Dieses Weihnachtslied könnte man auch zu Ostern singen. Es umfasst alles von der Ankunft Jesu an Weihnachten bis zu seinem Tod und der Auferstehung. Nur die gesamte frohe Botschaft kann diese Freude auslösen, um die es im Lied geht.
- Freuet euch, ihr Christen alle, freue sich, wer immer kann;
Gott hat viel an uns getan.
Freuet euch mit großem Schalle,
dass er uns so hochgeacht, sich mit uns befreundt gemacht.
Ref.: Freude, Freude über Freude: Christus wehret allem Leide. Wonne, Wonne über Wonne: Christus ist die Gnadensonne.
- Siehe, siehe, meine Seele, wie dein Heiland kommt zu dir,
brennt in Liebe für und für,
dass er in der Krippen Höhle harte lieget dir zugut,
dich zu lösen durch sein Blut. - Jesu, wie soll ich dir danken?
Ich bekenne, dass von dir meine Seligkeit herrührt.
So lass mich von dir nicht wanken,
nimm mich dir zu eigen hin, so empfindet Herz und Sinn. - Jesu, nimm dich deiner Glieder ferner noch in Gnaden an;
schenke, was man bitten kann,
zu erquicken deine Brüder;
gib der ganzen Christenschar Frieden und ein seligs Jahr.
Christian Keimann
Sehnsucht nach Frieden
Wer zu Weihnachten ein Stück aufführen möchte, muss alles von langer Hand vorbereiten. Das Lied „Freuet euch, ihr Christen alle“ schuf Christian Keimann, der Rektor des Gymnasiums in Zittau. Es stammt aus seinem Weihnachtsspiel „Der neugeborene Jesus, den Hirten und Weisen offenbart“. Vertont vom Zittauer Kantor Andreas Hammerschmidt erklang es erstmalig bei der Uraufführung im Jahr 1645 – der Dreißigjährige Krieg war immer noch nicht zu Ende. Das viele Leid und die große Sehnsucht nach Frieden kommen deutlich zur Sprache.
Die Weihnachtsbotschaft aber heißt: Christus übernimmt den Kampf gegen alles Leid und Leiden. Auch und gerade in dunkelsten Zeiten ist er als Sonne der Gnade Gottes wahrzunehmen. Darum gibt gleich zu Beginn des Liedes und dann mehrfach im Refrain die Freude den Ton an. Und nicht von ungefähr wird das Lied eingerahmt von zwei Dutzend Halleluja-Rufen. Sie sind neuerdings in Gesangbüchern wieder abgedruckt.
Alle Christen sind angesprochen
Die erste Strophe fordert auf, sich über Gottes Handeln und seine Freundschaft mit uns zu freuen. Ausdrücklich werden alle Christen angesprochen – vielleicht ein versteckter Hinweis darauf, dass der unselige Krieg aus konfessionellen Konflikten hervorging. In der letzten Strophe wird daran erinnert, dass wir Christen Glieder des Leibes Christi sind. Und als Kinder Gottes „Jesu … Brüder“ (so das Original; vgl. Hebräer 2,11).
Die Hirten und Weisen treten im Lied „Freuet euch, ihr Christen alle“ nicht mehr auf. Beim Singen der zweiten Strophe wird jeder Einzelne aufgerufen, persönlich seinen Blick dem Heiland zuzuwenden. Die Krippe wird genannt, aber nicht idyllisch, wie in vielen Weihnachtsliedern und -bildern. Denn hier beginnt der harte Weg, den Jesus für uns antrat. Die Krippe steht auch nicht in einem geschmückten Stall, sondern in einer Höhle. Das war zur Zeit der Geburt Jesu der übliche Zufluchtsort für Schafherden.
Das Wort „Höhle“ lenkt zugleich den Blick auf den letzten Ort des irdischen Weges Christi, auf das Grab, in dem der blutig verstorbene Erlöser ruhte. Bis zu seiner Auferstehung. Der Bogen dieses Weihnachtliedes ist sehr weit gespannt – von der Ankunft Jesu („der Heiland kommt“) über Weihnachten bis hin zu seinem Sterben und Auferstehen! Warum? Das Heilsgeschehen als Ganzes begründet die tiefe, vielfache Freude.
Jesus als Grund der Weihnachtsfreude
Es folgt ein persönliches Gebet: Dank, Bekenntnis, Bitte und Hingabe werden jeweils kurz auf den Punkt gebracht. Denn Jesus ist der Grund „herz“-licher und „sinn“-voller Weihnachtsfreude! Abschließend folgt – das Krippenspiel ist auch eine Art Gottesdienst! – eine Fürbitte, ein Friedensgebet für die ganze Christenschar! Und nicht nur für die aktuelle Weihnachtszeit, sondern für das beginnende neue Jahr.
Es gibt nicht viele Weihnachtslieder, die ein so breites Spektrum abbilden. Der Verfasser Christian Keimann wusste, wie man – auch und gerade in schweren Zeiten – durchhalten kann: Mit Christi Kraft. Das war sein Wahlspruch. Darin sind – ein Monogramm – die Anfangsbuchstaben seines Magistertitels und dann seines Vor- und Nachnamens versteckt.
Text: Reinhard Deichgräber