Katholische Frauen haben eine Woche lang ihre ehrenamtliche Arbeit niedergelegt und keine Kirche mehr betreten. Nun soll der Protest weitergehen. Die Aktion „Maria 2.0“ bekommt viel Lob, aber auch Kritik.
Der Kirchenprotest der katholischen Fraueninitiative „Maria 2.0“ soll weitergehen. So ist für den 6. Juli eine große Kundgebung auf dem Prinzipalmarkt in Münster geplant, wie die Vorstandsvorsitzende des Diözesanleitungsteams der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) im Bistum Münster, Judith Everding, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Wochenende sagte. Dann wolle man lautstark für mehr Gleichberechtigung in der katholischen Kirche werben.
Eine Woche lang hatten Frauen in vielen deutschen Bistümern ihre ehrenamtliche Tätigkeit in Einrichtungen der katholischen Kirche eingestellt und keine Kirche mehr betreten. Betroffen waren unter anderem die Kommunionsvorbereitung oder die Flüchtlingsarbeit. Auch Gemeindebibliotheken oder Kleiderkammern mussten geschlossen bleiben. Mit einem Wortgottesdienst vor der Heilig-Kreuz-Kirche in Münster endete am Samstagabend die erste Protestaktionswoche von „Maria 2.0“.
Frauen aus der Mitte
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer unterstützt den Kirchenprotest von „Maria 2.0“. Diese Aktion sei „ein öffentlicher Aufschrei: So kann es nicht weitergehen“, sagte Dreyer in einem Interview der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag). Diejenigen, die „Maria 2.0“ gestartet hätten, „sind keine radikalen Frauen am Rande, sondern sie kommen aus der Mitte der Gemeinden“. Dreyer gehört dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) an.
Sie sei überzeugt, „dass die gleiche Teilhabe von Frauen an Diensten und Ämtern mit darüber entscheiden wird, ob die katholische Kirche auch in Zukunft Menschen für das Evangelium gewinnen kann“, fügte Dreyer hinzu. Sie erlebe, „dass die Argumente, die die Frauen ausschließen, niemanden mehr überzeugen. Hier muss sich die Kirche bewegen“.
Käßmann: „Tradition muss verändert werden“
Die evangelische Theologin Margot Käßmann erklärte in der „Bild am Sonntag“ ihre Sympathie für die katholische Aktion: „Ich kann nicht anders, als mich daran zu freuen. Respekt, Schwestern! Und: Das wurde auch Zeit“. Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) betonte, die evangelische Kirche habe viele Jahre diskutiert, ob Frauen Pfarrerinnen werden könnten. Am Ende sei klar gewesen: Es gebe keine theologischen Gründe, die dagegen sprächen, allenfalls die Tradition.
Käßmann: „Tradition ist gut, wenn sie Menschen beheimatet. Aber sie muss verändert werden, wenn sie Menschen ausgrenzt! Es wird Zeit, dass Frauen endlich öffentlich die Kirchen repräsentieren, aber auch die anderen Religionsgemeinschaften, das Judentum, den Islam. Wenn uns angeblich die Hälfte des Himmels gehört, können wir das ja hier auf Erden schon mal einüben.“
Die katholische Laienbewegung „Wir sind Kirche“ bezeichnete den Protest von „Maria 2.0“ als „Weckruf“. Die Organisation dankte den Initiatorinnen der Münsteraner Gemeinde Heilig Kreuz für ihre neue Aktionsform des Streiks „als vorletztes Mittel vor dem Kirchenaustritt, um endlich Bewegung in die Frauenfrage zu bringen“. Die bisherigen theologischen Argumentationen, Gebete, Aufrufe und Mahnwachen hätten zwar einen „Bewusstseinswandel im Kirchenvolk, aber immer noch keine wesentlichen Änderungen in der Struktur der römisch-katholischen Kirche gebracht“. Diese schließe „in unbiblischer Weise immer noch Frauen von allen Weiheämtern aus“.
Resonanz auch im Ausland
Mit-Initiatorin Everding sagte, auch wenn die Aktionen der Fraueninitiative vermutlich nicht überall Zustimmung gefunden hätten, so habe man mit den Protesten doch ein wichtiges Zeichen gesetzt und dafür gesorgt, dass die Frauen in der katholischen Kirche ihre Stimme einbringen konnten und „diskussionsfähiger“ wurden. Zudem sei sie positiv überrascht von der großen Resonanz, die die Aktionen in ganz Deutschland und auch im Ausland gefunden hätten.
Wie hoch die Beteiligung in den Bistümern ausfiel, könne derzeit noch nicht gesagt werden. Dazu sollen in den kommenden Tagen noch Auswertungen folgen.
Die deutschen Bistümer hatten sehr unterschiedlich auf die Proteste von „Maria 2.0“ reagiert. Viele zeigten sich zurückhaltend oder gar ablehnend, einige wenige begrüßten den Kirchenstreik ausdrücklich. Das ergab eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) von Mitte Mai unter den 27 deutschen Diözesen, die zur Deutschen Bischofskonferenz gehören.