Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat davor gewarnt, Konflikte bei der Integration von Flüchtlingen zu verschweigen – aber sie dürften auch nicht für Propagandazwecke missbraucht werden. Obergrenzen dürfe es nicht geben, da vielen Flüchtlingen der Tod drohe.
Angesichts der großen Flüchtlingszahlen breite sich in Deutschland Verunsicherung aus. „Die Menschen fragen sich, ob wir die große Zahl von Flüchtlingen weiter bewältigen können“, sagte der bayerische Landesbischof. Allein 2015 kamen 1,1 Millionen Menschen nach Deutschland.
„Die Konflikte bei der Integration dürfen nicht missbraucht werden, um gegen Flüchtlinge zu hetzen oder sie gar zu dämonisieren“, betonte Bedford-Strohm am Rande der Flüchtlingskonferenz des Weltkirchenrates und der Vereinten Nationen in Genf. Er unterstrich, dass die allermeisten Flüchtlinge dankbar für die Aufnahme in Deutschland seien. Zudem zeichne sich die deutsche Bevölkerung nach wie durch große Hilfsbereitschaft und großes Einfühlungsvermögen aus. Mit Blick auf die Übergriffe von Migranten in der Silvesternacht in Köln sagte der Bischof: „Sexuelle Belästigungen und Gewalt sind scharf zu verurteilen, egal von wem sie ausgehen.“
Ratsvorsitzender ist gegen Obergrenzen und Grenzschließungen
Bedford-Strohm wandte sich gegen Obergrenzen für Flüchtlinge und Forderungen nach Grenzschließungen. „Man kann nicht eine Obergrenze festsetzen und dann den Eindruck erwecken, die Probleme seien gelöst“, sagte er. Wer die deutschen Grenzen schließen wolle, müsse auch erklären können, was dann mit den abgewiesenen Männern, Frauen und Kindern passieren und wer für sie sorgen soll. „Stauen sich die Menschen dann in Kroatien, Slowenien oder Griechenland? Oder sollen wir sie in den Krieg nach Syrien zurückschicken?“, fragte er. Eine massenhafte Rückweisung von Flüchtlingen ließe sich nicht mit den humanitären Traditionen Europas vereinbaren. „Es bleibt ja dabei, dass es für viele von ihnen wirklich um Leben oder Tod geht.“
Der EKD-Ratsvorsitzende warb für einen strikt „lösungsorientierten“ Ansatz. Dazu gehöre, dass alle Länder Europas bei der Aufnahme von Flüchtlingen in die Pflicht genommen werden. „Außerdem müssen wir die Lebensbedingungen von Flüchtlingen in den Anrainerstaaten Syriens deutlich verbessern.“ Die Flüchtlingslager etwa in der Türkei, in Jordanien und dem Libanon müssten menschenwürdig ausgestattet werden und den internationalen Hilfsversprechen endlich Taten folgen, forderte der Ratsvorsitzende. Dazu gehöre etwa, dass alle Kinder in die Schule gehen könnten.