- Werbung -

EKD-Friedensbeauftragter: „Wir sind nicht im Krieg“

Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer, hat die von der Bundesregierung zugesagten Waffenlieferungen an die Ukraine kritisiert. Er hält sie mit Blick auf die Zukunft für nicht klug.

„Die ursprüngliche Haltung der Bundesregierung, in ein Krisengebiet keine Waffen zu liefern, halte ich nach wie vor für richtig“, sagte der Bischof der mitteldeutschen Landeskirche dem Magazin „zeitzeichen“ (Dienstag, online). Deutschland verschließe sich möglicherweise durch diese Waffenlieferungen Verhandlungsoptionen für die Zeit nach dem Krieg. „Die Bundesregierung ist hier unter dem medialen und öffentlichen Druck eingeknickt. Das ist nachvollziehbar, aber ich halte das für nicht klug“, sagte er.

- Werbung -

„Rückfall in die Rhetorik des Kalten Krieges wird Europa nicht sicherer machen“

Kramer, der seit einem Monat EKD-Friedensbeauftragter ist, kritisierte, es gebe in Deutschland „mittlerweile eine mediale Stimmung, die uns selber im Krieg sieht“. Dem müsse man widersprechen. „Wir sind nicht im Krieg. Das wäre der Fall, wenn Russland einen Mitgliedsstaat der Nato angreifen würde“, sagte er.

„Der Rückfall in die Rhetorik des Kalten Krieges und der Schützengräben wird Europa nicht sicherer machen“, sagte Kramer. Er bekräftigte auch seine frühere Forderung, die Sicherheitsinteressen Russlands „nüchtern in den Blick zu nehmen“. Wer auf die Vorgeschichte des Konfliktes schaue, müsse feststellen, dass diese Fragen für Russland in den vergangenen 30 Jahren nicht zufriedenstellend gelöst worden seien. „Wir haben es verpasst, einen gemeinsamen Sicherheitsraum mit Russland aufzumachen“, sagte er.

Stimme des Friedens erheben

Er sehe die Friedensethik mit dem russischen Angriff auf die Ukraine nicht an einem Wendepunkt, sagte Kramer weiter: „Wenn Russland die Nato angreifen würde, hätten wir eine neue Situation, die tatsächlich eine solche Wende nach sich ziehen müsste. Aber da sind wir nicht.“ Je lauter die medialen Kriegstrommeln geschlagen würden, desto mehr sei die Kirche gefordert, die Stimme des Friedens zu erheben und den anderen nicht zum Feind zu erklären, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

Wenig optimistisch äußerte sich Kramer dabei zur Rolle der orthodoxen Kirche in Russland und der Ukraine. Beeindruckt habe ihn eine Äußerung des zur russisch-orthodoxen Kirche gehörende Metropoliten von Kiew. „Er spricht von Brudermord und fordert Putin auf, den Krieg zu beenden“, sagte er und ergänzte: „Aber ich sehe nicht, dass wir von den orthodoxen Kirchen in der Ukraine und der orthodoxen Kirche in Moskau insgesamt Impulse für Friedensgespräche erwarten können.“

Quelleepd

5 Kommentare

  1. Lieber Henning Sanneck: Ich würde es aber nicht gut finden, aus dem von Ihnen genannten Grund aus der evangelischen Kirche auszutreten. Ich selbst vertrete, wie vorgenannt formuliert, keinen moralischen ethischen Fundamentalismus. Allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass Christen in diesen Kategorien auch unterschiedlicher Auffassung sein dürfen. Das hat Margot Käsmann treffend formuliert, auch im Hinblick auf die 10 Gebote, die in jedem Krieg automatisch nicht mehr gültig sind. Wenn sich alle daran halten würden, dann hätten wir diesen ethischen Dissens nicht. Aber auch dies ist leider eine Fiktion, aber wie ich glaube doch eine biblisch reale. Für mich gehört die eigene Meinung auch zur Freiheit eines Christenmenschen. Ich würde, wäre dies möglich, mein Land oder die EU in einer anderen Weise als mit Waffen verteidigen. Aber in denen die es mit Waffen tun, würde ich nicht meine Gegner sehen.

  2. Unsägliches Interview mit Herrn Kramer was in der ARD gerade gesendet wurde. Er vergleicht die aktuelle Krise (das größte Land der Welt greift das größte Land in Europa an) mit dem Tschetschenien-Krieg, einem lokal begrenzten inner-russischen Konflik ! Damit redet er gegen die richtige Antwort Deutschlands und der EU die Rüstung wieder hochzufahren und der Ukraine Waffen zur Selbstverteidigung zu liefern.
    Wie armselig und gestrig ist diese Position. Herr Kramer: erkennen Sie bitte wie so viele andere das wir leider nicht mehr in der Welt vom 23.2.2022 leben. Sie sollten sich schämen so einen Unsinn zu verbreiten.

