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David Ashcroft: „Gemeinde ist Gottes Plan, um die Welt zu erreichen“

Seit Juni leitet David Ashcroft das weltweite Willow-Creek-Netzwerk. Pastor wollte er ursprünglich nicht werden, predigte jedoch später in der größten US-Gemeinde, „von der noch niemand gehört hat“.

Von Hauke Burgarth / Livenet.ch

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Willow Creek kann vieles, aber klein kann das weltweite Netzwerk der Chicagoer Megachurch nicht. Dachte ich. Doch das ist nicht ganz richtig, denn als Willow Creek Deutschland am 9. September zu einem Pastorentreffen mit David Ashcraft (66) einlud, stand der amerikanische CEO höchstpersönlich an der Tür, begrüßte die überschaubare Zahl der Teilnehmenden lächelnd per Handschlag und stellte sich selbst vor: „Hello, I’m David!“ Schnell wurde deutlich, dass hier nicht nur der seit Juni amtierende Leiter des „Global Leadership Network“ stand (früher „Willow Creek Association“), sondern jemand, der nahbar war und sich für seine Besucher interessierte. Mehrmals sagte er während der gemeinsamen Zeit in die Runde: „Was ihr tut, hat Bedeutung!“

„Ich wollte nie Pastor sein“

David Ashcraft kam 1957 als Pastorenkind in Texas zur Welt. Er liebte seine Familie und seine Gemeinde und wusste schon sehr früh: „Ich werde nie ein Pastor.“ Denn natürlich bekam er durch seinen Vater und dessen 1.500-Mitglieder-Gemeinde in Dallas bald mit, welche Schattenseiten der Beruf hat. Stattdessen studierte er Jura und Wirtschaft und hatte das Ziel, Rechtsanwalt zu werden, doch noch vor dem Ende seines Studiums sattelte er auf Theologie um. Kinder- und Jugendcamps hatten sein Leben und seinen Glauben entscheidend beeinflusst, deshalb entschied er sich dafür, solche Camps zu verantworten. David wusste: Dafür muss man nicht predigen.

Zwölf Jahre lang arbeitete er so in Texas, dann hatten seine Frau Ruth und er den Eindruck, dass etwas anderes dran wäre, doch dieses andere musste für sie in Texas liegen. Zwei Jahre lang bewarb er sich in den verschiedensten Gemeinden – nichts passte. Irgendwann erklärte er Gott dann: „Wenn es unbedingt sein muss, gehe ich auch woanders hin, aber das musst du mir schon deutlich machen.“ Genau das tat Gott, als keine zwei Wochen später eine Anfrage aus Manheim kam, einem kleinen Ort in Pennsylvania. Die Gemeinde dort schien das Herz auf dem rechten Fleck zu haben. Sie wünschten sich, dass Menschen zum Glauben kamen – was natürlich jeder sagt und damit etwas anderes meint. Familie Ashcraft zog also weit nach Nordosten und David wurde „Hauptpastor“ einer Kirche, was nicht besonders aufregend war, weil er bei 150 Mitgliedern auch der einzige Pastor war. Nun begann eine herausfordernde Zeit.

„Abe war ein Segen für mich“

Selbst nach konservativen texanischen Maßstäben war die Gemeinde in Manheim sehr traditionell. Der Gottesdienst wurde von der Orgel dominiert und das Tragen von Krawatten war für Männer ungeschriebenes Gesetz. David wünschte sich Leben und Veränderung. Er wollte eine Gemeinde, in die die anderen Bewohner der Kleinstadt auch gern kämen. Deshalb brachte er Stück für Stück Änderungen ein, immer mit der Frage im Kopf: „Trägt das, was wir hier tun, dazu bei, dass Menschen Jesus kennenlernen?“

Tatsächlich kamen Leute zum Glauben und die Gemeinde wuchs. Gleichzeitig verließ ein Ältester nach dem anderen die Leitung – so hatten sie sich ihren neuen Pastor nicht vorgestellt. Und ein älteres Gemeindemitglied mit Namen Abe verfasste Woche für Woche einen offenen Brief, in dem er für alle auflistete, was David seiner Meinung nach wieder verkehrt gemacht hätte. Fast fünf Jahre lang dauerte dieser Zustand, und David war mehr als einmal versucht zu sagen: „Wahrscheinlich beruft mich Gott woanders hin …“. Doch schon bei ihrem Umzug hatte er Gott versprochen, nicht wegzulaufen, und seine Frau Ruth ermutigte ihn regelmäßig: „Ich glaube an dich – und Gott tut das auch.“

