„Geht der Kirche der Glaube aus?“ – das ist Titel und Programm des Buches des Autors und promovierten Germanisten und Historikers Klaus-Rüdiger Mai.
Literatur, die den Kurs der Kirche kritisiert, polemisch niedermacht und an den Pranger stellt, erscheint immer wieder. Dass Kritik bisweilen wehtut und meist auch (zumindest) einen Funken Wahrheit enthält, ist auch nichts Neues. Der Autor beschreibt scharf, ohne überzogene Äußerungen, was er am laufenden Betrieb der Kirche in Deutschland bemängelt: Ist Glaube nur eine Gesinnung oder eine persönliche Überzeugung? Geht es dabei um Moral als Ersatz für Mission?
Heiße Themen, die Mai anspricht! Er sieht klare Tendenzen, dass sich die öffentliche Wahrnehmung von Kirche auf politische Äußerungen und die viel beschworenen „christlichen Werte“ beschränkten. Dass die Zukunft der Kirche politisch sei (wie es beispielsweise Ellen Ueberschär formuliert), hält er für einen fatalen Fehlschluss, der die Kirche noch dazu politisch stark rot-grün färbe. Kapitel für Kapitel arbeitet sich Mai an Kulturprotestantismus, Flüchtlingskrise und weiteren Hotspots ab. Besonders gefallen hat mir das 3. Kapitel („Braucht es Glauben?“), wo der Autor das Evangelium, die gute Nachricht des christlichen Glaubens mit Sünde, Kreuz und Auferstehung bezeugt und detailliert nachzeichnet. Das erlebt man in einschlägiger Kirchenkritik in dieser Ausformung eher selten!
Das Buch ist eine Streitschrift, wie es im Untertitel ja schon richtig heißt. Und es lohnt sich zu streiten, um den Kurs der Kirche – zumindest den Teil, den wir Menschen verantworten können! Das ist auch wichtig zum Verständnis des Buches: Spricht Mai von „Kirche“, so meint er in der Regel die Institution, die nicht eins zu eins mit der Gemeinde Jesus Christi kongruent ist. Mit dieser Perspektive formuliert er am Schluss zu recht: „In der Mission kann Kirche neu zum Glauben finden. Ihre Einstellung zur Mission wird über die Zukunft der [Institution] Kirche entscheiden.“
Von Andreas Schmierer