    Ein evangelischer Christ, der Wehrdienst geleistet und jederzeit wieder leisten würde (und der jetzt dank Ihnen über einen Kirchenaustritt nachdenkt).

  3. Kein moralisch-ethischer Fundamentalismus

    Hallo Meike: Grundsätzlich bin ich ja Wehrdienstverweigerer, obwohl ich das aufgrund meines Alters heute nicht mehr unter Beweis stellen müsste. Was mir aber Skrupel macht, ist der völkerrechtswidrige Angriff auf ein Volk, dass mit dem Rücken zur Wand steht. Darf man da Waffenlieferungen wirklich verweigern ? Ich weiß nicht, ob man Jesus so wie in deinem Kommentar einnorden kann, obwohl ich mir durchaus gut vorstellen kann, genauso auch zu argumentieren. Suggestivfragen wurden Jesus auch in seiner Erdenzeit gestellt. Etwa ob man dem Römischen Kaiser Steuern zahlen darf. Die Frage ist intelligenter und sie ist zugleich problematischer als wir denken, denn vermutlich war der Kaiser in Rom auch den frommen Juden ein Dorn im Auge, später den Christinnen und Christen der Antichrist. Die römische Weltmacht verkörperte all jenes, was auch im Gegensatz zu den innersten Werten der Urgemeinde stand: Barmherzigkeit, Nächsten- und sogar Feindesliebe, Friedfertigkeit und das Streben nach Gerechtigkeit (siehe Bergpredigt). Römische Soldaten warfen anfangs ihre Waffen weg, weil eine Jesusnachfolge als Soldat unmöglich erschien. Also eigentlich hätte Jesus logischerweise sagen müssen: „Keine Steuern bezahlen“! Aber das wäre wahrscheinlich eine Art von moralischem Fundamentalismus, den Jesus so nicht vertreten würde, der also auch der Ehebrecherin verzeihen konnte, weil der die Scheinheiligkeit der Männer kannte, die beim Fremdgehen wahrscheinlich nicht gesteinigt worden wären. So gesehen kann ich als Wehrdienstverweigerer nicht erwarten, alle Menschen und damit auch alle Soldaten, selbst nicht wenn sie Christen sind, dann den Wehrdienst und damit notfalls den Waffengang verweigern. Es ist eigentlich kein Lavieren, wenn ich sage: Es gibt die Gewissensentscheidung eines Dienstes ohne Waffen und eine Gewissenentscheidung mit der Waffe. Aber dies muss immer das Gewissen eines Menschen entscheiden. Zudem habe ich das Gefühl dass man dies mit einem Ukrainer nicht diskutieren sollte, weil das ihm und seinem Staat entgegengebrachte Unrecht unsäglich ist. Hier frage ich mich dann ebenso, was wohl Jesus dazu gesagt hätte. Wahrscheinlich, dass man nicht scheinheilig sein sollte.

  4. Ich stimme Friedrich Kramer zu.
    Ich halte es auch nicht für gut der Ukraine Waffen zu liefern.
    Ich begründe das folgendermaßen:
    Jesus sagte am Kreuz:
    VATER, vergib Ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!
    Das sind ganz aussagefähige Worte Jesu.
    Ich glaube, das mit Waffen (außer mit geistigen Waffen)….sprich dem Gebet, etwas gegen einen Krieg in der Welt zu unternehmen ist.
    Ich denke, dass Jesus niemals Waffen und Gewalt gewählt hatte.
    Die Frage ist doch….was würde Jesus jetzt tun?
    Würde er Waffen liefern….die einen Menschen töten können?
    Ich glaube einfach nicht, dass es eine gute Lösung ist….Nein!
    Ich glaube, als Christ sollte man das tun, was man kann.
    Beten….aktiv spenden, helfen….wie auch immer.
    Aber auf gar keinen Fall Waffen liefern!
    Helfen ja….unterstützen ja….aber ohne Waffen.
    Wer weiß, was es für Konsequenzen hat, wenn Deutschland Waffen liefert.
    Ich wähle den Frieden….das Gebet und das Leben mit Jesus Christus!
    Meike

  5. Herr Kramers Argumentation ist zu einseitig

    Heute bin ich Rentner, aber vor Jahrzehnten habe ich mich – in der Zeit des Hochrüstung – vor allem unter negativer Beeindruckung durch die wahnwitzige atomare Abschreckungsphilosophie – zur Wehrdienstverweigerung entschieden. Dazu stehe ich auch heute noch uneingeschränkt. Wehrdienstverweigerer tun etwas prophetisches, wobei sie nicht glauben einen Krieg damit zu verhindern. Und dass es dieses mörderische Hauen und Stechen, Blutvergießen und unendliches Leid eines Krieges plötzlich nicht mehr gibt. Wunder gibt es trotzdem immer wieder, aber selten.
    Auch bei diesem aktuellen Krieg würden für mich Grenzen überschritten, die ich vor dem Hintergrund meiner Werte, der Bergpredigt Jesu und seiner guten Botschaft von der Feindesliebe, nicht auch gerne übertreten würde. Damit setzte ich, wäre ich jünger, also als Wehrdienstverweigerer ein Zeichen.