Am Ende der fünf Jahre trafen sich 2.000 Menschen in der kleinen Kirche, die samstags und sonntags deshalb mehrere Gottesdienste anbieten musste. Sie bauten also an. Als 6.000 Menschen kamen – in Manheim selbst lebten damals nur 4.000 –, verweigerte die Stadt ihnen einen weiteren Neubau. „Etwas Besseres hätte uns nicht passieren können“, lächelt David heute. Seit einer Weile besuchte er mit Leitenden aus der Gemeinde bereits Gottesdienste und Konferenzen von Willow Creek, um dort Inspiration zu gewinnen. Gemeinsam entschieden sie, eine „Multisite Church“ zu werden, eine Gemeinde mit mehreren Standorten. Heute hat die LCBC („Lives Changed By Christ“, Leben verändert durch Christus) 22.000 Mitglieder an 19 Standorten in Pennsylvania. „Ohne Abe und seine Kritik, die mich immer wieder gezwungen hat, mich auf das zu fokussieren, was wirklich wichtig ist, wäre es nie so weit gekommen“, gibt David freimütig zu.

„Ich will nicht alle Menschen glücklich machen“

Ein wichtiges Anliegen in seiner Gemeindearbeit war ihm von Anfang an, nicht alles mögliche Gute zu tun, sondern das Beste, und immer wieder einen Fokus darauf zu legen, was nur eine Kirche tun kann: Menschen zum Glauben führen und in der Nachfolge stärken. Zu Beginn war die Versuchung groß, Programme anzubieten, die irgendwie attraktiv waren, doch die Gemeinde beschränkte sich auf die Einladung zu Jesus. Später, als die Gemeinde gewachsen war, suchten viele den Schulterschluss und wollten Unterstützung in Kampagnen gegen Alkohol oder für die Stärkung von Familien; immer wieder kamen Fragen wie: „Brauchen wir als Gemeinde nicht eine Suppenküche, um Ärmeren zu helfen?“ David lernte zusammen mit seiner Gemeinde, es nicht allen recht machen zu wollen. Er verärgerte Menschen, weil er solche guten Anliegen ablehnte, um die in seinen Augen besseren Anliegen umzusetzen. Sie überließen Politik den Politikern, ermutigten aber Gemeindemitglieder, sich privat dort einzubringen. Sie selbst gründeten weder karitative noch seelsorgerliche Anlaufstellen: Dafür verwiesen sie auf andere Organisationen und unterstützten diese. Mit einem breiten Lächeln erklärt David: „Es gibt wohl keinen Pastor, der den Vorwurf noch nie gehört hat, nicht tief genug zu predigen. Ich predige nicht tief. Mein Fokus liegt auf Verständlichkeit und Veränderung. Ich lade Menschen zu Jesus ein.“ In diesem Zusammenhang war die Covid-Pandemie laut David sogar ein Segen. Sie unterbrach einige Aktionen, „die man eben so machen muss“, und plötzlich wurde klar: Man kann sie auch bleiben lassen.

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Gott hat keinen Plan B

Inzwischen ist David Ashcroft im Ruhestand. Sein größter Wunsch dabei war, dass die Gemeinde in Manheim ohne ihn schneller und besser wachsen würde als vorher. Dafür arbeitete er jahrelang. Wenn er heute auf Jason Mitchell schaut, der seit über 20 Jahren in der Gemeinde ist und seine Nachfolge angetreten hat, dann freut er sich, dass dieser Wunsch in Erfüllung gegangen ist. Nebenbei sind alle 19 Gemeindestandorte schuldenfrei. David ist noch einen Tag pro Woche im Auftrag der Gemeinde unterwegs, um ein Pastorennetzwerk in Pennsylvania zu unterstützen. Seine freundliche und gleichzeitig fokussierte Art hat sicher dazu beigetragen, dass die LCBC „die größte Gemeinde ist, von der noch niemand gehört hat“. Tatsächlich gehört sie zu den zehn größten US-Megakirchen, doch ist sie weder durch Skandale noch das Geltungsbedürfnis ihres Leiters aufgefallen.

