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Gut oder böse: Interview mit dem Teufel

Der Musiker und Autor Jens Böttcher hat sich mit seinem Buch "Interview mit dem Teufel" auf unorthodoxe Weise an ein schwieriges Thema gewagt. Jesus.de sprach mit ihm über das Gute und das Böse, Hochmut und Tragik.

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Jens, wie bist Du auf diese ausgefallene Buchidee gekommen?

 Die Idee zu dem Stoff ist in mir über eine längere Zeit gewachsen. Konkret wurde sie an einem Frühlingstag im letzten Jahr, als ich mich gerade auf eine Blumenwiese gelegt hatte, um ein mehrwöchiges Nickerchen zu machen (lacht) Sie flog mich plötzlich an und bestand sogleich darauf, ohne Zögern aufgeschrieben zu werden.

 Aber die Inspiration hat sich tatsächlich über einen längeren Zeitraum "entwickelt", eigentlich schwirrt sie schon seit Jahren in mir herum. Letztes Jahr hatte ich dann noch Bücher wie "Die Hütte" oder "Gespräche mit Gott" gelesen, die mich innerlich sehr bewegt und bereichert haben. Das war sicher auch ein Auslöser. Ich dachte mir, dass der Teufel ein toller Protagonist wäre, um eine weitere "himmlische" Sicht der Dinge zu präsentieren. Immerhin hat er den Überlieferungen zufolge dort gelebt und war bis zu seinem Sturz ja sogar offensichtlich überaus willkommen.

 Glaubst Du eigentlich, dass es den Teufel wirklich als Person gibt?

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 Jein. Ich glaube, der Teufel ist eine geistige Substanz, nicht wirklich zu erklären und nicht wirklich zu fassen. Aber gleichzeitig ist er nicht nur eine Person, sondern so viele Personen, wie es Menschen gibt. Das ist einer der Punkte, die ich im Buch zu vermitteln versuche: Wir alle tragen das Göttliche, das Menschliche und das Teuflische in uns. Oder man macht es sich einfacher und sagt: Das Menschliche beinhaltet eben stets beide Pole. Unsere Seelen sind auf eine Weise – für den, der sich selbst reflektieren mag sogar recht offensichtlich – der konstante Schauplatz für den Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen. Und manchmal können wir es ja nicht gleich unterscheiden, da wir dummerweise von unserem autarken Menschsein einfach zu überzeugt sind, bzw. uns einbilden, den Teufel längst "überwunden" zu haben – oder gar nicht erst an ihn glauben.

 Aber ja, ich glaube, der Teufel ist immer wieder auch Person. So sehr sogar, dass wir ihn manchmal in unserem eigenen Spiegelbild sehen könnten, jedenfalls wenn wir den Mut hätten, gründlich hinzuschauen. Manchmal gibt sich der Teufel in solchen Fällen wohl besonders gern als Lichtgestalt aus und lässt uns glauben, dass wir besonders "gut" sind. Es gibt ziemlich viele Fallen, in die man da tappen kann. Im schlimmsten Fall zetteln dann Menschen sogar Kriege im Namen Gottes an. Das hat ja leider nicht mit den Kreuzzügen aufgehört. Oder, im "Kleineren", bedrücken sie andere Menschen mit ihren egozentrischen Vorstellungen, Ideen, Traditionen und morschen moralischen und religiösen Gesetzen. In all dem ist für mich der Teufel.

 So wie Du ihn im Buch beschreibst, hatte ich hin und wieder beinahe Mitleid mit ihm. Dann wieder empfand  ihn als so boshaft, da hätte ich ihn am liebsten an die Wand geschleudert.

