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Kirchentagspräsident de Maizière: Pazifisten sind naiv

Freiheit sei wichtiger als Frieden, kritisiert CDU-Politiker Thomas de Maizière die Gegner von Waffenlieferungen. Er hält den Pazifismus trotzdem für notwendig.

Der frühere Bundesverteidigungsminister und aktuelle Kirchentagspräsident Thomas de Maizière hat Kritikern von Waffenlieferungen an die Ukraine einen einseitigen Blick auf die Konsequenzen vorgeworfen. Es gebe bei diesen schwierigen Abwägungen keine widerspruchsfreien Lösungen, sagte de Maizière in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eine Waffenlieferung verlängere Töten und Sterben. „Wenn man das ablehnt, muss man sich aber im Klaren sein, dass der Preis dafür wahrscheinlich Unfreiheit ist“, sagte er.

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„Letztlich geht es also um die Frage: Ist Frieden oder Freiheit wichtiger?“, sagte de Maizière und ergänzte, für ihn sei „Freiheit wichtiger als Frieden“. „Das ist mein Vorwurf an den Pazifismus“, betonte der CDU-Politiker, der von 2011 bis 2013 Verteidigungsminister war. Auf die Frage, ob Pazifismus in seinen Augen naiv sei, antwortete der evangelische Christ mit „Ja“, sagte aber auch, er sei „zugleich nötig als kritischer Maßstab“.

„Ethik muss sich auch im Handeln bewähren.“

Thomas de Maizière

De Maizière vermisst nach eigener Aussage gleichzeitig eine stärkere ethische Debatte über den Einsatz von Waffen. „Oft geht es derzeit um taktische Fragen, und alle kennen jetzt den Unterschied zwischen Marder- und Leopard-Panzern“, sagte er. Über ethische Themen werde zu wenig gesprochen. Der 69-Jährige sprach sich auch für eine neue Friedensdenkschrift der evangelischen Kirche aus. „Darin darf es dann nicht nur um die Moral gehen. Ethik muss sich auch im Handeln bewähren“, sagte er.

De Maizière ist seit 2021 Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags und steht damit dem diesjährigen Christentreffen vor, das vom 7. bis 11. Juni in Nürnberg stattfindet. Es steht unter der Losung „Jetzt ist die Zeit“. Die Losung sei „genau richtig“ in einer Zeit „erschütterter Gewissheiten“, sagte de Maizière. Man habe für gewiss gehalten, dass es in Europa keinen Krieg mehr gibt, die Menschen in einer Überflussgesellschaft leben, Wachstum ewig ist und der deutsche Staat funktioniert.

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All das sei erschüttert, sagte er und verwies nicht nur auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine: „Wir haben plötzlich keinen Hustensaft mehr und Holz wird knapp. Wir freuen uns über 0,1 Prozent Wachstum, was faktisch keines ist. Und wir wissen, dass bei der Staatsorganisation einiges im Argen liegt.“ Der Kirchentag wolle in dieser Situation eine „Zeitendeutung“ versuchen. Zum ersten Treffen nach der Corona-Pandemie werden zahlreiche Spitzenpolitiker, prominente Persönlichkeiten aus Kultur, Gesellschaft und Kirche erwartet.

Link: Hier geht es zur Webseite des Kirchentags.

