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Breitester Pastor Deutschlands: „Ich hab‘ keinen Bock, in eine Rolle gezwängt zu werden“

Marcus Schneider ist stark, breit, tätowiert und Pastor, der „Breiteste Pastor Deutschlands“. Auf Facebook folgen ihm über 23.000 Fans. Hier postet der Seelsorger aus der Christusgemeinde Wuppertal unter dem Motto „Werde mutig und stark“. Wir haben mit ihm über seine Liebe zur Fitness gesprochen – und die zu Jesus.

Jesus.de: Muskeln, Tattoos, Predigt: Willst du dich bewusst vom Klischee-Bild eines Pastors absetzen?

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Marcus Schneider: Natürlich ist ein bestimmtes Pastoren-Bild in den Köpfen vorhanden, besonders innerhalb der katholischen Kirche. Tattoos, Glatze und Muskeln passen da nicht rein. Viele sagen als Pastor musst du Krawatte und Anzug tragen. Ich habe auch gern einen Anzug an, allerdings einen Jogging-Anzug. [lacht] In unserer Gemeinde hier ist es einem selbst überlassen, wie man rumläuft. Ich habe schon mal in Tarnhose gepredigt, in einem Jugendgottesdienst sogar ‚oben ohne‘. Das war eine Teenie-Männer-Freizeit. Allerdings hatte ich nicht die Initiative dazu ergriffen, sondern es war eine spontane Aktion. Die Lobpreisband hatte auch keine T-Shirts mehr an.

Das Aussehen ist deiner Meinung nach also nicht wichtig?

Leider ist die Kirche noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Wenn man anhand der Optik einen Christen oder einen Pastor erkennen soll, dann finde ich das schon merkwürdig. Als sei man ein Alien. Wir sind doch keine Aliens, wir sind normale Menschen. In erster Linie bin ich ein Kind Gottes und nicht Pastor. Pastor-Sein ist nur meine Berufung. Ich will keine Show machen, ich bin wie ich bin. Ich möchte ganz authentisch über meine Leidenschaft und meine Begeisterung reden: für Sport, für Tätowierungen. Meine Optik oder mein Style sind nur zufällig nicht so Pastoren-konform. Es gibt nicht „das“ Aussehen für Pastoren. Damit rede ich gar nicht darüber, was mich von anderen Leuten unterscheidet, denn das halte ich für keinen guten Ansatz. Wir Menschen reden viel zu sehr darüber, was uns trennt.

„Ich hab’ auch gern einen Anzug an, allerdings einen Jogging-Anzug“

Aber auch bei Euch in der Gemeinde bist du doch der Paradiesvogel, oder?

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Die Leute denken das immer. Sie kommen zu mir und sagen „Du bist bestimmt der krasse Typ, der alle anzieht“. Aber ich bin hier nicht der ‚Freak‘. Hier sind alle so krass. Ich bin einer von vielen, und die sind alle gut drauf. Es sind alles total coole Leute. Wir haben ein sehr großes Leitungsteam, zum Beispiel auch eine Pastorin für Kleingruppen. Bei uns sind auch Frauen als Pastoren tätig. Das finde ich sehr gut – ganz wichtig, weil es um die Begabung geht und nicht um das Geschlecht.

Stört es dich, von den Medien immer wieder auf deine Optik reduziert zu werden?

Wenn ich keinen Bock habe, muss ich ja kein Interview geben [lacht]. Mir geht es darum, dass Menschen neu über Kirche nachdenken. Und ich werde auch nicht nur auf meine Optik reduziert. Ich werde gefragt: „Warum gehen Jugendliche bei euch auf einmal wieder in die Kirche?“ Oder: „Was macht den Glauben wieder aktuell?“ Und warum ich anscheinend Gehör finde. Das ist sehr spannend, finde ich. Ich rede gern über meinen Glauben. Aber ich habe keinen Bock in eine Rolle gezwängt zu werden.

Foto: privat

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Wie reagieren Jugendliche auf dich?

