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Wie kann Veränderung in Gemeinden gut gelingen?

Carey Nieuwhof ist Pastor, Blogger und erfolgreicher Podcaster aus Kanada. Beim Willow Creek Leitungskongress in Karlsruhe spricht er über das große Thema „Veränderung“. Er sagt: „Die Veränderung, die jetzt nicht geschieht, die werden wir später einmal bedauern.“

Von Daniel Wildraut

Nieuwhof beginnt seinen Vortrag sichtlich bewegt: „Ich finde es so motivierend, dass hier 7.000 Menschen sitzen, die sich Gedanken um die Zukunft der Kirche in Deutschland machen. Das ist großartig.“ Veränderung. Das ist Careys Thema heute in Karlsruhe. Dazu gibt der Gründer der „Connexus Church“ den Teilnehmenden einen sehr persönlichen Einblick in seine Geschichte als Pastor und Gemeindegründer. Die begann sehr unspektakulär in drei winzigen presbyterianischen Gemeinden nördlich von Toronto, die sich aus Geldmangel einen Pfarrer teilten. Die erste hatte sechs Gottesdienstbesucher („Da haben wir als dreiköpfige Familie für 50 Prozent Wachstum gesorgt.“), Nummer zwei 14 Personen und die dritte 23. „Das war unsere Megachurch“, erzählt Carey lachend.

„Es roch nach 1952“

Der Weg hin zur „Connexus Church“ war von großen Veränderungen geprägt. „Als wir dort als Familie ankamen, roch es nach 1952“, erinnert sich Carey schmunzelnd. Die Ältesten wurden auf Lebenszeit bestimmt, die Musik war altbacken, einen Kindergottesdienst gab es nicht. „Wir wollten junge Familien erreichen, also haben wir alles verändert.“

Irgendwann gab es zwei Gottesdienste. Dann reichte der Platz nicht mehr. „Schließlich sind wir in ein neues Gebäude umgezogen. Später noch einmal.“ 2007 gründete sich die Gemeinde außerhalb der ursprünglichen Denomination als „Connexus Church“ neu. Was ihn heute besonders bewegt: Es kommen immer noch Menschen aus den drei kleinen Ursprungsgemeinden zum Gottesdienst. „Einige von ihnen sind inzwischen 70 oder 80 Jahre alt“, erzählt Carey. „Das freut mich so sehr. Wer hätte damals gedacht, dass Gott so etwas bewirkt?“

Carey Nieuwhof (rechts) mit Übersetzer Gotthard Westhoff (Foto: Willow Creek Deutschland).

Im zweiten Teil seines Vortrags nennt Carey Nieuwhof fünf Prinzipien, die er bei Veränderungsprozessen für wichtig hält.

1 Schau genau hin – die Fakten

Es gibt in Gemeinden – wie beim Thema Smartphones – vier Typen von Menschen: die „Early Adopters“ (frühe Nutzer), „Early Majority“ (frühe Mehrheit), die „schweigende Mehrheit“ und die „Gegner“. Zahlenmäßig machen die Gegner nur zehn Prozent aus, manchmal weniger. „Aber sie sind die lautesten“, erklärt Carey. „Sie sind gegen Veränderungen in der Gemeinde. Und sie tun so, als sprächen sie für alle. Aber: Verwechselt nicht Lautstärke mit Größe. Schaut auf die Fakten. Es sind nur wenige.“

2 Wähle deinen Fokus weise aus

Wen willst du verlieren? Die Gegner oder die ‚Early Adopters‘? „Stell dir eine Gemeinde mit 100 Menschen vor. Ist es beängstigender, die 10 ‚Gegner‘ zu verlieren, oder der eigenen Berufung und dem Auftrag nicht gerecht zu werden? In unserer Stadt lebten damals 16.000 Menschen.“ Die wollte Carey erreichen. „Das war uns wichtiger als die kleine Zahl der Veränderungsgegner.“

