Neben der Vorfreude auf das Weihnachtsfest ist der Advent in der Kirche eine Zeit der Buße. Dieses Adventslied ruft uns dazu auf, unser Herz verwandeln zu lassen, damit wir frohe Weihnachten feiern können.
- Mit Ernst, o Menschenkinder,
das Herz in euch bestellt;
bald wird das Heil der Sünder,
der wunderstarke Held,
den Gott aus Gnad allein
der Welt zum Licht und Leben
versprochen hat zu geben,
bei allen kehren ein. - Bereitet doch fein tüchtig
den Weg dem großen Gast;
macht seine Steige richtig,
lasst alles, was er hasst;
macht alle Bahnen recht,
die Täler all erhöhet,
macht niedrig, was hoch stehet,
was krumm ist,
gleich und schlicht. - Ein Herz, das Demut liebet,
bei Gott am höchsten steht;
ein Herz, das Hochmut übet,
mit Angst zugrunde geht;
ein Herz, das richtig ist
und folget Gottes Leiten,
das kann sich recht bereiten,
zu dem kommt Jesus Christ. - Ach mache du mich Armen
zu dieser heilgen Zeit
aus Güte und Erbarmen,
Herr Jesu, selbst bereit.
Zieh in mein Herz hinein
vom Stall und von der Krippen,
so werden Herz und Lippen
dir allzeit dankbar sein.
Valentin Thilo
Stressige Adventszeit
Für die meisten Menschen unserer Zeit dient die Adventszeit in erster Linie der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Geschenke wollen gekauft, Kekse und Kuchen müssen gebacken werden, und Feiern sollen vorbereitet und durchgeführt werden. Meistens bedeutet das neben einer gewissen Feststimmung vor allem vor-festlichen Stress.
Advent heißt: Kehre um!
Von Haus aus hat die Adventszeit allerdings einen ganz anderen Charakter. Sie ist eine Zeit der Buße. In den Kirchen erscheint als liturgische Farbe das strenge Lila. Die Botschaft der vier Adventssonntage lautet – neben aller Vorfreude auf das Weihnachtsfest: Mensch, kehre um! Denn so wie du bist, kannst du das Fest der Menschwerdung deines Gottes nicht feiern! Solcher Ernst spricht auch aus dem Adventslied „Mit Ernst, o Menschenkinder“. Es ruft uns auf, unser Herz „zu bestellen“, also unser Herz verwandeln zu lassen, damit wir Weihnachten feiern können. Es ist die ernste Botschaft Johannes des Täufers, des Vorläufers Jesu, die aus dem Lied spricht, das der Königsberger Professor der Beredsamkeit, also der Rhetorik, Valentin Thilo in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges schrieb.
Die Stimme des Täufers
Das Lied hat vier Strophen. Der ursprüngliche Text der letzten Strophe zeigt, dass wir in den vorangegangenen Strophen die Stimme des Täufers hören sollen. Und so lautet diese Strophe eigentlich:
Das war Johannes’ Stimme,
das war Johannes’ Lehr:
Gott strafet den mit Grimme,
der ihm nicht gibt Gehör.
O Herr Gott, mach auch mich
dankbar genießen
zu deines Kindleins Krippen,
so sollen meine Lippen
mit Ruhm erheben dich.
Das schien allerdings schon damals vielen Menschen zu hart, und so hat bereits das Lüneburger Gesangbuch vom Jahr 1657 diesen Text durch einen anderen ersetzt, den, den wir heute in unseren Gesangbüchern finden.
Das Herz als Schlüssel zu Weihnachten
Das Lied „Mit Ernst, o Menschenkinder“ hält sich vor allem an das, was uns Lukas (3,1-6) über die Botschaft des Täufers sagt. Johannes ruft unter Berufung auf den Propheten Jesaja (40,3f) dazu auf, dem Herrn, „dem großen Gast“, wie es im Lied heißt, den Weg zu bereiten. Dabei ist das schon erwähnte Wort „Herz“ das Schlüsselwort des ganzen Liedes. Nicht weniger als sechsmal kommt es vor!
Wir singen dieses Lied nach der Melodie des Liedes „Von Gott will ich nicht lassen“; sie entspricht dem ernsten Charakter von „Mit Ernst, o Menschenkinder“ sehr gut und klingt mit den Worten und ihrem Sinn in guter Weise zusammen. Die vierte Strophe aber, deren Verfasser wir übrigens nicht kennen, ist ein wunderbares Vorbereitungsgebet auf das Weihnachtsfest. Wer es in der Adventszeit täglich mit Ernst und Andacht betet, wird wirklich ein frohes, reich gesegnetes Weihnachtsfest erleben.
Text: Reinhard Deichgräber