Auf Events wollen die meistens ein Selfie machen, das ist so die ‚Autogrammkarte‘. Oder sie möchten ein paar Tipps fürs Pumpen, so nach dem Motto: „Wie viel drückst du auf der Bank?“ Die krassen Seelsorge-Gespräche habe ich nach Veranstaltungen nicht, da ist der Andrang zu groß. Eher melden sie sich anschließend persönlich. Erst vor kurzem schrieb mir jemand über Instagram, welche psychischen Kämpfe er hat. Er möchte glauben, kann aber irgendwie nicht. Dann versuche ich ihm ein paar Worte zu sagen, ihn zu ermutigen und andere Leute mit ins Boot zu holen, weil ich das allein und online nicht leisten kann. Diese Menschen brauchen Leute vor Ort, ein Facebook-Freund reicht nicht aus. Und sie brauchen starke Ortsgemeinden, die sich um solche Menschen kümmern. Das sind die beiden Punkte: Schnell mal einen Fitnesstipp plus Selfie einerseits. Und fernab dieser Events, ihre Kämpfe andererseits.

„Ich bin ein ganz normaler Typ, der am Kämpfen ist, der aber begeistert ist von Jesus und der alles gibt, damit andere Menschen das auch erleben“

Was willst du ihnen mitgeben?

Ich bin nicht besser als sie, bin nicht toller, kein Superstar. Ich bin ein ganz normaler Typ, der am Kämpfen ist, der aber begeistert ist von Jesus und der alles gibt, damit andere Menschen das auch erleben. Daher versuche ich sie zu motivieren. Dazu mache ich diese 1,5-Minuten-Videos, um da Vollgas zu geben: Lass dir Hoffnung geben für dein Leben von Jesus. Also gar nicht tiefgehend, sondern ganz einfach. Manche Leute reagieren regelrecht empört, weil ich das so simpel darstelle und nicht theologisch feinsinnig argumentiere. Sie wollen von mir hören, wie man kann als Christ tätowiert sein kann. Aber das ist nicht mein Thema. Ich möchte die Hoffnung weitergeben.

Angenommen, du könntest aufgrund einer gesundheitlichen Einschränkung oder Krankheit nicht mehr trainieren, würdest deine Muskeln verlieren. „Normal“ aussehen …

Dann heule ich erstmal rum, klar. Aber es wäre halt so. Das Leben geht weiter. Das Wichtigste ist für mich Jesus, mein Glaube und meine Familie. Und genau das möchte ich den Jugendlichen weitergeben: Was ist das Fundament in deinem Leben? Die Optik ist es nicht, Pumpen ist es nicht. Denn wenn das dann wegfällt, dann bricht dein Leben zusammen. Genauso wenig darf es Erfolg sein oder Anerkennung, auch wenn wir das täglich in den Medien vorgegaukelt bekommen. Es gibt auch viele Atheisten, die mir schreiben: „Hey, ich möchte mehr über den Glauben wissen. Wie glaubst du, warum glaubst du?“ Und das ist halt richtig cool, wo ich merke, das ist meine Zielgruppe und das wünsche ich mir auch, dass Leute, die überhaupt nicht über Gott nachdenken, damit anfangen über Gott und die Kirche nachzudenken. [Pause] Und nebenbei bemerkt: Es gibt immer eine Möglichkeit Gas zu geben. Ich würde ich immer Sport machen, auch im Rollstuhl.

Wie würdest du das Körperbild der Bibel beschreiben?

Wie in allen Dingen soll man keinen Raubbau betreiben, gesund, ausgewogen und ganzheitlich arbeiten in allen Dingen mit meinem Herzen mit meiner Seele, in Beziehungen, mit allem was ich tue und konsumiere, mir reinziehe, aber auch, dass ich mit meinem Körper gesund umgehe, das ist ja auch eine Botschaft, die ich habe, deswegen mache ich viel Sport. Es heißt ja: Liebe Gott von ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst und sich selbst zu lieben, das ist die große Herausforderung. Das ist leicht gesagt, denn wer liebt sich wirklich selber und hat ein Ja zu sich selber? Zu seinem Körper zu seinen Unperfektionen, zu seinem egoistischen Wesen? Da ganz gesund ein Ja für sich zu finden ist ganz wichtig. Als Pastor kriege ich manchmal die gleiche Reaktion wie ein Zahnarzt: „Oh, da müsste ich auch mal wieder hingehen“, zur Kirche in diesem Fall. Ich als Fitnesspastor höre von meinen Pastorenkollegen „Oh, ich müsste auch mal wieder ins Fitnessstudio gehen“. Man spürt das schlechte Gewissen.