3 Finde einen Filter

„Wie entscheide ich, wie mit Kritik umzugehen ist?“, fragt Carey. Er rät: „Prüfe, ob es eine biblische Grundlage für die Kritik gibt. Oder handelt es sich lediglich um persönliche Vorlieben – wie die Farbe der Tapete.“ Leitende müssten sich die Frage stellen: „Will ich mit diesen Menschen die Zukunft der Gemeinde bauen? Viele Kritiker haben eine Vision für die Vergangenheit, aber nicht für die Zukunft.“

4 Unterscheide zwischen der Kritik und dem Menschen

„Ich wurde einmal zwischen zwei Gottesdiensten in meinem Büro minutenlang von einem Kritiker angeschrien“, erinnert sich Carey. Dann musste er raus und predigen. Auch wenn es schwerfällt: „Ich muss Christi Ebenbild im anderen Menschen sehen. Das kann sehr schwierig sein.“ Trotzdem gelte: „Bete, sei empathisch, zeige Mitgefühl, versetz dich in die Lage deiner Kritiker – sprich möglichst persönlich mit ihnen, vielleicht bei einem Kaffee.“

Prinzipiell gelte: „Wende dich an Gott. Denn wenn du dich nicht an Gott wendest, wendest du dich gegen die Menschen.“

5 Gib nicht auf!

Rückblickend lässt sich oft feststellen: „Der Moment, an dem du am ehesten aufgeben möchtest, ist oft der Moment kurz vor dem Durchbruch“, erklärt Carey. Und so ruft er den Teilnehmenden in der Kongresshalle zu: „Gebt nicht auf.“ Noch eine persönliche Überzeugung gibt er allen mit auf den Weg: “Es steht viel auf dem Spiel.“ In den USA, Kanada und Europa. Es gehe um die kommenden Generationen. „Und die Veränderung, die nicht geschieht, die werden wir später einmal bedauern.“

Willow Creek Deutschland ist ein überkonfessionelles Netzwerk, das haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter ermöglichen will, ihre Berufung zu entdecken. Seit 1996 finden Kongresse in Deutschland statt – zuletzt 2022 in Leipzig.

Noch mehr Beiträge über den Leitungskongress 2024 findet ihr hier.


Transparenzhinweis: Das Jesus.de-Team unterstützte während des Leitungskongresses die Pressearbeit von Willow Creek Deutschland.

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2 Kommentare

  1. Mit Gottes Lob und Preis, dem Dank für seine Gaben, die er uns Menschen gibt
    weil er uns alle liebt,erbitt‘ ich seinen Segen für unser aller Leben!
    Als Christin lebe ich mit dem Vertrauen,
    im Gebet auf Gott zu schauen , er wird den Weg mir weisen, und ich lass‘ es mir genügen, er wird alles zu seiner Zeit fügen!

  2. Was man wirklich tun könnte

    Ich muss Christi Ebenbild im anderen Menschen sehen. Das kann sehr schwierig sein.“ Trotzdem gelte: „Bete, sei empathisch, zeige Mitgefühl, versetz dich in die Lage deiner Kritiker – sprich möglichst persönlich mit ihnen, vielleicht bei einem Kaffee.“ Das halte ich auch für einen sehr guten Ausgangspunkt bei mir persönlich, Veränderungen bei mir (und auch in meiner Gemeinde) zu ermöglichen. Allerdings bin ich immer leider nicht irrtumslos. Auch ich sehe Gott nur wie in einem dunklen Spiegel. Gott ist keine Sache und kein Wesen aus Fleisch und Blut. GOTT ist immer autonom. Seine Gedanken können nicht meine Gedanken und höher als all mein Denken. Daher kann mir vieles im Leben zum Geschenk werden.

