Das evangelische Kirchenparlament entscheidet im Herbst über die Besetzung von drei Sitzen im Rat der EKD und den Ratsvorsitz. Der Jurist Jacob Joussen geht – und übt Kritik.
Bei der Tagung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im November werden drei neue Mitglieder für den EKD-Rat gesucht. Dies hat die Präses der Synode, Anna-Nicole Heinrich, mitgeteilt. Neben der Nachfolge für die frühere Ratsvorsitzende Annette Kurschus, die ihr Amt Ende letzten Jahres aufgegeben hatte, werden noch zwei weitere Plätze in dem 15-köpfigen Gremium frei. Der Rat der EKD vertritt die Positionen der evangelischen Kirche nach außen. Er wird als ihre öffentliche Stimme wahrgenommen.
Der Kirchenpräsident der hessen-nassauischen Kirche (EKHN), Volker Jung, hatte bereits bei seiner Wiederwahl im November 2021 angekündigt, nur drei Jahre für die Mitgliedschaft im Rat zur Verfügung stehen, da er Ende des Jahres in den Ruhestand geht. Auch der Bochumer Jura-Professor Jacob Joussen, seit 2015 Mitglied des Rates, werde während der Tagung sein Amt niederlegen, heißt es.
Das Kirchenparlament wird bei seiner Tagung vom 10. bis 13. November in Würzburg auch über die Nachfolge von Kurschus an der Spitze des Rates entscheiden. Zurzeit ist die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs die amtierende Ratsvorsitzende. Sie hatte bereits angekündigt, für das Amt des Ratsvorsitzes offen zu sein.
Kurschus war im vergangenen November als Präses der westfälischen Landeskirche und als EKD-Ratsvorsitzende zurückgetreten. Auslöser waren Vorwürfe gegen sie wegen einer mangelhaften Kommunikation in einem mutmaßlichen Fall sexuellen Fehlverhaltens eines Bekannten. Die zuständige Staatsanwaltschaft Siegen hat die strafrechtlichen Ermittlungen eingestellt, da die mutmaßlichen Missbrauchsfälle entweder verjährt oder die Betroffenen damals nicht mehr minderjährig gewesen seien. Die westfälische Kirche lässt die Hintergründe des Falls derzeit extern untersuchen.
Joussen krisiert Umgang mit sexuellem Missbrauch
Der Bochumer Jura-Professor Jacob Joussen hat den Umgang der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit der Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs kritisiert. «Die Art und Weise, wie die Landeskirchen und wie wir alle mit den Ergebnissen der im Januar vorgestellten ForuM-Studie umgehen, entspricht nicht meiner Art, Verantwortung wahrzunehmen», sagte Joussen dem Bremer «Weser-Kurier» (Samstag). Der Rechtswissenschaftler ist seit 2015 Mitglied des Rates der EKD und will während der im November tagenden EKD-Synode sein Amt in dem Leitungsgremium vorzeitig niederlegen.
«Eine Reihe persönlicher Gründe» hätten zu dem Entschluss geführt, den Rat zu verlassen, sagte der Experte für kirchliches Arbeitsrecht der Zeitung: «Dazu kommt aber auch der Umgang der EKD mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs.» Das Beteiligungsforum, in dem Betroffene und Kirchenvertreter über die Aufarbeitung diskutieren, mache eine gute Arbeit, sagte Joussen laut «Weser-Kurier». Aber es sei mühsam, wie mit dessen Ergebnissen umgegangen werde.
«Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs muss externalisiert werden», betonte Joussen: «Eine Institution wie die EKD kann sich nicht selbst aufarbeiten.» Das sei aber in der Kirche nicht vermittelbar. «Die Beharrungskräfte sind zu groß», sagte der Jurist.
Ende Januar hatte ein unabhängiges Forschungsteam die ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie vorgestellt. Es geht darin von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern aus, vermutet aber eine deutlich höhere Dunkelziffer.
Hallo!
Dann lassen wir ihn doch üben – steht doch so in der Überschrift.
Sie werden nicht lange nach ihren Führungskräften suchen müssen. Wenn es um Posten und Titel geht, stehen die Theologen Schlange …
Worauf basiert diese Einschätzung? Und dieser pauschalisierend-negative Unterton? Persönlichen Erfahrungen? Dann setze ich meine persönliche Erfahrung dagegen. Ich kenne etliche Theologennin und Theologen – und keiner von denen reißt sich um hohe kirchliche Ämter.
Und nun?
„Zurzeit ist die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs die amtierende Ratsvorsitzende. Sie hatte bereits angekündigt, für das Amt des Ratsvorsitzes offen zu sein.“ Da haben wir schon mal eine …
Von all denen an der Spitze ist sie sicherlich nicht die schlechteste, auch wenn sie bei den Missbrauchsuntersuchungen nicht immer die beste Figur gemacht hat und es auch einige Vorwürfe (u.a. von Detlev Zander, Ursula Enders) gegen ihre konkrete Person gab, weil sie zwar Empathie für die Opfer zeigte, aber wohl dicht gemacht hat, als die Vorwürfe nicht mehr einzelne sondern die Organisation der EKD betrafen).
Im Gegensatz zu vielen Leitenden in der EKD hat sie sich aber wohl wirklich mit dieser Kritik auseinander gesetzt und benennt inzwischen auch die Institution EKD als verantwortlich.
(Quelle u.a. wikipedia zu ihrer Person)
Es müssen meines Wissens keine Theologen sein.
Ansonsten ist es wohl eher ein Netzwerken, was einem auch in anderen Bereichen persönlich helfen kann.
Aber wo ist das bei Gremien dieser Art, auch nichtkirchlich, nicht der Fall?
Ich denke, hier ist der Schwerpunkt der Kritik beim Umgang mit Missbrauch schon richtig. Da muss man kein anderes Fass aufmachen.
Die Aufarbeitung des ungeheuren Missbrauchs innerhalb der EKD wird nicht besser, wenn die, die sich für diese Aufarbeitung einsetzen, nun auch noch gehen.
Aber das hier im Artikel beschriebene Feedback ist schon erschreckend, wenn auch nicht überraschend.