Foto: MICHAEL MIKLAS PHOTOGRAPHY

Dein Motto lautet „Glauben, Muskeln, Tattoos! Werde mutig und stark“. Was heißt es für dich, im Glauben „stark“ und „mutig“ zu sein?

Ich glaube, dass Gott für jeden Menschen einen Plan hat. Eine Berufung. Unabhängig davon, ob du jetzt Pastor bist oder nicht. Einen Plan voller Bedeutung. Mutig zu sein, das bedeutet für mich, nach Gott zu fragen, ihn zu entdecken und das umzusetzen, was er für mich plant. So dass ich am Ende meines Lebens sagen kann: „Ich hab’s gepackt!“ Ich bin die Projekte, die Gott mir aufs Herz gelegt hat, angegangen – so wie wir hier in der Gemeinde ein Fitnessjugendzentrum, das wir gründen wollen. Es geht darum, dass wir ein Zeugnis für Jesus sind. Gib das Gute weiter, durch Taten und durch Worte. Nicht in einer irgendwie abgehobenen, theologischen Dimension, sondern im Hier und Jetzt: bei deinen Nachbarn, deinen Freunden, in deiner Familie. Das durchzuziehen, nicht nur einmal, sondern lebenslang, dazu gehören Mut und Kraft. Mutig sein bedeutet nicht, keine Angst zu haben. Jeder hat mal Bammel. Es bedeutet, trotz der Angst das Richtige zu tun, das du im Herzen trägst. Ich mache immer was Neues, immer wieder neue Projekte. Oft fühle ich mich dabei überfordert. Aber ich möchte darauf hören, was Gott von mir erwartet. Und seinen Willen tun.

Was fasziniert dich an Jesus?

Die Botschaft von Jesus Christus ist das Beste, was du im Leben haben kannst und es ist keine Sache wofür wir uns verstecken müssen. Alter, das ist das Geilste ever … Und da sollten wir ausrasten wie beim Fußball und uns nicht zurückhalten.

Auf Facebook lässt du als Pumper-Jochen deine Community darüber abstimmen, worüber du zukünftig berichten sollst: Glaube, Tattoo, Training, Essen … Was würdest du tun, wenn deine Follower nicht mehr nach dem Glauben fragen würden?

Also zunächst mal liebe ich den Fitness-Sport. Ich bin nicht nur ein Pastor, der ab und zu mal ‚pumpt‘. Ich bin der ‚Pumper-Jochen‘, ich gehöre dazu. Aber ich nutze das Thema Fitness oder auch die Tattoos als Brücke, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Deshalb mache ich ganz bewusst mal was über Ernährung. Oder ich lade ein Video hoch, wie ich tätowiert werde. Christen sagen ja oft, es ginge nur um die inneren Werte, aber wenn dir keiner zuhörst, dann brauchst du auch nicht zu reden. Ich dränge mich nicht auf, sondern die Leute kommen zu mir und fragen „Hey, wie siehst du das mit dem Glauben?“ Sie fragen mich aber nur, weil ich ganz bewusst diese anderen Bereiche mit reinbringe, sonst hätte das nicht geklappt.

Wie kam es eigentlich zu dieser Bezeichnung „breitester Pastor Deutschlands“?

Gestartet bin ich auf Facebook einfach als „Pastor Marcus“. Doch ein Freund von mir meinte, ich bräuchte einen Prollo-Namen. ‚Der liebe Pastor‘ oder ‚Pastor Marcus‘ würde keine Sau interessieren – höchstens Christen. Dieser Freund war selbst der erste Fitness-Youtuber in Deutschland und ist Christ. Er hat mir vor zweieinhalb Jahren die Bezeichnung „breitester Pastor“ verpasst und das Projekt über seine Webseiten gepusht. Er hat so eine halbe Million Likes bei Facebook und hunderttausend Abos bei Youtube.

Und dann ging das Projekt durch die Decke …

Das hofft man schon [lacht], aber man rechnet nicht damit. Ich wünsche mir, dass es unter Christen mehr coole Leute gibt, die die Jugendkultur prägen, die viele Teenies erreichen. Oft hinken wir Christen da so weit hinterher. Wir sollten die Sozialen Medien nutzen, um Jesus groß zu machen. Und zwar mit Vollgas!

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Die Fragen stellte Laura Schönwies

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