„Nein“ zur Judenmission: Lob und Kritik für EKD-Beschluss

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Die EKD-Synode hat sich in ihrer „Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes“ einstimmig gegen die „Judenmission“ ausgesprochen. Die Reaktionen darauf sehen sowohl einen positiven „Meilenstein“ im gegenseitigen Verständnis, aber auch Ungenauigkeiten und offene Fragen.

Pfarrer Steffen Kern (Foto: proChrist), Vorsitzender des Altpietistischen Gemeinschaftsverbandes („die Apis“) und selbst Mitglied der EKD-Synode, schreibt in einem Gastkommentar für das „Christliche Medienmagazin Pro“, die Erklärung bekräftige gleichermaßen die dauerhafte Erwählung des Volkes Israel durch Gott aber auch das Glaubenszeugnis von Christen gegenüber Juden. Aus Israels Erwählung ergebe sich jedoch, dass Christen, „ungeachtet ihrer Sendung in die Welt, nicht berufen seien, „Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen.“ Kern weiter: „Diese Aussage ist nur in diesem Zusammenhang biblisch richtig, denn der Weg Gottes ist ja von Anfang an ein Weg mit Israel. Falsch würde sie, wenn man sie als Infragestellung des Christuszeugnisses gegenüber Israel lesen würde.“

Kritisch bewertet Kern den Umgang einiger Synodaler mit den messianischen Juden. Diese seien in der Aussprache über die Erklärung zur Judenmission teilweise als „Problem“ beschrieben worden. „So, als dürfe es sie nicht geben“, kritisierte Kern. „Grundsätzlich haben wir sie als Schwestern und Brüder zu achten und zu respektieren.“

Kritik vom „Evangeliumsdienst für Israel“

Der „Evangeliumsdienst für Israel“ (EDI) begrüßt in seiner Stellungnahme ausdrücklich, dass sich die EKD-Synode mit dem Thema Judenmission auseinandergesetzt hat. Konversionen seien jedoch längst nicht mehr Realität. Niemand habe heute mehr die Absicht, Juden zu einem Religionswechsel zu bewegen. „Denn wenn Juden zum Glauben an Jesus Christus finden, vertiefen sie oder kehren sie zum Glauben ihrer Väter zurück und wechseln keine Religion“, heißt es in der Stellungnahme des EDI.

Kritisch sieht es der Evangeliumsdienst vor allem, dass die messianischen Juden in der Erklärung nicht erwähnt werden. Da gebe es noch Klärungsbedarf. Insofern könne die EKD-Erklärung „kein abschließendes Wort sein.“ Armin Bachor, Theologischer Leiter des Evangeliumsdienstes, schreibt auf seiner Facebookseite: „Es scheint so, als sei das EKD-Papier lediglich ein weiterer Beitrag auf dem Weg zu einem umfassenderen Verständnis der unterschiedlichen Positionen? Ich hoffe, das wird auch so von allen Beteiligten verstanden.“

Was bedeutet „Mission“?

Die Theologin Dorothea Wendeborg von der Berliner Humboldt-Universität hatte sich schon im Vorfeld der Synode gegenüber der „WELT“ kritisch hinsichtlich der verwendeten Begrifflichkeiten geäußert. Das beginne laut Wendeborg mit dem Begriff „Mission“, die bei Juden abgelehnt und durchs „behutsames Bezeugen“ ersetzt werden soll. „Wenn aber dieses behutsame Bezeugen keine Mission sein soll – was wäre dann Mission?“, fragt die Theologin. „Ein Bedrängen und Unter-Druck-Setzen? Dann dürfte es überhaupt keine Mission geben, gegenüber niemandem.“ Daher müsse die EKD, bevor sie sich gegen die „Judenmission“ wende, erst einmal ihren Begriff von Mission klären. Gleiches gelte für den „Messias“-Begriff.

Einen „realen Anlass“ für die EKD-Erklärung, so Wendeborg, sehe sie ohnehin nicht. Es gehe wohl eher um das innerkirchliche Bedürfnis, „Differenzen gegenüber den Juden zu beseitigen und den erlahmten christlich-jüdischen Dialog durch neue Versöhnungssignale zu stärken.“

Der Kirchengeschichtler Christoph Markschies bezeichnete den Beschluss im Deutschlandfunk als praktische Anweisung für die Evangelischen Gemeinden in Deutschland: „Mit diesem Synodalbeschluss verändert sich, dass wir alle einen gemeinsamen Text haben, auf dessen Sprache wir uns beziehen können. Dass alle noch einmal genau wissen: Der Bund, den Gott mit dem Volk Israel geschlossen hat, besteht.“

Bleibt abzuwarten, ob die Erklärung der EKD in den Gemeinden überhaupt zur Kenntnis genommen wird. In Magdeburg hatte sich die Synode mit einer Studie zur „politischen Kultur“ in Kirchengemeinden beschäftigt. Im Fazit der Studie heißt es über die Meinungsbildung der Gemeindeglieder: „Auffällig ist jedoch, dass Informationen der EKD und Diskussionen auf der Ebene der EKD in diesem Zusammenhang praktisch keine Rolle spielen.“