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Naher Osten: Tee und Rat im Bibelladen

In muslimisch geprägten Ländern gibt es oft wenig Möglichkeiten, um öffentlich den christlichen Glauben zu teilen. Umso größer der Segen, den ein Bibelladen durch seine offenen Türen bewirken kann.

Kein Tag im Bibelladen ist wie der andere. Er liegt in einer Einkaufsstraße in einer Großstadt im Nahen Osten, die sich vor allem abends stark belebt. Bis Mitternacht herrscht reges Treiben: Händler stehen vor ihren Läden, bieten ihre Waren feil und werben um Kunden. Aus den Restaurants ziehen verführerische Gerüche, eine Mischung aus Minze und orientalischen Gewürzen. Menschen stehen auf der Straße und unterhalten sich. Und mittendrin: das Schaufenster des Bibelladens der Bibelgesellschaft. Die Mitarbeiter – eine Vollzeitkraft, eine Teilzeitkraft und ein Ruheständler – dekorieren es jeden Monat um. Im Zentrum liegt stets eine Bibel im Großdruck; regelmäßig wird eine andere Seite aufgeschlagen. Viele Passanten bleiben interessiert vor dem Laden stehen. Und täglich wagen sich um die Fünfzig von ihnen hinein. „Der Laden ist die offene Tür einer kleinen christlichen Minderheit für eine überwiegend nichtchristliche Gesellschaft“, meint Alia, die Leiterin der Bibelgesellschaft (alle Namen in diesem Artikel sind geändert; siehe Kasten auf Seite 35). „Es ist ein Ort, um gute Beziehungen zu Menschen ganz verschiedenen Hintergrunds zu pflegen. Ein Ort, an dem wir unseren Glauben bezeugen und weitergeben können. Ein Ort, wo Vorurteile abgebaut werden, wo Menschen Wunder erleben, wo man spürt, dass der Heilige Geist wirkt. Wir sind Gott sehr dankbar für diese wertvolle Möglichkeit.“

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Doch warum interessieren sich Nicht-Christen in einem mehrheitlich muslimischen Land überhaupt für die Bibel?

Fenster in neuen Welten

Im Nahen Osten ist die Religion ein Teil der Identität. Sie gehört zum Menschen wie sein Name und man kann sie nicht einfach wechseln. Man teilt sie mit seiner Familie und einem Großteil der Gesellschaft. Deshalb bringt es oft bereits Schuldgefühle mit sich, die eigenen Glaubensüberzeugungen auch nur zu hinterfragen. Von klein auf verinnerlicht man außerdem bestimmte Vorurteile gegenüber dem Christentum: Christen haben drei Götter, die Bibel wurde verfälscht, es gibt vier Neue Testamente – und Ähnliches mehr.

Doch durch moderne Medien und weltweite Beziehungen kommen viele Menschen mit neuen Informationen und zum Teil auch Christen in Kontakt. Sie merken, dass das, was sie bisher über das Christentum glaubten, möglicherweise nicht der Wahrheit entspricht. Einige von ihnen werden neugierig und beginnen, in der Bibel zu lesen. Wenn sie dann Fragen haben, wenden sie sich nicht selten an den Bibelladen der Bibelgesellschaft. Darüber hinaus gibt es viele Menschen, die einfach Informationsbedarf haben. So betrat eines Tages eine junge verschleierte Muslima den Laden. Sie war Lehrerin an einer internationalen Schule und wollte sich für ihren Unterricht über die Zeugen Jehovas informieren. Die Mitarbeiter klärten sie über die Unterschiede auf. Äußerst interessiert nahm sie die für sie völlig neuen Informationen über das Christentum auf und verabschiedete sich am Ende dankbar. Ein junger Mann wiederum kam herein und wollte mehr über die Trinität wissen. Bei einer Tasse Tee unternahmen die Mitarbeiter eine Reise durch die Bibel mit ihm und er hatte einige Aha-Effekte. Am Ende meinte er: „Ich verstehe jetzt viel mehr und würde gerne mal einen Gottesdienst besuchen. Aber das wird vermutlich schwierig, da meine Eltern nicht damit einverstanden wären.“ Das Team des Bibelladens betet nach solchen Begegnungen für die Besucher.

Lektüreempfehlung: Bibel

Andere Nichtchristen interessieren sich aus eher intellektuellen Gründen für die Bibel. Interessanterweise wird deren Lektüre sogar von der islamischen theologischen Fakultät empfohlen, auch wenn immer wieder darauf hingewiesen wird, dass sie von Menschen verfälscht worden sei. Nicht selten besuchen daher Islam-Studenten den Bibelladen und wollen eine Bibel kaufen. Viele von ihnen stellen auch Fragen. Manche bleiben mehrere Stunden oder kommen nach dem Erstkontakt wieder, weil sie noch mehr wissen wollen. Alia: „Kürzlich kam ein Imam herein. Er kaufte unsere größte Bibelausgabe und sagte, er wolle sich näher mit ihr auseinandersetzen. Wir gaben ihm daraufhin auch Begleitbücher mit, damit er besser verstehen kann, was er liest. Wir sind gespannt, wie Gott wirken wird.“

