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Michael Patrick Kelly: „Ich brauche keine Extreme mehr, um mich lebendig zu fühlen!“

Mit der Kelly Family feierte „Paddy“ in den Neunzigerjahren weltweite Erfolge. Als der Ruhm ihn innerlich zerstörte, ging er für sechs Jahre ins Kloster – und fand zum christlichen Glauben. Heute ist er wieder im Showbiz dabei und ab heute mit seinem neuen Album „ID“ auf Tour. Mit Simon Jahn sprach der Musiker über den großen Musikzirkus, seinen Glauben und die Kirche.

Du bist seit ein paar Jahren zurück im Showbiz. Hat es sich im Vergleich zu der Zeit der großen Kelly-Family-Erfolge verändert?

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Patrick Kelly: Die sozialen Netzwerke sind im Laufe der Zeit dazugekommen, ansonsten ist eigentlich alles gleich geblieben. Aber ich ticke heute anders. Ich mache nur noch das mit, worauf ich Lust habe und was für mich sinnvoll ist.

Die Oberflächlichkeit des Musikbusiness hat früher eine Leere in dir erzeugt, die dich zuerst fast in den Selbstmord getrieben und dich schließlich dazu gebracht hat, ins Kloster zu gehen. Bist du mit gemischten Gefühlen wieder zurückgekehrt in den großen Musikzirkus?

Nachdem ich das Kloster wieder verlassen hatte, habe ich mir ein Jahr Zeit genommen, um anzukommen. Ich hatte noch nicht einmal ein Handy. Und danach habe ich mich peu à peu wieder hineingetastet ins Showbusiness – mit Auftritten, Pressekonferenzen, Medienterminen. Aber ich teile wenig von meinem Privatleben mit der Öffentlichkeit. Es ist logisch dass immer eine Kluft zwischen deinem Image und deiner eigentlichen Person entsteht, weil man immer nur Bruchstücke des Künstlers mitbekommt. Wirklich kennenlernen kann man einen Künstler finde ich nur bei Liveauftritten. Für diesen direkten Kontakt mit den Menschen brenne ich. Auch weil ich finde, dass Künstler eine wichtige, verbindende Rolle in der Gesellschaft haben. Früher waren die Folkmusiker ein Sprachrohr des Volkes. Das war meine erste Musik, und so sehe ich meine Aufgabe auch heute noch.

Ist das eine Berufung?

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Rainer Maria Rilke hat es sehr schön formuliert in seinen „Briefen an einen jungen Dichter“. Dieser junge Dichter war sich unsicher, ob er dazu berufen ist, Dichter zu sein. Und Rilke schrieb: Wenn du in dir die Notwendigkeit spürst, etwas ausdrücken zu müssen, dann bist du berufen, Künstler zu sein. In diesem Sinne empfinde ich eine Notwendigkeit in mir, mich durch Musik auszudrücken – ohne den Anspruch zu haben, anderen allgemeingültige Antworten oder Lösungen aufzudrücken. Das wäre hochmütig. Aber wenn man meint, ein Licht oder eine Antwort für Fragen und Herausforderungen gefunden zu haben, die viele Menschen bewegen, dann ist das natürlich gut. Wenn ich singe: „There Is Hope“, dann ist das ein Imperativ, eine Hoffnung, ein Sieg aus einer dunklen Zeit, in der ich durchgehalten und Hoffnung gefunden habe. Aber erst diese persönliche Erfahrung macht es glaubhaft.

„Die drei Ecksteine, auf denen mein Leben aufbaut:
der Glaube, die Musik und meine Ehe“

Die erste Singleauskopplung aus „ID“ hieß „Golden Age“. Du hast einmal angedeutet, dass – nach den Kelly-Erfolgen und der Klosterzeit – eine dritte Lebensphase jetzt für dich eine solch goldene Zeit ist. Ist dein Leben heute für dich eine perfekte Mischung aus Musik, Erfolg, Glaube und Bodenständigkeit?

Ja, absolut. Es gibt momentan drei Ecksteine, auf denen mein Leben aufbaut: der Glaube, die Musik und meine Ehe. Auf diesen drei Ebenen hat alles seine gute Ordnung. Ich brauche keine Extreme mehr, um mich lebendig zu fühlen, sondern ich bin bei mir. Ich weiß, wo ich herkomme, und kenne meine Identität. Natürlich bleibe ich ein suchender Mensch, aber mit einer inneren Ruhe. Das Lied ist aber gleichzeitig eine Sehnsucht nach einer goldenen Zeit in einer Welt, in der viel Chaos herrscht. Das Album wurde in London aufgenommen in der Zeit, in der Donald Trump gewählt wurde und Theresa May den Brexit unterschrieb. Auch fand wenige Kilometer vom Studio entfernt der Terroranschlag statt. Die Identitäten von Europa und Amerika – und damit auch der Weltpolitik – sind sehr im Umbruch. Da kann man in Hoffnungslosigkeit verfallen, aber mein Gefühl war: Wenn die Musiker auf der Titanic anfingen zu spielen, als das Schiff am Sinken war, dann ist das vielleicht auch heute das Beste, was wir tun können. Musik erhebt den Geist und erinnert uns daran, wer wir sind. Sie kann helfen, Menschen zu verbinden, in Momenten, in denen sie dazu tendieren, noch weiter auseinanderzudriften. Ich denke allerdings nicht, dass Kunst die Welt retten kann, so wie es Dostojewski einmal gesagt hat. Denn für mich gibt es nur einen Retter der Welt.