Quelleepd

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5 Kommentare

  1. Es freut mich sehr Herr Hehner, dass Sie deutlich sagen, dass Krieg gegen den Willen Gottes ist. Sie ändern dann wieder Ihre Meinung, weil die Umstände es erfordern würden, Krieg zu führen. Dabei sind Sie der Meinung, wenn Putin mit dem Rücken an die Wand gedrückt wird, wird es schlimmer werden, eben Atomkrieg. Wenn ich richtig verstehe, sollen von beiden Seiten die Waffen sprechen. Die Folgen sind deutlich sichtbar, wenn ich mir vorstelle, dass auf diesem Weg Putin morgen mit dem Rücken an die Wand stehen wird, ist meine Frage, was hat der Krieg gebracht? wohin hat er geführt? Er hat noch zu grösserer Vernichtung von Menschenleben und Zerstörung geführt, zum Atomkrieg!!!
    Kann das das Ziel sein? Der Krieg dauert jetzt schon mehr als ein Jahr. Wo sind in dieser Zeit wirklich ernsthafte Friedensbemühungen sichtbar geworden? Christus sagt:“ Schlägt Dich jemand auf die eine Wange, so halte ihm auch die andere hin „! Dies heisst für mich, nicht zurückschlagen, aber miteinander sprechen, um Wege zu finden, um das gegenseitige Weiterschlagen zu unterbinden. Wurden solche Versuche ernsthaft unternommen?

    • „Wurden solche Versuche ernsthaft unternommen?“ Ja. Diese Verhandlungen wurden geführt, die Ukraine und Russland hatten sich geeinigt! Aber diese Einigung wurde von England und den USA torpediert!!! Wir hatten diese Diskussion schon mal hier. Wer immer noch meint, dass Russland allein hinter dem Ukraine-Konflikt steht, der ist ein Narr! Hinter diesem Kriegsverbrechen steht die USA. Und Deutschland wird mit zum Handlanger des Grauens und die Kirchen schreien: Hurra! Es ist erbärmlich was hier im Westen abgeht. Hat man aus den letzten Kriegen nichts gelernt???
      Ich kann nur sagen: Gnade uns Gott.

    • Wir kochen nur mit Wasser

      Lieber Jacques Jordans: Sie haben schon recht, dass meine Argumentationsweise widersprüchlich ist. Meine Haltung muss auch so sein, weil jeder Krieg, zumal der völkerrechtswidrige Krieg von Putin gegen die Ukraine, mit all seinen Kriegsverbrechen und Ungeheuerlichkeiten, ein ethisches Dilemma darstellt. Was das Russische Regime tut ist genauso Sünde, wie das Schießen mit Waffen auf Menschen auf beiden Seiten eines Krieges. Und man kann mit den Teufel nie den Belzebub austreiben. Aber Notwehr muss ich andererseits jedem Menschen genauso als Recht zubilligen, wie auch Staaten die völkerrechtswidrig angegriffen werden. Alle infrage kommenden Großmächte oder gewichtige Staaten dieser Welt müssten hier gemeinsam Friedensverhandlungen führen, zu dem Russland aber keinen leitenden Kriegsverbrecher schicken dürfte. Ein Kriegsverbrecher kann keine Waffenstillstandsverhandlungen, Friedensgespräche und die Folgerungen daraus glaubwürdig betreiben. Wer Dietrich Bonhoeffer zurecht ehrt für seinen Widerstand gegen das Naziregime, der müsste aber auch die Idee aushalten können, ernsthaft über die Legitimität eines Tyrannenmordes nachzudenken: Was ich mir aber nicht wünschen würde. Eine globale Gerechtigkeit durch ein Weltgericht, dem man sich nicht so einfach entziehen kann, wäre dringend angebracht umzusetzen. Dazu müsste – was ich aber für recht unwahrscheinlich halte – vor allem die erforderlichen juristischen Veränderungen bei der UNO auch erfolgen können. Es ist ein Skandal, wenn Russland im UN-Sicherheitsrat immer eine Einstimmigkeit verhindern kann und sogar dort noch den Vorsitz führen darf. Echter Frieden auf Erden wird einkehren, nur wenn alle Völker ihre Schwerter zu Pflugscharen (zur Werkzeugen) machen und den Krieg ächten, wie es eine Prophetie des Alten Testamentes für möglich hält. Dazu müssten dann die demokratischen Herrschenden, und die nichtdemokratisch Regierenden akzeptieren, dass es einen Gott gibt, und der auch seinen Geist schickt, und wir müssten ihn wehen lassen. Solche Wunder gibt es sicherlich, aber niemand kann sie herbeizaubern. Wir kochen nur mit Wasser. Ich glaube überhaupt nicht, dass Gott Feuer vom Himmel wirft, Menschen Gewalt antut, wenn er durch Jesus geradezu seine völlige Gewaltlosigkeit in Golgatha bewiesen hatte. Jesus Christus als Friedefürst ist Gottes freundliches Angesicht und er regiert niemals mit Gewalt, sondern mit purer Liebe. (Oder er regiert auch mit unendlicher Langmut) .Deshalb wird er uns nicht abhalten Krieg zu führen, oder gewaltsam eingreifen, um den Krieg zu beenden. Friede gibt es nur, wenn wir einst den Heiligen Geist in uns weltweit wirken lassen. Den Kommentar von Reinhold Geppert möchte ich aus Höflichkeit nicht kommentieren.