 Ja, ich habe versucht, ihn in seiner Boshaftigkeit als wirklich tragische Gestalt darzustellen. Ich fand immer schon sehr interessant, dass er sich ja eigentlich der gleichen Verfehlung schuldig gemacht hat, wie wir. Sein egozentrischer Stolz war das Benzin für seine Auflehnung. Und wenn man so weit gegangen ist wie er und wir, ist es offensichtlich schwierig, wieder umzukehren, ohne das Gesicht vor sich selbst zu verlieren. Dieser Hochmut, der ihn selbst so bodenlos ohnmächtig werden lässt, ist sein Problem – ebenso wie unseres.

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 Ich habe also versucht, die Ebenen miteinander zu verschmelzen. Wenn man genau liest, wird man feststellen, dass mein Buchteufel eben sehr viel "menschliches" hat. Und umgekehrt. Und dass er sich im Grunde danach sehnt, wieder nach Hause in den Himmel zu dürfen und dort in Gottes vergebender Liebe zu baden.

 Ist der Teufel nichts anderes als mein innerer Schweinehund mit dem ich täglich aufs Neue auskommen und immer wieder kämpfen muss?

Nein, ich glaube, er ist mehr als das. Vielleicht wäre passender zu sagen, dass der Teufel der ist, der unseren inneren Schweinehund täglich neu zu inspirieren versucht.

 Woher nimmt der Sänger und Überlebenskünstler Jens Böttcher täglich die Kraft, gegen den Teufel zu gewinnen – oder zumindest einen "Waffenstillstand" mit ihm auszuhandeln?

 Das ist eine Frage, auf die es keine leichte Antwort gibt. Gewinne ich täglich? Waffenstillstand? Ich weiß es nicht. Es fühlt sich nicht immer so an, zumal ich mir meiner Unperfektheit sehr bewusst bin. Das, was ich dem Teufel entgegenzusetzen habe, ist aber auf jeden Fall das Bewusstsein, von Gott bedingungslos geliebt zu sein. Auf diese Liebe reagiert der Teufel meiner Erfahrung nach nämlich extrem allergisch.

 Kannst Du Dir eine Welt ohne Teufel vorstellen oder ist es gar so, dass wir ihn brauchen?

 Da verweise ich doch gern mal auf das Buch (lacht). Der Teufel erklärt es dort ja recht ausführlich. Ich persönlich glaube, dass diese Welt ohne den Teufel nicht vorstellbar ist. Der Himmel allerdings, der Ort an den wir weiterreisen, der ist es durchaus. Wo die Liebe alles ist, kann diese dunkle Energie, die der Teufel ist, wahrscheinlich nicht atmen. Und ja, vielleicht brauchen wir ihn auf eine bestimmte Weise hier unten: Wie sollte man je das Licht erkennen, wenn man nicht zuvor auch das Prinzip Dunkelheit kennengelernt hat?

 Wenn jemand den Inhalt deines Buches auf eine Theaterbühne bringen würde, für welche Rolle würdest Du Dich bewerben? Und warum gerade für diese?

  Oh, gute Frage, das ist schwer zu sagen. Das Wunderbare beim Schreiben eines solchen Stoffes ist ja, dass man als Autor quasi davon lebt, allen Protagonisten gewisse Anteile von sich selbst zu geben – gerade dann, wenn man wie ich versucht, die fließende Verbindung zwischen dem Menschlichen, dem Göttlichen und dem Teuflischen zu beschreiben.

 Also eigentlich kann ich das nicht wirklich beantworten. Vielleicht würde ich am ehesten den Journalisten Kolbach wählen. Aber vielleicht auch den Teufel. Er ist eine überaus interessante und durchaus auch sehr tragische Persönlichkeit und repräsentiert in meinem Buch ja auch ein Stück weit das verstockte und stolze Herz, das wir alle in uns tragen – auch wenn viele von uns nicht müde werden, so zu tun, als wäre eben das nicht die Wahrheit.

Also ich würde Dir sofort die Rolle des Teufels anbieten.

 (lacht) Na, ich hoffe mal, das ist in diesem Fall als Kompliment gedacht…

…aber natürlich!

Die Fragen stellte Christian Döring.

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