Dieses Buch unterscheidet sich von den üblichen Biografien. Mich hat der Titel schon sehr berührt, denn es geht um einen „vom Leben Gezeichneten“ und „Gnade“. Genau davon handelt Brennan Mannings Autobiografie.
Der Autor erzählt ohne Beschönigung von den Verletzungen seiner Kindheit, ohne deswegen seine Eltern zu beschuldigen oder sich damit für seine späteren Fehler zu rechtfertigen. Besonders seine Mutter hat ihn sehr geprägt. Aber Manning erkennt, dass seine Mutter auch eine verletzte Seele war und macht, wenn auch sehr spät, seinen Frieden mit ihr.
Manning schildert sehr offen und ohne Beschönigung oder Verteidigung seine Kämpfe und sein Versagen, sein Fehlentscheidungen und Schwächen. Aber Gott hat ihn schließlich gefunden und berührt, und so geht Brennan seinen Weg mit Gott – ob als Mönch, bei den „kleinen Brüdern“ oder als Evangelist und Buchautor. Er erlebt in allem Gottes immerwährende Gnade und Vergebung.
Seine Trunksucht, die auch seine Ehe scheitern lässt, zerstört ihn und vieles in seinem Leben, und doch kann er es nicht lassen. Er wird gefragt nach dem „Warum nicht?“ , schließlich ist er Christ und lebt mit Gott und ist ein bekannter beliebter Prediger. Mich hat Mannings Ehrlichkeit und Offenheit, sein Kampf, das Richtige zu wollen und dann doch wieder zu versagen, sehr berührt. Auch, wie er gerade deshalb aus der Gnade und Liebe Gottes lebt.
Das Buch wäre etwas einseitig, wenn nicht die Briefe und Berichte seiner Freunde wären, die Manning aus einer anderen Perspektive erlebten. In seiner Zerbrochenheit – oder gerade deswegen – hat er unzählige Menschen in seinen Vorträgen und mit seinen Büchern berührt. Die Briefe seiner Freunde zeigen einen Menschen, der, wenn jemand in Not war und ihn brauchte, sofort ohne zu zögern auch die „zweite Meile“ mit ihm ging. Manning scheute weder Zeit noch Kraft, Menschen zu helfen, mit ihnen zu reden, für sie zu kämpfen. Seine Sicht auf sich selbst ist eine ganz andere als die Wirkung, die er auf die Menschen hatte, denen er begegnete. Dessen scheint er sich nicht bewusst zu sein. Denn eine Begegnung, ein Gespräch mit ihm, war für viele Menschen der Wendepunkt in ihrem Leben. Ein Verwundeter heilte andere Verwundete. Brennan „weiß“ um den Kampf, die Not des immer wieder Versagens aber auch, dass Gottes Gnade größer ist. Dies erlebte er, davon spricht er und damit lebt er. Bis heute.
Von Christa Keip