde Jesus tun? Wong erkennt für sich: Du bist berufen gegen die chinesischen Gehirnwäsche-Lehrpläne in der Schule aufzustehen.
Mit ein paar Freunden näht er Fahnen, druckt Flyer und veranstaltet Sit-ins. 18 Monate später strömen 120.000 schwarz gekleidete Menschen auf die Straße. Die Menge jubelt: Wir haben die Regierung satt! Tags darauf wird die Lehrplanänderung zurückgezogen.
Doch Joshua Wong und seinen Mitstreitern ist das längst nicht mehr genug: Sie haben sprichwörtlich Blut geleckt in ihrem Kampf für Demokratie. Und damit bieten sie den chinesischen Machthabern die Stirn. Es folgen Ausgrenzung, Erniedrigung und Verhaftung. Wong geht diesen Weg sehr konsequent und geradlinig. Für ihn wird die politische Haft zu einem unvermeidlichen Zwischenschritt auf dem Weg zur Demokratie. Auch im Gefängnis verstummt seine Stimme nicht. Kämpferisch schreibt er: Kopf hoch! Benutzt eure Tränen, eure Wut und Enttäuschung als Motivation, um vorwärts zu preschen.
„Unfree Speech“ ist das spannende und mutige Portrait eines jungen Menschen. Joshua Wong wird zum Vorbild einer Generation Hongkonger. Wie sein Namensgeber Josua in der Bibel verschreibt er sich dem Kampf gegen Riesen. Er wagt sich sprichwörtlich mit Worten, Gedanken und Taten über den Jordan. Das biblische Wort aus Timotheus 4,12 gibt ihm Kraft und verleiht im Flügel. Auf dem Weg des Widerstandes reift er menschlich, charakterlich, geistlich. Wong lässt die Regierenden in Peking zittern, denn er verkörpert den Traum, dass die Macht des Einzelnen etwas in Bewegung bringen kann.
Das Buch ist keine nette Plauderei eines Schülers, sondern es ist eine klare Weltansage, ein dringlicher Appell an die Rechtsstaaten dieser Welt. „Was in Hongkong passiert, ist für die ganze Welt von Bedeutung. Hongkong steht an vorderster Front. Wenn Hongkong fällt, könnte die freie Welt fallen.“
Von Rüdiger Jope
