Seit Jahren gibt es Streit um die Autonomie des Katharinenklosters auf dem Sinai. Nach einem Gerichtsurteil sprechen die Mönche von einer „de-facto-Vertreibung“. Die Behörden dementieren, der Weltkirchenrat zeigt sich besorgt.
Das griechisch-orthodoxe Katharinenkloster auf der Sinai-Halbinsel wurde zwischen 548 und 565 im Auftrag des byzantinischen Kaisers Justinian I. erbaut und ist seit 2002 Weltkulturerbe. Es liegt am Fuß des Bergs Sinia (Dschebel Musa), auf dem Gott Moses die Tafeln mit den Zehn Geboten gegeben haben soll. In der Klosterbibliothek lagern rund 4.500 Manuskripte von unschätzbarem Wert. Am 7. Februar 1859 fand der Theologieprofessor Konstantin von Tischendorf in dem Kloster den sogenannten Codex Sinaiticus. Das Katharinenkloster gilt als ältestes aktives Kloster der Welt. Heute leben dort noch rund 20 Mönche. Sie unterstehen der griechisch-orthodoxen Erzdiözese des Sinai.
Um die religiöse Nutzung des Klosters streiten die griechisch-orthodoxe Kirche und der Staat Ägypten seit dem Jahr 2012. Vorläufiger Höhepunkt: ein Gerichtsurteil vom 28. Mai, das den ägyptischen Staat als Eigentümer aller Teile des Geländes anerkennt, einschließlich des Klosters selbst. Die Behörden dementieren eine „Enteignung“. Das ägyptische Außenministerium bekräftigte laut Vatican NEWS, es werde den „einzigartigen und heiligen“ Status des Klosters erhalten und seine guten Beziehungen zu Griechenland nicht gefährden. Ähnlich äußerte sich laut Medien der zuständige ägyptische Gouverneur für den Süd-Sinai. Regierungsvertreter rechtfertigen die Maßnahme als einen Akt des Schutzes des kulturellen Erbes des Klosters.
Griechisch-orthodoxe Kirche: „Skandalöses Urteil“
Völlig anders fiel die Reaktion der griechisch-orthodoxen Kirche aus, die das Urteil als „skandalös“ bezeichnete. Die ägyptische Regierung beschneide damit die Freiheiten der Kirche. Die Mönche sprechen von einer „de-facto-Vertreibung“ aus ihrem eigenen Kloster. Der Erzbischof des Klosters, Damianos, erklärte gegenüber dem Nachrichtenporal „The National Herald“: „Ich bin heute 91 Jahre alt und lebe seit meinem 27. Lebensjahr im Kloster – Sie können sich den Schmerz in meinem Herzen vorstellen.“ Weiter erklärte er: „Seit über zehn Jahren sind wir vor Gericht, weil unser Recht auf Eigentum an diesem Land verweigert wird. Es handelt sich um heilige Stätten, die von Menschen aus der ganzen Welt besucht werden und von denen die ägyptische Regierung profitiert; und doch wollen sie diese nicht als unser Eigentum anerkennen.“
Politisch schlug das Gerichtsurteil ebenfalls hohe Wellen. Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis telefonierte laut Medienberichten mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi. Dann reiste der griechische Außenminister Giorgos Gerapetridis nach Kairo. Man habe sich darauf verständigt, „umgehend darauf hinzuarbeiten, die Rechte des Klosters zu sichern“, erklärte Gerapetridis laut Süddeutscher Zeitung.
Auch der Weltkirchenrat reagierte mit Besorgnis auf die jüngsten Ereignisse. „Die Anwesenheit der Mönche im Kloster ist prekär, da sie sich auf eine jährliche Aufenthaltsgenehmigung stützt, die die ägyptischen Behörden jederzeit nicht verlängern können“, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Protokollpunkt des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Die Mönche seien jetzt Pächter in ihrem Kloster. Nötig sei ein „klares und verbindliches Abkommen, das das Recht und den Anspruch des Klosters auf das Grundstück auf Dauer anerkennt und das den Schutz des religiösen Lebens und der Obliegenheiten der Mönchsgemeinschaft garantiert“, hieß es.
Dokumentation über das Katharinenkloster:
Quellen: epd, www.thenationalherald.com, www.deutschlandfunkkultur.de, www.fides.org, Vatican News, Süddeutsche Zeitung
Nach meinem Kenntnisstand gibt es einen Schutzbrief von Mohammed für das Kloster, im Kloster selbst sei nur eine Kopie aus der Zeit des osmanischen Reiches, das Original sei in Istanbul. Weiß jemand, ob es wirklich ein erhaltenes Original gibt? Und ob so ein Brief (sei es auch in Kopie) vom ägyptischen Staat anerkannt wird und einen besonderen Schutz bewirkt, oder ob der bisherige Schutz nur aus Tradition bzw. erfolgte, bzw den allgemeinen Koran-Vorschriften für christliche „Schutzbefohlene“ ?
Wäre schlimm, wenn das Kloster nicht erhalten bliebe. Dieses Kloster ist doch wirklich etwas historisch und religiös Besonderes.
Völlig unvernünftige Schickanen
Ich habe jeweils mit unserer Reisegruppe dreimal seit 1990 vom Katharinenkloster aus den Berg Sinai bestiegen. Die Schickanen, die dort die Mönche im Kloster seitens des Staates ausgesetzt sind, lassen sich mit Vernunft nicht begründen, zumal die Örtlichkeit doch viele Besucher:innen anzieht. Das Verhalten des ägyptischen Staates, selbst wenn ihm das Klostergebäude aus rechtlicher Sicht gehört, ist in keiner Weise nachvollziehbar.
Man stelle sich vor, das Gelände einer bedeutenden Moschee hierzulande würde enteignet und die Pacht samt Gebetsgenehmigung dafür jährlich nach Gutdünken von der deutschen Regierung verlängert…
Zehn Prozent der Ägypter sind Christen – koptische Christen, die dort schon 600 Jahre vor dem Islam lebten und bis heute Bürger 2. Klasse sind. Immer wieder gibt es Anschläge auf Kirchen und christliche Institutionen, oft während Gottesdiensten.
Militär, eine politische Laufbahn, Verwaltungsjobs – für koptische Christen in Ägypten alles verboten und ausschließlich Muslimen vorbehalten.
Gibt es doch, sogar deutlich krasser.
Die 1960 in Hamburg gebaute blaue Moschee wurde 2024 entschädigungslos enteignet und geschlossen.
Was ich auch in dem Fall für richtig halte.
Aber aus muslimischer Sicht dürfte das mindestens vergleichbar sein.