„Ich führe seit Jahren ein Tagebuch und halte mir damit ehrlich einen Spiegel vors Gesicht“, meint David, „ausserdem haben mir meine Frau und die Ältesten der Gemeinde geholfen, auf dem Boden zu bleiben.“ Seine Frau war es auch, die meinte, dass er nicht unbedingt als Rentner zu Hause herumsitzen müsste. Als Willow Creek ihn fragte, ob er sich die Leitungsaufgabe im „Global Leadership Network“ vorstellen könnte, sagte er deshalb gern zu. Mit seiner Botschaft und seiner Persönlichkeit unterstreicht er seitdem: „Gemeinde ist Gottes Plan, um die Welt zu erreichen – und er hat keinen Plan B.“ Dabei kommen sowohl die Erfahrungen in seiner Großgemeinde mit 22.000 Mitgliedern zum Tragen als auch seine schwierigen kleinen Anfänge mit viel Gegenwind. „Man kann auf jedem Level daran arbeiten, dass Menschen Jesus kennenlernen, im Glauben wachsen und Gottes Plan vor Ort umsetzen.“ Dafür will David Ashcraft Pastoren, Gemeindeleiterinnen, Mitarbeiter und Verantwortliche gewinnen und ausrüsten und sagt ihnen wieder und wieder: „Was ihr tut, hat Bedeutung!“

Hauke Burgarth hat diesen Beitrag für Livenet.ch geschrieben. Jesus.de durfte ihn an dieser Stelle übernehmen.

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2 Kommentare

  1. Geistliche Qualität und Quantität nicht vermischen

    „Im NT ist die Gemeinde der Ausdruck der, möglichst durch Liebe geprägten, Gemeinschaft der Christen und nicht irgendwelche Versammlungen mit Programmen“. Da gebe ich Charly Lücker vollkommen recht. Mir persönlich ist das eher „charismatische“ wichtiger als die reine Lehre oder gar eine sehr legalistisch geprägte Vorstellung von Moral. Die Focusierung (vermutlich vieler) Gemeinden auf ihre schiere Größe möge man bitte nicht generell verwechseln oder ausnahmslos zurückführen auf die Wirkungen des Heiligen Geistes. Auch geistlich schließt Quantität nicht Qualität aus, aber beides darf niemals verwechselt werden. Es ist müßíg amerikanisch-kirchliche Verhältnisse von hier aus kritisch zu würdigen, ohne bei uns nicht sämtliche Finger in eigene Wunden zu legen: Etwa dass die Kerngemeinden vor allem in Großstädten austrocknen. Es also außer den doch wirklich (guten)) übergemeindlichen Angeboten in einzelnen Gemeinden oft keine Gruppen, Angebote, Chöre oder Projekte gibt – und außer bei Events – die Gottesdienste am Sonntag sich auf ein Dutzend armer älterer Seelen beschränkt (ich bin auch schon alt), die glauben: Wenn wir tot sind, dann gibt es den sonntäglichen normalen Gottesdienst nicht mehr. Warum, um alles in Welt, beginnt man nicht bei nur einer Neugründung einer Gemeindegruppe, sondern hält einen Routinebetrieb aufrecht? Warum sucht man – insbesondere in der Kath. Kirche – das Heil in letztendlich irrsinnig großen Megakirchen und nicht lieber darin, das Priesteramt vom Pflichtzölibat freizustellen? Dies würde vielleicht den heutigen absoluten Priestermangel geringer sein lassen. Wir Evangelische legen auch schon Gemeinden zusammen, oder vernetzen sie zu stark (mit der Absicht Geld zu sparen). Dass damit aber auch Doppelstrukturen entstehen (um die Kirchtürme gibt es dann neue Gremien), wird nicht berücksichtigt. Wir gehen aus guten Gründen gerne zu Kirchentagen, Katholikentage, als Jugendliche fahren wir nach Taize oder zu frommen Events. Dies ist alles wunderbar. Aber warum muss es so sein wie es Jesus kritisierte, dass der Prophet nichts im eigenen Land gilt. Will sagen: Warum können wir nicht dies was uns auf den Großveranstaltungen so begeistert, zuhause bescheiden zugeschnitten, ebenfalls implemtieren? Die Pandemie hatte mich in die Hoffnung versetzt, nachdem es so gut funktionierte mit den Online-Angeboten und -gottesdiensten, es könnte ein neuer Aufbruch kommen. Denn der Heilige Geist weht überall wo er will, wo aber wir keine Nächstenliebe üben, da wird er nicht nach dem Gieskannen-Prinzip handeln. Dies müssen wir schon selbst tun.

  2. „Gemeinde ist Gottes Plan, um die Welt zu erreichen – und er hat keinen Plan B.“
    Stimmt, aber nicht so, wie er es hier vermittelt. Vielmehr ist Gottes Plan die Gemeinde, die im NT geschildert wird, die mit den institutionellen Eventgemeinschaften herzlich wenig zu tun hat!
    Im NT ist die Gemeinde der Ausdruck der, möglichst durch Liebe geprägten, Gemeinschaft der Christen und nicht irgendwelche Versammlungen mit Programmen.

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