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Suizidprävention: Bundestagsabgeordnete fordern mehr Unterstützung

Abgeordnete aus Regierungsfraktionen und Opposition haben eine umfassende Stärkung der Suizidprävention gefordert. Unterstützt wird der Vorstoß von der Evangelischen Allianz Deutschland. 

Hintergrund ist die notwendige Gesetzesanpassung, die assistierten Suizid neu regeln soll. Im Februar 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, auch jene Freiheit umfasst, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und angebotene Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zahlreiche Abgeordnete des Deutschen Bundestages sprechen sich daher für die Stärkung von Präventionsangeboten aus. Sie fordern wirksame Maßnahmen, um Menschen in Notlagen oder mit Erkrankungen und damit verbundener Suizidgedanken besser zu unterstützen. 

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Der frühere Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sagte dazu dem Christlichen Medienmagazin PRO: „In dem Bemühen, durch vorbeugendes Handeln Selbsttötungen zu verhindern, wurde schon einiges erreicht. In der Zeit nach der Wiedervereinigung hatten wir zunächst jährlich rund 20.000 Selbsttötungen in unserem Land. Jetzt sind es unter 9.000 pro Jahr. Aber auch damit wollen wir uns nicht abfinden. Wir brauchen überall im Land umfassende Beratungs- und Hilfsangebote sowie geeignete Therapieplätze ohne lange Wartezeiten.“ Auch nach Ansicht von Volkmar Klein (CDU), einem Befürworter des Antrages, dürften Angebote für assistierten Suizid keinesfalls leichter zugänglich sein als psychotherapeutische und psychiatrische Hilfe und gute Pflege im Alter. 

Lars Castellucci (SPD), der im Bundestag einen fraktionsübergreifenden Antrag für eine Stärkung von Präventionsangeboten initiiert hat, erläuterte gegenüber PRO: „Ich möchte in einer Welt leben, in der alle Menschen ihren Platz haben und niemand sich überflüssig fühlt oder als Last empfindet. Oft wollen Menschen mit Suizidwünschen schlicht nicht so weiterleben, wie es sich für sie gerade darstellt. Hier muss es um Zuwendung, Beratung, Unterstützung gehen – alles Dinge, die in unserer hektischen Zeit zu kurz kommen.“

Evangelische Allianz unterstützt Aufruf

Uwe Heimowski, Beauftragter der Evangelischen Allianz Deutschland am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung, sagte dazu: „Der von Lars Castellucci (SPD) eingebrachte, überparteiliche Antrag zeigt konkrete Maßnahmen, um eine dringend notwendige Stärkung der Suizidprävention voranzubringen.“ Zudem sei das Engagement für körperlich und seelisch kranke Menschen seit Jahrhundert untrennbar mit der Geschichte der christlichen Kirchen verbunden: „Christen haben die ersten Hospize und Krankenhäuser gegründet. Es gehört zu unserer Verantwortung, uns für die Stärkung von Hospizen, palliativmedizinischer Betreuung und Krankenhausseelsorge zu engagieren“, so Heimowski. 

Ekkehard Vetter, Erster Vorsitzender der Evangelischen Allianz Deutschland, forderte christliche Gemeinden und Verbände auf, Gründe für Suizide und Suizidprävention zu thematisieren: „Es ist wichtig, dass sich Christen nicht nur für aktuelle politische Debatten interessieren, sondern Impulse wie das angestrebte Gesetzesvorhaben zur Suizidprävention in den Gemeinden auch praktisch umsetzen. Dazu gehören Themenabende mit geeigneten Experten und Initiativen, durch die Menschen ermutigt werden, sich in einer Lebenskrise an Vertrauenspersonen zu wenden.“ 

„Auswirkungen von Entscheidungen auf die seelische Gesundheit in den Fokus rücken“

 Nach Überzeugung von Petra Pau, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags und Abgeordnete der Fraktion Die Linke, gehe es darum, zu verhindern, dass „Menschen überhaupt in eine solch verzweifelte Lage geraten, dass ihnen nur der Suizid ein Ausweg zu sein scheint“. Politiker hätten daher „die Verantwortung, für eine gute medizinische Versorgung, für gute und bezahlbare Pflege für alle, für Mobilität und Kontaktmöglichkeiten Älterer zu sorgen“. Es sei darüber hinaus konkret notwendig, „Armut in unserem reichen Land“ zu verhindern. Auch das Verbot von Kontaktsperren für Pflegeheime in der Corona-Pandemie sind nach Ansicht von Petra Pau ein Beitrag zur Suizidprävention. „Mir ist wichtig, dass die Auswirkungen von politischen und behördlichen Entscheidungen auf die seelische Gesundheit stärker in den Fokus rücken.“

Auch der Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz (Grüne) unterstützt den Aufruf zur Stärkung von Suizidprävention. „Nach meinem Dafürhalten ist es besonders wichtig, Suizidgedanken durch Informations- und Aufklärungsarbeit zu enttabuisieren und zu entstigmatisieren. Wenn wir wollen, dass Betroffene sich trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, braucht es ein Klima der Zugewandheit und Fürsorge“, sagte von Notz gegenüber PRO. 

Der CDU-Abgeordnete Gröhe forderte gegenüber dem Magazin, „dass wir Lebensschutz und Achtung von Würde und Selbstbestimmung zusammen denken müssen. Ein freiheitlicher Staat darf nur in ganz besonderen Ausnahmefällen – etwa bei schweren seelischen Erkrankungen – Menschen mit Zwangsmaßnahmen vor sich selbst schützen. Denn Achtung vor dem Leben und vor der Selbstbestimmung gehören untrennbar zusammen.“


Falls ihr selbst in einer verzweifelten Situation seid, sprecht mit Freunden und Familie darüber. Hilfe bietet auch die Telefonseelsorge.Sie ist rund um die Uhr anonym und kostenlos erreichbar: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222. Auch die Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

1 Kommentar

  1. Ich bin überrascht und erfreut über diesen sinnvollen Ansatz. Ich hoffe, dem werden dann auch die entsprechenden Taten folgen.

    Bisher sah es ja eher danach aus, dass die Politik nach Wegen suchte, Bürgern das Recht auf Selbstbestimmung, wozu nach Ansicht des obersten Gerichts auch das Recht auf Suizid gehört, wieder so weit es geht zu nehmen.

    Hier ist aber endlich ein positiver Ansatz: Nicht Verbot und Beschränkung sondern Hilfe und Unterstützung.

    Bleibt zu hoffen, das derartiges Denken endlich auch in Bereiche wie beispielsweise Abtreibung ankommt.

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