Du hast einmal den schönen Satz gesagt: „Ein Leben ohne Gott ist wie eine Gitarre ohne Koffer.“ Was meinst du damit?

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Wenn man keine klare persönliche Orientierung hat oder seine Sicherheit auf Dinge baut, die man verlieren kann – Gesundheit, Beruf, Menschen, die man liebt –, dann ist keine Sicherheit mehr da, sobald das wegfällt. Ich habe meinen Schutz und meinen Frieden im Glauben an Gott gefunden.

Hast du im Touralltag auch Möglichkeiten, deinen Glauben zu leben?

Ich nehme mir – egal ob zu Hause oder auf Tour – mehrere Male am Tag Zeiten, an denen ich still werde, die Bibel aufschlage oder bete. Im Klosterleben gibt es das Stundengebet – das sind sieben Momente am Tag, an denen man betet. Und das versuche ich umzusetzen – mit ein bisschen mehr Rock’n’Roll im Lifestyle.

Bist du durch deinen Glauben im Showbusiness auch schon angeeckt?

Eigentlich habe ich nur gute Erfahrungen gemacht und spannende Gespräche geführt. Viele Menschen sind sehr offen für das Unsichtbare. Nach den Shows und ein, zwei Bieren entstehen da oft spannende Gespräche. Die Leute stellen mir oft Fragen zu meiner Biografie und dem Glauben. Viele haben Schwierigkeiten mit der Kirche, aber Gott oder etwas Höherem stehen sie meist offen gegenüber. Selbst bei den Atheisten, denen ich begegnet bin, rührte die Ablehnung eher aus Enttäuschungen oder schlechten Erfahrungen

„Es ist Zeit für eine Erneuerung der Musik in Gottesdiensten“

Wie beurteilst du die Musik in den Kirchen heutzutage?

Ich finde die Musikkultur in den Kirchen oft sehr schlecht. Wir haben über Jahrhunderte eine unglaublich anspruchsvolle sakrale Musik gehabt. Heute machen viele nicht mehr als so ein bisschen Schrabbel-Schrabbel-Hallelujah. In den USA und Südamerika füllen die Gemeinden Stadien mit professioneller Worship-Musik. So etwas wünsche ich mir auch für Europa – eine qualitativ gute Kunst in der kirchlichen Musik, denn Qualität kann man nicht widersprechen. In Polen gibt es beispielsweise 200 professionelle Anbetungsbands, die von der Musik leben. So etwas fehlt uns in Deutschland. Es ist Zeit für eine Erneuerung der Musik in den Gottesdiensten.

Muss sie moderner werden, damit vor allem jüngere Leute wieder einfacher Zugang zu ihr finden?

Da muss man von Kontinent zu Kontinent differenzieren. In Süd- und Nordamerika wie auch in Afrika begegnet man einer Kirche, die sehr jung und lebendig ist, ohne sich zu verbiegen oder bei der Wahrheit Kompromisse einzugehen. In Europa hat man schon das Gefühl, dass die Kirchen sehr weit von der Gesellschaft und der aktuellen Lage der Menschen entfernt sind. Anstatt uns an Ritualen und Traditionen festzuklammern, sollten wir auch hierzulande lernen, die Türen weit aufzumachen.

Wie kann das aussehen?

Ich versuche, einfach ich selbst zu sein und nicht zu verkopft oder zu theologisch zu glauben. Gott ging so weit, selbst Mensch zu werden, um uns in einer menschlichen Sprache anzureden, mit uns zu leiden und zu sterben – nur um uns zu erreichen. Vielleicht ist es dieses Menschliche, das junge Leute in Kirchen vermissen. Diese Nähe zum alltäglichen Leben. Allerdings: Da, wo gläubige Menschen Gott und ihren Nächsten wirklich lieben, ist die Bude voll. Ich glaube, jeder hat ein Gespür dafür, ob etwas authentisch ist oder nicht.

Danke für das Gespräch.


 

Michael Patrick Kelly hat gerade sein drittes Solo-Album „iD“ veröffentlicht. Seine Album-Tour startet heute in Dortmund. Mehr Infos: www.michael-patrick-kelly.com

 

Das vollständige Interview mit Michael Patrick Kelly ist zuerst in Ausgabe 7/2017 des Magazins DRAN NEXT erschienen. Die Zeitschrift wird vom SCM Bundes-Verlag herausgegeben, zu dem auch Jesus.de gehört.

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