    Allerdings sind Soldaten keine Mörder, sie haben nur eine ganz andere (Gewissens-)Entscheidung getroffen. Zudem kann man kollektiv nicht erwarten und verlangen, dass uns im individuellen Lebensbereich, aber auch im Handeln unter Staaten, keine Notwehr erlaub ist. Denn auch der beste Nichtwehrdienstverweigerer würde ja als Soldat schießen – und macht sich dabei immer schuldig. Auch ein Wehrdienstverweigerer wie ich würde ebenso schuldig werden , weil er mit der Waffe mit Gewalt nicht verhindert, dass andere zu Tode kommen. Aber dieser wird, soweit wie möglich, in einem konventionellen Krieg gewaltlosen Widerstand leisten. Dies hat es alles schon gegeben, es hat die Gewalt und den Krieg nicht insgesamt verhindert, aber doch Soldaten beschämt, wenn sich Menschen den Panzern entgegen stellten und fragen: „Warum müsst ihr dies alles tun“? Dass dies gefährlich ist, aber auch nicht gefährlicher wie kämpfen, versteht sich von selbst. In der Realität würde ein solcher Mensch eher einen Ersatzdienst leisten, für das Überleben und Gemeinwohl sorgen und sich andersweitig nützlich machen. Das klingt teilweise naiv, aber es ist ein gutes querdenkerisches Handeln und nicht vom Wahn besessen, über eine absolute Wahrheit zu verfügen.

    Hinsichtlich der Auffassung von Friedrich Kramer irritiert mich, dass er die politischen und psychologischen Fakten völlig übersieht. Man kann und darf einem Volk, dass so mit dem Rücken zur Wand steht, nicht die Bitte um Waffenhilfe verweigern, vor allem vor dem Hintergrund dieses völkerrechtswidrigen Aktes von Herrn Putin und seinem Machtzirkels. Aber auch, dass er einen Krieg des 19. Jahrhunderte führt und gekommen ist um die Unfreiheit und die Diktatur in der Ukraine wieder einzuführen. Wäre ich jünger, hätte ich meinen Beitrag geleistet, in dem ich in anderer Weise geholfen hätte, etwa Flüchtlingen, beim Lebensmittel ausgeben und dergleichen. Im übrigen halte ich Feindesliebe nicht für eine Tat, bei der ich meinen Feind auch noch zu küsse bzw. in seinem Handeln bestärke, sondern mich ihm in einem längeren Prozess annähere und ihn als Freund gewinne. Dies letztlich begründet, warum Diplomatie und Kommunikation allen weiteren Optionen vorgeschaltet ist. Christinnen und Christen hassen nicht, oder sie versuchen nicht zu hassen, aber sie hassen das Unrecht und die Gewalt. Und jene aktuelle Gewalt von Panzern oder Raketen gegen die Zivilbevölkerung ist unsäglich, sowie auch für die Soldaten (die sind ja auch Menschen), und in der als erste Aufgabe die Regierung ermordet werden soll. Fatal halte ich die Argumentation, die Nato oder die EU habe Russland bedroht, weil sie dem Bevölkerungsriesen so nahe auf den Leib gerückt ist. Niemand durfte den neuen Staaten jenseits von Russland verbieten, sich dem Prinzip eines freiheitlichen und demokratischen Gemeinwesens anzuschließen. Es ist wahrscheinlich auch völlig unmöglich, zwischen den zwangsläufig entstehenden Blöcken eine freiheitliche Existenz gewinnen zu können. Nicht jedenfalls wenn man solche Nachbarn hat wie das von Putin dominierte großrussische Reich. Zweifelsfrei bleibt ein Spannungsbogen, der absolute Wahrheiten verbietet, denn leider üben auch Verteidiger und Notwehrleistende Gewalt und die das Unrecht zementieren sollen. Aber letztere darf man nicht auch noch begünstigen, in denen man ihnen gegenüber neutral ist.

Die Kommentarspalte wurde geschlossen.

Zuletzt veröffentlicht