    Natürlich muss man auch immer zwischen Kritik und Menschen entscheiden und nicht aufzugeben bei Überlegungen/Bemühungen, was und wie Kirche verändert werden soll. In Kirchen egal in welcher Form (landeskirchlich, katholisch und freikirchlich) ist nicht alles weder inhaltlich oder auf der Organisationsebene negativ und unbedingt reformbedürftig. Es ist gleichermaßen aber auch nicht alles gut. Soweit ich das richtig sehe, gibt es ganz viele evangelische Gemeinden, die ein gutes und lebendiges Gemeindeleben praktizieren. Aber dann gibt es auch jene, welche den Schlaf der Gerechtigkeit fleißig pflegen und der Wunsch wäre dann allerdings verständlich, sie würden nicht nur auf der Ebene von Routine und Pflichterfüllung funktionieren. Von Evangelikalen wird hier unter jesus.de allerdings häufig behauptet, dass die gesamte Ev. Kirche quasi (nach der Rasenmäher-Methoden-Ansicht) sehr ungläubig, nicht wirklich evangeliumsgemäß und (fast schon) abtrünnig sei. Dieses Narrativ ist daher eine Geschichte, das (so) überhaupt nicht stimmt. Auch wenn sie gemäß Einzelbedürfnis nicht (genug) evangelikal und/oder charismatisch (und/oder fundamentalistisch) ist. Ich selbst habe mir abgewöhnt, mich in engen Glaubens-Prägungs-Schubladen einzuordnen: Ich will und kann nur CHRIST sein. Aber auch die Sortierung in „traditionell““ und „liberal“ (oder so ähnlich) halte ich für sehr unangemessen. Die Heilige Schrift des Alten Testamentes und Neuen Testamentes besitzt einen sehr großen Reichtum in Breite und Tiefe und daher auch sehr viele Frömmigkeitsformen und -traditionen. So sehr diese auch begründbar sind, mangelt oft eher an der Gesamtsicht. Übrigens: Ungläubige Pfarrer, die es angeblich gibt, sind mir in meinem langen Leben noch nie begegnet, sie würden sich nicht jeden Sonntag zur Predigt vor die Gemeinde stellen. Damit sind aber nicht jene gemeint, die abweichend von meiner oder anderen theologischen Überzeugungen predigen. Wenn die richtige Theologie und auch die Bibel vom Himmel maßgeschneidert und genormt gefallen wäre, gäb es nicht so viele Kirchen und auch Konfessionen, sowie Menschen, mit dem was sie (durchaus auch unterschiedlich) für den richtigen Glauben halten. Richtig ist: Gott zu lieben, den Nächsten und auch sich nicht zu vergessen.

    Was muss geschehen: Nach Martin Luther ist Kirche und Glaubensgemeinschaft immer reformierfähig und reformierbar (oder sollte es sein). Dies ist immer die Rückbesinnung und Rückkehr an die Wurzeln von Glaube und Vertrauen in Gott, so wie Jesus Christus es lebte und predigte. Für mich bedeutet dies vorallem: Ich bin immer im Gespräch mit Gott und will auch versuchen (wie es jeder auch darf) jeden Tag aus der Vergebung zu leben. Superchristen gibt es nicht und Superheilige kennt die Bibel nirgendswo. Auf der Organisationsebene bedarf und bedürfen die (vorallem großen) Kirchen einer ständigen Reform an Haupt und Gliedern, weniger Bürokratie, mehr inhaltliche Arbeit und bei aller gebotenen Sparsamkeit keine Einsparungsmaßnahmen an den Berufschristen (wie Pfarrerinnen, Pfarrer, Priester und dergleichen): Ihre Kernkompotenz ist sehr wichtig. Auf der geistlichen Ebene sollte jede Form von Kirche neben ihrer bisherigen Komm-Struktur eine Geh-hin-Struktur aufbauen und die Arbeit von und Christinnen und Christen ist auch an den Hecken und Zäunen der Welt, wo die Menschen leben, arbeiten und ihre Freizeit verbringen. (Etwa Taufgottesdienste als großes Fest für alle an Flüssen oder Schwimmbädern, alternative Gottesdienste an öffentlichen Orten und anlassbezogen. Dazu könnten auch alte Tradtionen wiederzuentdecken, sehr inspirierend sein: Etwa Segnungs- und Salbungsgottesdienste). Wenn wir für diese Sache Jesu keine Werbung mehr machen, sind wir nicht mehr Salz der Erde und Licht der Welt – oder die Menschen nehmen von uns kein Licht und Salz wahr. Grundvoraussetzungen sind immer, sich vom Heiligen Geist inspirieren zu lassen. Und selbstverständlich ist das Reich Gottes bereits in uns, wie Jesus es sagte. Aber das gilt für jeden, der sich zum Freundeskreis Jesu zählt.

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