- Werbung -

Evangelische Kirche: Familienpapier trifft auf Zustimmung – und Kritik

Man muss nicht gegen die Homo-Ehe sein, um die Hetero-Ehe zu retten: Vor der Bundestagswahl skizzieren die Protestanten ein weit gefasstes Familienbild, allen voran der Ratsvorsitzende Schneider. Dass es Diskussionen geben wird, weiß er.

- Werbung -

 Drei Monate vor der Bundestagswahl meldet sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mit einer Positionsbestimmung zur Familienpolitik zu Wort. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider stellte das Grundsatzpapier am Mittwoch in Berlin vor. Darin rufen die Protestanten dazu auf, alle Familienformen anzuerkennen und zu stärken. Der Deutsche Familienverband begrüßte das Papier, von konservativen evangelischen Christen kam Kritik.

 Schneider umriss die Bedeutung der sogenannten Orientierungshilfe. Es handele sich nicht um ein lehramtliches Schreiben, sagte er, sondern um einen Text, der zur Diskussion anregen solle. Andererseits werde die Position der Protestanten klar formuliert: Alle Familienformen verdienten Respekt. Er erwarte insbesondere aus der katholischen Kirche und der Orthodoxie Kritik an der evangelischen Position, dass dies auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gelte.

 Doch man müsse "nicht gegen die Homo-Ehe sein, um die Hetero-Ehe zu retten", sagte Schneider. Zwar sei die Ehe von Mann und Frau mit Kindern "das Modell, das wir wollen", führte er aus: "Dafür werben wir, das empfehlen wir." Aber in der evangelischen Theologie sei die Ehe kein Sakrament, sondern, in Martin Luthers (1483-1546) Worten, "ein weltlich Ding". Aus der Bibel lasse sich zudem nicht die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mann und Frau herleiten, die Jahrhunderte lang die Ehe und das Familienbild geprägt habe.

 Entscheidend seien vielmehr Verbindlichkeit, Dauer, Vertrauen, Gleichberechtigung und die Sorge füreinander. Die evangelische Kirche verstehe es als ihren Auftrag und ihre Aufgabe, alle Familien dem Segen Gottes anzuvertrauen und sie auch im Scheitern zu begleiten.

- Werbung -

 Die vom Rat der EKD beschlossene Orientierungshilfe "Zwischen Autonomie und Angewiesenheit – Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken" wurde von einer Expertenkommission unter Vorsitz der früheren Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) seit 2009 erarbeitet. Bergmann betonte, das Leitbild der partnerschaftlichen Familie sollte der Maßstab für kirchliches Handeln bei der Unterstützung von Familien sein.

 Vom Staat erwarten die Protestanten eine konsequente Förderung der Familien. Die Erziehung der Kinder, Pflege der Alten und die Fürsorge der Generationen füreinander bilde die unverzichtbare Grundlage gesellschaftlichen Reichtums und Zusammenhalts, heißt es. Daher müsse Familienpolitik als Querschnittsaufgabe und tragende Säule der Wirtschafts- und Sozialpolitik verstanden werden.

 Dazu zählte Bergmann ausreichende und gute Kinderbetreuungsangebote, familienfreundliche Arbeitszeiten und zeitliche Freiräume für Familien. Mütter wollten arbeiten, Väter mehr für die Familie tun. Das müsse der Staat unterstützen

 Das EKD-Dokument stieß im Lager konservativer Protestanten auf Widerspruch. Der Appell, die neue Vielfalt von Familienformen anzuerkennen, gehe mit einer auffälligen Abwertung des bürgerlichen Ehe- und Familienverständnisses einher, sagte Präses Michael Diener vom Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband in Kassel. Ehe habe keinen Leitbildcharakter mehr, kritisierte der Theologe.

- Werbung -

 Die SPD-Politikerin Kerstin Griese lobte das Familienpapier. In dem die evangelische Kirche nicht ausgrenze, sondern Familien auch beim Scheitern begleite, trage sie zu einem offenen Umgang mit der veränderten Wirklichkeit bei, sagte die Bundestagsabgeordnete. Zustimmung gab es vom Verband berufstätiger Mütter. Fürsorgliche familiäre Beziehungen müssten von Kirche, Staat und Gesellschaft unterstützt werden, sagte Verbandsvorsitzende Cornelia Spachtholz dem epd.

 Auch der Deutsche Familienverband begrüßte das EKD-Grundsatzpapier. "Es ist gut, wenn sich die Kirche an gesellschaftlichen Entwicklungen orientiert", sagte der Bundesgeschäftsführer Siegfried Stresing dem epd in Berlin. Zugleich warnte er vor Widersprüchlichkeit. "Noch vor zehn Jahren hat die evangelische Kirche Ehe und Familie sehr klar als Leitbilder vertreten." Wenn sie nun die Vielfalt der Familienformen würdige, müsse sie dies ihren Anhängern sorgfältig erklären.

 

(Quelle: epd)

Konnten wir dich inspirieren?

Jesus.de ist gemeinnützig und spendenfinanziert – christlicher, positiver Journalismus für Menschen, die aus dem Glauben leben wollen. Magst du uns helfen, das Angebot finanziell mitzutragen?

NEWSLETTER

BLICKPUNKT - unser Tagesrückblick
täglich von Mo. bis Fr.

Wie wir Deine persönlichen Daten schützen, erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
Abmeldung im NL selbst oder per Mail an info@jesus.de

Zuletzt veröffentlicht