Mit Bildung Fundamentalismus vorbeugen: Nach Ansicht des EKD-Ratsvorsitzenden Bedford-Strohm kann ein bundesweiter Islamunterricht präventiv gegen die Radikalisierung junger Muslime wirken. Bislang gibt es das Lehrfach nur in sechs Bundesländern.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat einen flächendeckenden Islamunterricht an deutschen Schulen gefordert. „Junge muslimische Schüler müssen die Möglichkeit erhalten, sich kritisch mit der Tradition ihrer Religion auseinanderzusetzen“, sagte Bedford-Strohm der „Heilbronner Stimme“ (Freitagausgabe). Dadurch könnten junge Muslime auch vor einer möglichen Radikalisierung bewahrt werden. Nach Angaben der Kultusministerkonferenz (KMK) bieten bislang sechs Bundesländer Islamunterricht für alle Klassenstufen an.
Muslimische Schüler können der KMK zufolge in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz islamischen Religionsunterricht besuchen. Das Saarland bietet das Fach lediglich für die erste Klassenstufe an. Eigenständigen oder in ein anderes Schulfach integrierten Unterricht in Islamkunde gibt es zudem in Bayern und Nordrhein-Westfalen sowie in Berlin und Schleswig-Holstein.
Laut der Kultusministerkonferenz ist Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in Berlin, Brandenburg und Bremen kein ordentliches Lehrfach und untersteht daher auch keiner staatlichen Schulaufsicht. In Hamburg werde Religionsunterricht generell nicht nach Konfessionen unterteilt, sondern als „Religionsunterricht für alle“ angeboten. Bedingung für den Islamunterricht an deutschen Schulen sei, dass der Islam als Organisation die Voraussetzung einer Religionsgemeinschaft erfülle, erklärte ein KMK-Sprecher. Für die Einführung des Fachs und die Prüfung der Rahmenbedingungen seien die Bundesländer zuständig.
Nach Ansicht des EKD-Ratsvorsitzenden ist der Islamunterricht «die beste Möglichkeit, junge Muslime immun zu machen gegen die Versuchungen von Fundamentalisten». Bedford-Strohm sagte: „Sie können zugleich Neues über den Islam lernen – und das auf dem Boden des Grundgesetzes.“ Für alle Religionen in Deutschland gelte, dass sie mit dem Grundgesetz vereinbar sein müssten: „Toleranz, Glaubensfreiheit und Gewissensfreiheit müssen für alle Religionen gelten. Diese Regeln kann man am besten vermitteln, wenn man Religion als Teil des staatlichen Bildungsauftrags sieht.“ Für den Unterricht sollten entweder der Staat oder Vertreter der Religionsgemeinschaften zuständig sein.
Dafür müssten sich die muslimischen Gemeinschaften in Deutschland aber auch entsprechend organisieren: „Ich wünsche mir, dass die Muslime in Deutschland sich so aufstellen, dass es klare Ansprechpartner für den Staat gibt“, sagte der bayerische Landesbischof. Dann könnten die islamischen Verbände, wie die christlichen Kirchen auch, den Religionsunterricht an den Schulen selbst verantworten.
Es sei auch richtig, dass an öffentlichen Hochschulen vermehrt islamisch-theologische Fakultäten gegründet würden, betonte Bedford-Strohm. „So kann die islamische Tradition anhand von wissenschaftlichen Kriterien kritisch reflektiert werden.“
Ob die muslimischen Gemeinschaften auch eine Kirchensteuer einführen, müssten sie selbst entscheiden, sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Schließlich seien damit Anforderungen wie etwa der Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts verbunden. Auch ein Mitgliedschaftsregister müssten die Muslime führen. „Das erscheint für einige Gemeinschaften noch eine Hürde zu sein“, sagte der Landesbischof.