Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, hat die Einführung eines Schulfachs Medienpädagogik gefordert.
«Der Medienkonsum von Jugendlichen scheint völlig außer Kontrolle geraten zu sein», sagte die ehemalige Bischöfin von Hannover am Montag zum Auftakt der Mainzer Tage der Fernsehkritik. Deutsche Jugendliche würden durchschnittlich vor ihrem 14. Geburtstag etwa 18.000 Tote und Sterbende im Fernsehen sehen.
Angesichts dieser Zahlen sei es umso merkwürdiger, dass viele Erwachsene es nicht für zumutbar hielten, Kinder zu einer Beerdigung mitzunehmen, kritisierte Käßmann. Eltern rief sie dazu auf, sich über die Mediennutzung ihrer Kinder Gedanken zu machen. Dies gelte insbesondere für nicht kindgerechte Spätprogramme: «Der Jugendschutz wird ausgehebelt, wenn Eltern sich nicht um das Abschalten kümmern.»
Fernsehen und Internet dürften nicht zum Ersatz für zwischenmenschliche Beziehungen werden, forderte die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende, die derzeit eine Gastprofessur an der Ruhr-Universität Bochum übernommen hat. Der übermäßige Fernseh- und Medienkonsum sei ein Beleg dafür, dass viele Menschen im Land «seelisch entwurzelt» seien. Zu viele Deutsche verbrächten täglich Stunden vor dem Bildschirm und würden andererseits ihre Nachbarn nicht kennen. Um sich wirklich auszuweinen, brauche ein Mensch eine echte, und keine virtuelle Schulter.
Bei den Mainzer Tagen der Fernsehkritik diskutieren am Montag und Dienstag Fernsehverantwortliche, Journalisten und Wissenschaftler im ZDF-Sendezentrum über die Zukunft ihrer Branche. In diesem Jahr steht die Veranstaltung unter dem Motto «Wissen, was zählt – Wenn Fernsehen und Internet verschmelzen.»
(Quelle: epd)