Auch Studenten der Kunstgeschichte werden ermutigt, die Bibel zu lesen, denn die Epoche der Renaissance ist ohne Bibelkenntnis (speziell der Wunder und Gleichnisse von Jesus) nicht zu verstehen, ebenso wenig die byzantinische Kunst. Und Tourismus-Studenten interessieren sich für die biblischen Orte im Nahen Osten. „Wir bekommen häufig Nachfragen von Universitätsprofessoren und Studenten. Wenn möglich, versorgen wir sie dann kostenlos mit Bibeln, die sie im Unterricht einsetzen können.“

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens

Doch neben der rein intellektuellen Auseinandersetzung gibt es auch viele Muslime, die geistlich auf der Suche sind. Sie haben eine Sehnsucht in sich, die der Islam nicht stillen kann, und beginnen daher, andere Religionen zu studieren. Sie wollen wissen, was der Sinn des Lebens ist. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie nimmt die Zahl der Menschen zu, die mehr über das Christentum wissen wollen. Und nur zu gerne sind die Mitarbeiter für sie da und versuchen, ihre Fragen zu beantworten – häufig bei einer Tasse Tee. Vor einiger Zeit kam ein Jugendlicher, der anderthalb Stunden entfernt wohnte, in den Bibelladen, weil er ein Buch über Jesus suchte. „Wir gaben ihm ein Neues Testament und erklärten, wer Jesus ist“, meint Amir von der Bibelgesellschaft. „Zwei Frauen suchten Literatur über die letzten Tage. Wir hatten ein gutes Gespräch mit ihnen. Eine von ihnen erzählte, sie habe sich in einer Moschee niemals wohlgefühlt, aber jedes Mal, wenn sie eine Kirche betrete, fühle sie solch einen Frieden. Nicht immer bekommen wir mit, wie der Weg der Einzelnen, die uns besuchen, weitergeht, aber es passiert immer wieder, dass Menschen zum Teil nach Jahren wiederkommen und uns erzählen, dass sie mittlerweile Christen sind. Wir sind überzeugt: Jedes Gespräch lohnt sich und Gott geht den Menschen weiter nach.“ Manchmal kommen auch Leute herein, die die Bibel nur deshalb lesen wollen, um zu beweisen, dass sie nicht wahr ist, aber am Ende zum Glauben finden.

„Geh hinein und hol dir dein Geschenk!“

Auch Wunder geschehen. Eines Tages kam ein junger Mann in den Laden und fragte: „Wo ist mein Geschenk?“ Die Mitarbeiter waren verwirrt und wussten nicht recht, was er meinte. Sie boten ihm einige der kostenlosen Broschüren an. Während sie ihm eine Auswahl zusammenstellten, sah er sich im Laden um und sein Blick fiel auf ein Buch über Jesus. Er wollte mehr wissen und stellte viele Fragen. Als Alia ihm erklärte, wer Jesus ist, brach er in Tränen aus. Sie war hilflos und wusste nicht recht, was sie tun sollte. Nach zehn Minuten sagte er, dass ihn auf der Straße eine Stimme dazu aufgefordert hatte, in den Laden zu gehen und sein Geschenk abzuholen. „Jetzt weiß ich, warum ich hierher kommen sollte.“ Der junge Mann verließ den Laden – ohne die angebotenen Broschüren mitzunehmen. Alia: „Wir haben ihn an seine Geschenke erinnert. Doch er meinte, er habe sein Geschenk bereits bekommen.“ Es passiert immer wieder, dass Menschen von der Straße hereinkommen, ohne wirklich zu wissen, was sie angezogen hat. Häufig bleiben sie lange und führen tiefe Gespräche. Manche erzählen auch von Träumen, in denen ihnen ein Engel begegnet ist – im Laden stellen sie fest, dass es sich dabei um Jesus handelte.

Die Chancen nutzen

„In unserem Land ist es nur schlecht möglich, Menschen auf der Straße anzusprechen und Bibeln zu verteilen. Doch durch den Laden haben wir eine Anlaufstelle für alle, die sich in irgendeiner Form für das Christentum interessieren. Wir sind so dankbar für die vielen Möglichkeiten, die wir dadurch haben, um das Evangelium zu verkünden. Und natürlich arbeiten wir als Bibelgesellschaft auch eng mit den Kirchen zusammen und versorgen sie mit Bibeln. In letzter Zeit nutzen wir außerdem vermehrt digitale Möglichkeiten“, so Alia. Und Amir fügt hinzu: „Es ist wunderbar zu erleben, wie sich Einstellung und Herzen der Menschen verändern, während sie bei uns im Bibelladen sind. Manche von ihnen kommen später wieder und sagen, dass der Besuch sie gesegnet oder sogar ihr Leben verändert hat. Das freut mich unglaublich. Die Leute fühlen sich bei uns einfach wohl und erleben Frieden. Es ist für mich ein Vorrecht, sie daran erinnern zu dürfen, dass sie der Sohn oder die Tochter eines liebenden Vaters sind.“ Es ist 18 Uhr. Nach einem vollen Tag, vielen erfüllenden Begegnungen und einigen Tassen Tee schließt Amir den Laden für heute zu. Im beleuchteten Schaufenster liegt die riesige Bibel.


Diesen Artikel schrieb Silke Gabrisch zuerst für das Magazin Faszination Bibel. Faszination Bibel ist ein Produkt des SCM Bundes-Verlags, zu dem auch Jesus.de gehört. 

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