  2. Pazifisten sind nicht naiv

    „Pazifisten sind nicht naiv“. Ich bin einer. Allerdings gerade deshalb, weil ich Werte und Ethik – auch aus meinem Christsein heraus verstehe – habe ich im Falle der Ukraine meine Auffassung sehr deutlich geändert. Vielleicht wird dies deutlicher hinsichtlich meiner bereits in den 1970er Jahren gefassten Entscheidung, ein Wehrdienstverweigerer zu sein. Ein beliebtes Bild der atomaren Aufrüstung damals war, sich vorzustellen von zwei Gegenübern. Jeder sitzt da auf seinem Stuhl. Der eine ist waffenstarrend mit 100 Pistolen, gerichtet nach links. Der andere sitzt ebenfalls auf seinem Stuhl, zielt nach rechts, ist aber im Besitz von 101 Waffen. Man kann es sich denken: Nun braucht der mit den 100 Pistolen auch eine, oder besser 2 mehr Pistolen. In dieser Hochrüstung war ein Krieg da fast nicht mehr denkbar, aus Angst vor einem Atomkrieg den niemand überlebt. Wenn doch, dann habe die Bundeswehr versagt. Man würde also lieber heimgehen, aber dies funktioniere dann nicht mehr.

    Will sagen: Da war noch denkbar eine andere Strategie, wenn denn doch ein Krieg ausbräche, trotz Hochrüstung, weil er ja normalerweise ein Weltuntergang wäre. Also doch Bodentruppen, Panzer und dergleichen einrücken würden, statt Atomraketen loszuschicken. Dann könnte man auch das große Wagnis eingehen, zivilen Widerstand zu leisten, wie es Gandhi machte: Mit Rosen gegen Panzer, mit Liedern gegen Gewalt und mit Apellen auch für die Vernunft befehlshöriger Soldaten: „Wendet bitte keine Gewalt an“! Denn welcher Soldat möchte es noch sein, wenn er auf niemand schießen muss. Oder wenn Krieg wäre – und niemand ging hin? Damals war dies zwar auch schon schwer vorstellbar, aber es war immer noch denkmöglich. Es war auch denkmöglich, dass die Herrn im Kreml genug Intelligenz hätten haben können, dann allem Einhalt zu gebieten. Bei Herrn Putin geht das nicht. Seine Gegenpropaganda glaubt er inzwischen selbst. Ich glaube, dass Krieg gegen den Willen Gottes ist. Aber auch, wenn diese furchtbaren Kriegsverbrechen passieren und dann ein ganzes Volk von der Landkarte verschwinden soll. Oder außerdem noch die Nachbarländer okkupiert werden. Da bin ich im Endergebnis meiner Überlegungen auch beim neuen Kirchenpräsidenten. Allerdings: Herr Putin, wenn er mit dem Rücken völlig an der Wand steht, ist auch der Atomkrieg möglich. Also ist sehr dringend und mit aller Intelligenz menschlicher Denkfähigkeit die Diplomatie jetzt sehr zeitnah notwendig, um das Sterben oder sogar eine reale weltweite Nuklearkatastrophe zu verhindern. Unmöglich? Nein: Wir haben ein großes Gehirn ! Im übrigen ist das große Militärmanöver der Luftflotten am Himmel zu viel an Kriegsgetümmel.

