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Müde bin ich, geh zur Ruh

Als 18-Jährige schrieb die Dichterin Luise Hensel ein Nachtgebet, welches später zu einem der bekanntesten Abendlieder wurde. Seitdem klingen allabendlich die Worte „Müde bin ich, geh zur Ruh“ durch die deutschen Kinderzimmer.

  1. Müde bin ich, geh zur Ruh,
    schließe meine Augen zu.
    Vater, lass die Augen dein
    über meinem Bette sein.
  2. Hab ich Unrecht heut getan,
    sieh es, lieber Gott, nicht an.
    Deine Gnad und Jesu Blut
    machen allen Schaden gut.
  3. Alle, die mir sind verwandt,
    Gott, lass ruhn in deiner Hand;
    alle Menschen, groß und klein,
    sollen dir befohlen sein.
  4. Müden Herzen sende Ruh,
    nasse Augen schließe zu.
    Lass den Mond am Himmel stehn
    und die stille Welt besehn.

Luise Hensel


Das Lied „Müde bin ich, geh zur Ruh“ aus dem Liederschatz-Projekt von Albert Frey und Lothar Kosse.

Gesangbuchlieder über den Mond?!

Eine kleine Probe könnte sich lohnen: Fragen Sie in einem Hauskreis oder einer anderen christlichen Gemeinschaft, in welchen Gesangbuchliedern der Mond vorkommt. Da wird es kein langes Überlegen geben: „Der Mond ist aufgegangen“. Aber wir können ja einmal weiterfragen: Und wo noch? Ob jemand auf diese Frage eine Antwort weiß? Wahrscheinlich niemand, denn abgesehen von Matthias Claudius’ bekanntem Abendlied gibt es nur ganz wenige geistliche Dichtungen, die den Mond erwähnen. Das Lied „Müde bin ich, geh zur Ruh“ gehört dazu.

Häufiger gesprochen

„Müde bin ich, geh zur Ruh“ gehört zu den bekanntesten Abendliedern in unseren Liederbüchern. Viele Leserinnen und Leser werden es schon als Kind gelernt haben. Vielleicht war es sogar das Abendgebet, mit dem sie als Kind den Tag beschlossen haben. Ja, man kann wohl sagen, dass dieses Lied weit häufiger gesprochen als gesungen worden ist. Dabei beschränkt man sich oft auf die beiden ersten Strophen des eigentlich vier Strophen umfassenden Liedes.

Das Abendlied beziehungsweise das Abendgebet enthält alles, was zu einem Abendgebet gehört: Am Anfang steht die Bitte um Gottes gnädigen Schutz; es folgt die Bitte um Vergebung, danach die Fürbitte für die Verwandten und schließlich – welch großes Herz! – für alle Menschen. Besonders erwähnt werden schließlich die Menschen, die von Leid geplagt werden.

Ungewöhnliches Anliegen

Aber dann, nach diesen Bitten, macht das Lied einen überraschenden Sprung. Plötzlich richtet sich der Blick von der Menschenwelt nach oben, zum Himmelszelt, zum Mond. Dabei klingt es schon etwas eigentümlich, wenn das Kind oder natürlich ebenso gut ein Erwachsener, Gott darum bittet, er möge den Mond am Himmel stehen lassen! Und was soll der gute Mond da oben machen? Nichts Außergewöhnliches, nichts Spektakuläres, sondern einfach nur dies: Er soll sich „die stille Welt“ ansehen. Wie gesagt: Ziemlich ungewöhnlich ist dieses Gebetsanliegen, aber auf jeden Fall ist es ein wunderbares Einschlafbild. Und wem verdanken wir diesen Text? Luise Hensel, noch nicht ganz zwanzig Jahre alt. Als sie das Lied am 3. Januar 1817 dichtete, hatte ihre Familie großen Kummer, „nasse Augen“. Nicht lange nach der Abfassung des Liedes ist die Dichterin zur katholischen Kirche übergetreten.

Text: Reinhard Deichgräber


Hier findest du gute Gedanken zu weiteren altbekannten Chorälen und christlichen Liedern.

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