    • Sorry, Bernd Hehner, aber diese Auffassung fand ich in den 1970ern schon naiv. Auch, wenn es selbst manche Befürworter eines Wettrüstens ähnlich sahen, so ging es nie um das Imponiergehabe testosterongesteuerter junge Männer, mit dem es gerne verglichen wurde. Das atomare Wettrüsten war fast allein eine Sache zwischen den USA und der Sowjetunion. Die anderen Atommächte spielten praktisch keine Rolle und es lag völlig außerhalb unseres Einflussbereiches. Daher fand ich es auch amüsant, als die Grünen in den frühen 1980ern z.B. in Gießen, einer Stadt mit mehreren großen US-Kasernen, durchsetzten, an jeder Ortstafel den Zusatz „atomwaffenfreie Zone“ anzubringen.

      Das eigentliche Problem waren nie die Atomwaffen, mit denen ja heute auch noch gedroht wird. Der „atomare Overkill“ war nie wirklich ein Thema in der Verteidigungspolitik. Vielmehr ging es darum, dass praktisch vor unserer Haustür Menschen dafür eingesperrt wurden, dass sie ihre Meinung sagten. Dass russische Panzer Demonstrationen einfach niederwalzten. Dass Menschen nicht reisen durften und hinterrücks erschossen wurden, wenn sie sich ihrer Landesgrenze näherten. Dass Regierungskritik häufig „politische“ Gefangenschaft zur Folge hatte und nicht wenige dieser Häftlinge, zuvor kerngesund, an „plötzlichem Herzversagen“ starben. Und darum, dass „der Osten“ mehr oder weniger offen damit drohte, dass man uns auch damit „beglücken“ wollte.

      Ich habe mich nach reiflicher Überlegung und viel Gebet bewusst dafür entschieden, meinen Wehrdienst abzuleisten. Auch im Blick auf die Freiheit der Demonstranten, die sich bei öffentlichen Gelöbnissen auf die Straße legten. Und auf die Tatsache, dass in der damaligen Bundesrepublik keine alljährlichen Militärparaden oder Maidemonstrationen stattfanden, bei denen ausschließlich das System bejubelt wurde. Eine weitere Bestätigung fand ich dann bei einem Gespräch mit einem Pfarrer, der erklärte dass er nichts gegen die Wehrdienstverweigerung seiner Söhne habe, er es aber bedauere, wie wenig dies in „frommen“ Kreisen hinterfagt werde.

      Als dann 1990 die Wiedervereinigung stattfand, war die Betroffenheit groß, als man entdeckte, dass alle Vorsicht mehr als berechtigt war: Zwar war „der Westen“ dem Warschauer Pakt technisch überlegen. Dieser hatte jedoch die perfidere Taktik. Bis man bei uns den Verteidigungsfall ausgerufen und mobil gemacht hätte, wären Sowjettruppen und NVA schon fast am Rhein gewesen. Dabei hätte man nicht die geringste Rücksicht auf die Soldaten der DDR genommen, genau wie man 1989 jungen Rekruten ohne Ausbildung ein Gewehr in die Hand drückte, sie zu den Montagsdemostrationen karrte, mit dem Ziel, sie auf die eigene Bevölkerung schießen zu lassen. Aufschlussreich war auch die Erkenntnis, dass die Friedensbewegung der Bundesrepublik von der Stasi unterwandert war.

      Mein Fazit: Pazifismus kann sich nur leisten, wer selbst in Sicherheit lebt. Rosen machen sich nur an Panzern gut, deren Kanonen nicht geladen sind. Und eine weltweite Nuklearkatastrophe ist alles andere als real.

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